Bitcoin – Altcoin-Saison statt Sommerflaute
24.07.2025 | Florian Grummes

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3. Sentiment Bitcoin - 3. Schon wieder zu optimistisch
Crypto Fear & Greed Index vom 23. Juli 2025. Quelle: Bitcoin Magazine Pro
Derzeit steht der „Crypto Fear & Greed Index“ bei 74 von 100 Punkten und signalisiert damit einen klaren Optimismus am Kryptomarkt. In den vergangenen zweieinhalb Jahren gab es nur selten echte Angstphasen: Spürbare Unsicherheit herrschte lediglich im Anfang August 2024 sowie kurzzeitig Ende März und Anfang April 2025. Über weite Strecken blieb die Marktstimmung jedoch überwiegend zuversichtlich. Möglicherweise dämpft dieses anhaltende Grundvertrauen die Dynamik der Bitcoin-Preisbewegung im Vergleich zu früheren Zyklen. Obwohl die Stimmung aktuell noch nicht überhitzt ist, erscheint sie doch etwas zu optimistisch und könnte eine gewisse Zurückhaltung bei größeren Preissprüngen erklären.

CMC Crypto Fear & Greed Index vom 23. Juli 2025. Quelle: Coinmarketcap
Auch der „CMC Crypto Fear & Greed Index“ von CoinMarketCap meldet einen leicht erhöhten Optimismus.
In der Summe scheint das Sentiment wieder auf dem Weg zur übertriebenen Euphorie. Bis zu einer klaren Übertreibung ist aber noch etwas Luft.
4. Saisonalität Bitcoin - Bis ca. Mitte Juni extrem positiv

Bitcoin Saisonalität vom 23. Juli 2025. Quelle: Seasonax
Obwohl die Bitcoin-Rallye in diesem Jahr wie üblich pünktlich Anfang April einsetzte, fiel die siebwöchige Konsolidierungsphase zwischen Ende Mai und Anfang Juli zusammen mit dem neuen Allzeithoch im Juli aus dem vertrauten saisonalen Rahmen. Laut den statistischen Kursmustern der vergangenen 15 Jahre hätte das Hoch bereits im Juni erwartet werden können – der aktuelle Verlauf weicht also vom historischen Bild ab. Eventuell hat sich das typische Muster in diesem Jahr einfach um einige Wochen verschoben und das neue Hoch am 11. Juli trat entsprechend verspätet auf. Nach der klassischen Saisonalität wäre damit das Hoch bereits erreicht und der Bitcoin-Kurs im Begriff, in Richtung des häufig beobachteten September-/Oktobertiefs abzudriften. Doch auch diese Annahme will derzeit nicht zum anhaltend bullischen Marktverhalten passen. Nichtsdestotrotz mahnt die saisonale Betrachtung auf Sicht der kommenden zweieinhalb Monate zur Vorsicht.
Zusammengefasst steht die saisonale Ampel bis ca. Ende September bzw. Anfang Oktober auf Rot. Möglicherweise bringen die nächsten ein bis vier Wochen verspätet das klassische Bitcoin-Sommertop.
5. Bitcoin gegen Gold (Bitcoin/Gold-Ratio

