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Das politische Risiko der Eurozone dominiert - IFO fällt stark!

25.05.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.41 Uhr) bei 1.2540, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2516 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 79.65. In der Folge notiert EUR-JPY bei 99.85, während EUR-CHF bei 1.2022 oszilliert.

Die Eurodefizitkrise bleibt das bestimmende und die Risikoaversion hoch haltende Thema an den Finanzmärkten. In der Folge ergibt sich jetzt auch ein erheblicher Stimmungsumschwung in der Realwirtschaft. Mit anderen Worten ist die Krise Katalysator potentieller konjunktureller Abkühlung. Sofern die Situation nicht in den nächsten Wochen entschärft wird (u.a. Griechenlandwahl), dürfen wir die aktuelle erhöhte Risikoaversion als Prelude einer dramatischen Zuspitzung an den Weltfinanzmärkten, im Weltfinanzsystem und in der Weltkonjunktur verstehen.

Im Rückblick ist es mehr als ernüchternd, dass das Griechenlandproblem in den letzten 30 Monaten diese Ausmaße annahm und erhebliche Ansteckungseffekte lieferte. Ein sensiblerer und weitblickender Umgang hätte hier sehr viel europäisches Leid ersparen können. Die aufgebaute negative Marktpsychologie gegenüber der Eurozone ist historisch einmalig, ebenso wie die "Shortpositionierung" gegen die Eurozone. Dabei sind die Fundamentaldaten der Eurozone bestechend im Vergleich zu USA, Japan und UK, ebenso wie die erzielten strukturellen Reformerfolge.

Eine derartige Leistungsbilanz bezüglich Heilung der strukturellen Haushaltsdefizite der Reformländer, Rückführung der Defizite in der Waren- und Dienstleistungsbilanz der Reformländer, Reduzierung der Neuverschuldung der Eurozone und Umsetzung des Fiskalpakts durch zögerliche Politik zu gefährden, ist mehr als verstörend.

Fraglos bietet die Eurozone keine homogene politische Zone wie USA, UK oder Japan. Aber erlaubt dieser Umstand der politischen Homogenität diesen Ländern dauerhaft das Recht, sich konsumtiv durch direkte Monetarisierung der Staatsschulden durch die Zentralbanken massiv zu verschulden und dabei von den Märkten gefeiert zu werden? Ist das nicht genau so absurd wie die "Cash-Burn Rate" am Neuen Markt oder die "Immobilien Burn Rate" aus den USA, die länger anhielt, als es gesund war. So wie damals kommt es auch aktuell zu einer strukturellen Fehlallokation des Produktionsfaktors Kapital. Die Anpassungen daraus werden langfristig schmerzhaft, ebenso wie die der "Cash-Burn Rate" und der "US-Immobilien Burn Rate".

Werden hier nicht einmal mehr "Defizittäter" belohnt, während die "Defizitreformer" (Neuverschuldung geringer und in der Tendenz durch Reformen investiv) bestraft werden! Sind wir intellektuell so behindert und haben so geringes Selbstbewusstsein, dass wir uns ein drittes Mal innerhalb von gut 10 Jahren von unseren Kollegen in London und NY das Fell über die Ohren ziehen lassen wollen?

Dabei sind wir faktisch mit den Mechanismen der EU ein potenter ökonomischer Raum. Da Ökonomie auch ein Teil der Politik ist, sind die politischen Ansätze der Homogenität in der Eurozone ausgeprägt und sie werden derzeit fortentwickelt in Richtung Fiskalunion. Etwas mehr Mut und Solidarität ausgehend von Deutschland wäre wünschenswert, um den Reformländern den Mut zu spenden, der bei diesen historisch einmaligen Reformen mehr als verdient wäre. Es gilt, zu verhindern, dass das Projekt Eurozone auf dem Altar der Spekulation der wirklichen "Defizittäter" geopfert wird.


Die Wirtschaftsdaten für die Eurozone waren gestern ernüchternd:

Der britische Anbieter Markit lieferte Einkaufsmanagerindices (PMIs), die für Deutschland einen ausgeprägten "Blues" darstellen. Okay, die Markit PMIs haben das erfreulich hohe deutsche Wachstum im ersten Quartal (+0,5%) überhaupt nicht abgegriffen. Ergo verdienen sich diese Indices eine gute Portion Skepsis.

Gut, die Einkaufsmanagerindices haben in Großbritannien die Rezession (-0,3%) nicht gespiegelt. Nun denn, das heisst dann wohl noch mehr Skepsis. Die hier aufgeworfenen Fragen sollten lange nachklingen …

Kommen wir zu den Zahlen, der deutsche PMI für „Manufacturing“ sank per Mai von 46,2 auf 45,0 Punkte und signalisiert damit im deutschen produzierenden Gewerbe tiefe Rezession. Wir können diese Bewertung aus den Gesprächen und Daten nicht nachvollziehen. Der Dienstleistungs PMI stellte sich auf 52,2 nach 52,2 Punkten.

Die Rezession in der Eurozone läuft laut Markit in den Sektoren "Manufacturing" mit aktuell 45 Punkten und Dienstleistung mit 46,5 Punkten voll weiter.

Auch der deutsche IFO-Index reagiert auf die politischen Risiken. Nachdem dieser Index sechs Monate in Folge zulegte, kam es per Mai zu einem deutlichen Einbruch von 109,9 auf 106,9 Zähler knapp über dem Ausgangniveau der Befestigung per Oktober 2011 bei 106,5 Punkten. Die Bewertung der aktuellen Lang sank von 117,5 auf 113,3 Indexpunkte, während der Index der Konjunkturerwartungen von 102,7 auf 100,9 abkühlte.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein nachhaltiges Überwinden des Widerstandsfelds bei 1.2820 - 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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