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Abverkauf an den Rohstoffmärkten

13.04.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Den zweiten Tag in Folge setzte gestern die steigende Risikoaversion den Finanzmärkten zu. Der Rohölmarkt konnte sich diesem allgemeinen Abwärtssog nicht entziehen. Brent-Öl verbilligt sich damit in Summe gegenüber Freitag um 6 USD je Barrel und notiert heute morgen bei 120 USD. Amerikanisches Leichtöl der Sorte WTI wird weiterhin mit einem Abschlag von 14 USD je Barrel gehandelt. Auch die Tatsache, dass alle drei großen Agenturen trotz der deutlichen Verteuerung von Rohöl in den letzten Wochen an ihren Einschätzungen für die Entwicklung der globalen Ölnachfrage festhalten, konnte der Abwärtstendenz wenig entgegensetzen.

In ihren gestern vorgelegten Monatsberichten gehen die amerikanische Energieagentur EIA, die Internationale Energieagentur IEA und die OPEC in eher ungewohnt großer Einigkeit von einem Nachfragewachstum von (knapp) 1,5 Mio. Barrel pro Tag im laufenden Jahr aus. Allerdings wies die IEA bereits darauf hin, dass ein Ölpreis dauerhaft über 100 USD je Barrel mittelfristig durchaus einen nachfragedämpfenden Effekt habe. Das sicherste Gegenmittel zu hohen Preisen seien unglücklicherweise die hohen Preise selber. Die heute zur Veröffentlichung anstehende Lagerbestandsstatistik der EIA dürfte bereits kritisch auf mögliche Anzeichen einer Verlangsamung der US Nachfrage geprüft werden.

Die jüngsten Daten des American Petroleum Institutes, die bereits gestern nach Handelsschluss veröffentlicht wurden, passten allerdings nicht ins Bild: Demnach waren die Vorräte an Benzin- und Mtteldestillaten in der Woche zum 8. April überraschend deutlich um 4,6 Mio. Barrel, respektive 3,7 Mio. Barrel gegenüber der Vorwoche gefallen. Immerhin hat dies die Abwärtstendenz bei den Ölpreisen vorläufig stoppen können.


Edelmetalle

Die Edelmetalle wurden gestern mit in den allgemeinen Abwärtssog der Rohstoffpreise gezogen und gaben allesamt nach. Selbst ein erneut sehr schwacher US-Dollar stellte keine Unterstützung dar. Während der Goldpreis in US-Dollar gerechnet in der Spitze 1,5% verlor, rutschte das gelbe Edelmetall ausgedrückt in Euro kurzzeitig unter die Marke von 1.000 EUR je Feinunze.

Silber fiel phasenweise unter die psychologisch wichtige Marke von 40 USD je Feinunze, konnte dieses Niveau jedoch im späten Handel wieder zurückerobern. Am stärksten unter Druck stand gestern Palladium, das knapp 2% verlor. Hier belasteten Meldungen des Verbands der chinesischen Automobilhersteller, wonach die Wachstumsrate der Fahrzeugverkäufe in China im ersten Quartal deutlich an Dynamik verloren hat. Diese sind in den ersten drei Monaten 2011 im Vergleich zum Vorjahr "nur" noch um 8,1% gestiegen. Im ersten Quartal 2010 wurde noch eine Steigerungsrate von über 70% verzeichnet.

Im letzten Jahr wurden allerdings Autokäufe durch die Abwrackprämie stimuliert. Daneben ist der starke Rückgang der Wachstumsraten u.a. auf deutlich höhere Benzinpreise zurückzuführen, die zu Kaufzurückhaltung beigetragen haben. Der Automobilverband hat im Zuge dessen seine Wachstumsprognosen für dieses Jahr von 10-15% auf unter 10% revidiert. Dies könnte die Preise für Palladium und auch Platin kurzfristig belasten.

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Industriemetalle

Die Metalle standen gestern im Einklang mit den anderen Rohstoffklassen deutlich unter Druck und gaben in der Breite nach. Dabei wurden Preisverluste von bis zu 4,5% registriert. Neben schwachen Aktienmärkten rund um den Globus, die auf eine höhere Risikoaversion der Marktteilnehmer hindeuten, dürften Befürchtungen über weitere Zinserhöhungen in China zum Rückgang der Preise beigetragen haben. Sollte am Freitag wie erwartet eine Teuerungsrate für März von über 5% berichtet werden, könnte dies sogleich zu weiteren Zinsanhebungen führen.

Das weltweit größte Minenunternehmen, BHP Billiton, hat sich Medienberichten zufolge mit Korea Zinc, einer großen südkoreanischen Metallschmelzerei, auf jährliche Schmelz- und Verarbeitungsgebühren (sog. TC/RCs) für Blei verständigt, die zugleich als Benchmark von anderen Produzenten und Konsumenten angesehen werden dürften. Demnach steigen die Gebühren in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 26% auf 290 USD je Tonne, was auf eine reichhaltige Verfügbarkeit von Bleikonzentrat hindeutet. Dies zeigen auch die börsenregistrierten Lagerbestände an der LME. Die Bleivorräte befinden sich mit gut 275 Tsd. Tonnen weiterhin in der Nähe eines 16-Jahreshochs. Wir hatten bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass ein Bleipreis über 2.800 USD je Tonne fundamental nur schwer zu rechtfertigen ist und erwarten daher einen Rückgang auf ein moderateres Preisniveau.


Agrarrohstoffe

Auch die Preise vieler Agrarrohstoffe haben gestern im Tagesverlauf nachgegeben. Mit einem Minus von 4,85% war der Rückgang bei Weizen besonders stark, doch auch Mais, Sojabohnen und Baumwolle wurden nach unten gezogen. Das generell ungünstige Marktumfeld mit der Sorge vor wirtschaftlicher Eintrübung hatte gegenüber marktspezifischen Fundamentalfaktoren gestern dominiert. Bei Sojabohnen übt allerdings auch der Erntefortschritt mit großen Produktionsmengen in Südamerika Preisdruck aus. Belastend für die US- Notierungen bei Mais waren insbesondere weitere Hinweise auf intensivierte Gespräche zwischen China und Argentinien über die Aufnahme von Handelsbeziehungen bei dem Getreide, so dass die US-Lieferungen ins Hintertreffen geraten könnten.

Das zuletzt zu Weizen aufgeschlossene Preisniveau von Mais macht zudem bei der Verfütterung eine stärkere Substitution durch Weizen wahrscheinlich. Während dieser Aspekt den Weizenpreis stützen sollte, hat gestern zunächst die Verschärfung der Risikosituation in Japan den US-Weizenpreis gedrückt, da die Nachfrage Japans als zweitgrößtem Importland von Weizen im Allgemeinen und auch von US-Weizen im Speziellen negativ betroffen sein könnte. Wir rechnen allerdings damit, dass sich der Markt schnell wieder verstärkt den Angebotsrisiken, insbesondere in Form des schlechten Pflanzenzustandes in den USA und unsicherem Wetterausblick, zuwenden wird. Dann kann der Weizenpreis rasch wieder auf Werte um die 800 US-Cents je Scheffel steigen.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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