Bitcoin/Gold-Ratio, Tageschart vom 23. Juli 2025. Quelle: Tradingview
Bei Kursen von rund 118.500 USD für einen Bitcoin und ca. 3.420 USD für eine Feinunze Gold, muss man für einen Bitcoin derzeit rund 34,7 Unzen Gold bezahlen. Andersherum gesagt kostet eine Feinunze Gold aktuell ca. 0,0288 Bitcoin. Damit hat der Bitcoin den Goldpreis seit der letzten Trendwende am 11.April in der Spitze um rund +47% deutlich outperformt.
Ausgehend vom Tief um 25 legte die Bitcoin/Gold-Ratio deutlich auf fast 37 zu. Während der Goldpreis auf hohem Niveau seitwärts konsolidierte, sorgte der starke Preisanstieg beim Bitcoin für die Outperformance. Damit klopft die Ratio wieder an die starke Widerstandszone um 37 bis 41 an.
Kurzfristig hat sich auf dem Tageschart allerdings ein Stochastik-Verkaufssignal eingeschlichen. Der Goldpreis könnte daher durchaus etwas Boden gut machen. Sobald die Konsolidierung beim Bitcoin jedoch endet und die Rally weitergeht, dürfte die Ratio Werte um 40 anpeilen.
In der Summe bestätigt die Bitcoin/Gold-Ratio aktuell die Verschnaufpause beim Bitcoin.
6. Makro-Update – Paradigmenwechsel in der globalen Wirtschaft
Die Weltwirtschaft durchläuft eine Phase tiefgreifender Veränderungen, die durch geopolitische Spannungen, wirtschaftliche Unsicherheiten und technologische Innovationen geprägt ist. Präsident Trumps Forderung nach einem historischen Zinsschnitt von über 300 Basispunkten, die Verabschiedung neuer Krypto-Gesetze in den USA und die wachsende Fragmentierung der globalen Wirtschaftsordnung sowie die Forderung von US-Finanzminister Scott Bessent nach einer Überprüfung der gesamten Federal Reserve Bank haben weitreichende Auswirkungen auf Bitcoin und andere Vermögenswerte. Gleichzeitig steht Europa vor einer drohenden Schuldenkrise, während technologische Herausforderungen wie Quantencomputing die langfristige Sicherheit von Bitcoin in Frage stellen.
Trumps Zinsschnitt-Forderung: Ein historischer Schritt
Präsident Trump hat zuletzt einen Zinsschnitt von über 300 Basispunkten gefordert, der dreimal so groß wäre wie der bisher größte Zinsschnitt in der US-Geschichte vom März 2020. Ziel ist es, die jährlichen Zinskosten der USA, die bei ca. 1,2 Bio. USD (ca. 3,3 Mrd. USD pro Tag!) liegen, zu senken. Die US-Staatsverschuldung beläuft sich mittlerweile auf etwa 36 Bio. USD und belastet zunehmend das Vertrauen der Kreditgeber. Ein radikaler Zinsschnitt könnte die Belastung durch die Staatsverschuldung spürbar reduzieren.
Allerdings müsste der Anleihenmarkt den Vorgaben der FED auch folgen. Dann wären jährliche Einsparungen von über 1 Bio. USD eventuell möglich. Realistischerweise betrifft dies jedoch nur die öffentlich gehaltene Schuld von 29 Bio. USD mit einer durchschnittlichen Verzinsung von 3,3 %. Ein sofortiger Zinsschnitt könnte hier etwa 870 Mrd. USD pro Jahr einsparen, wobei eine Refinanzierung von 20 % der Schulden im ersten Jahr realistisch wäre, was Einsparungen von etwa 174 Mrd. USD bedeuten würde.
Sollte die Federal Reserve (Fed) auf die abkühlende Konjunktur und nachlassende Inflation reagieren, indem sie die Zinsen senkt, würden die Kapitalflüsse durch die sinkenden Realzinsen und ein erhöhtes Liquiditätsangebot in risikobehaftete Anlageklassen wie Bitcoin gelenkt werden. Wie immer haben die Finanzmärkte ein derartiges Szenario bereits zusammen mit einer deutlichen Abwertung des US-Dollars zu einem gewissen Teil eingepreist. Während Anleger zunehmend Inflationsschutz und Währungsdiversifikation durch den Kauf von Bitcoin und Gold suchen, hat sich durchaus ein gewisses Enttäuschungspotenzial aufgebaut, sollte es nicht bald zur erwarteten Zinssenkung und den Veränderungen bei der FED kommen.
Die Falle der Federal Reserve
So oder so steht die Fed jedoch vor einem Dilemma: Während das US-BIP-Wachstum von 2,8% auf 1,3% gesunken ist, bleibt die Inflation mit etwa 3,5% weiterhin hoch. Diese Stagflation – eine Kombination aus Stagnation und Inflation – zwingt die Fed in eine Zwickmühle. Zinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung könnten das Wachstum ersticken, während Zinssenkungen die Inflation anheizen könnten. Beide Optionen belasten den Anleihenmarkt und die Mittelschicht, während die Fed in einer Politikfalle gefangen ist.
Europas Schuldenkrise: Frankreich als Vorbote
Noch dramatischer ist die Lage jedoch in der Eurozone, die am Rande einer finanziellen Katastrophe steht. Frankreichs Premier Bayrou hat kürzlich drastische Sparmaßnahmen angekündigt: gestrichene Feiertage, Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen. Die Schulden des Landes sind außer Kontrolle, und Frankreich ist nur der Anfang. Der gesamte Kontinent kämpft mit alternden Bevölkerungen, steigenden Rüstungsausgaben, Investitionsstau und höheren Zinsen. Länder wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind nicht auf die Kostenwelle durch Demografie, Verteidigung und Energieumbau vorbereitet. Ratingagenturen warnen vor einem drohenden Schulden-GAU, während die europäischen Sozialsysteme am Limit sind und Investoren immer höhere Renditen fordern.
Handelskriege und globale Unsicherheiten
Parallel dazu haben Trumps Handelskriege, insbesondere die hohen Zölle gegen China, Kanada und Mexiko, die globalen Lieferketten gestört, Investitionen eingefroren und Verbraucherpreise in die Höhe getrieben. Diese Politik hat die Inflation angeheizt und das Verbrauchervertrauen geschwächt. Weltweit sind die Folgen spürbar: Die globale Wirtschaft wächst nur mit 2,3 bis 3,3 %, weit unter dem historischen Durchschnitt von 3,7 %. Geopolitische Konflikte, etwa in der Ukraine und im Nahen Osten, verschärfen die Lage, indem sie Ressourcen in Höhe von fast 20 Bio. USD im Jahr 2024 binden und das Investitionsvertrauen untergraben.