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Offenmarktausschuss verlängert "Financial Repression“ - deutsche Daten formidabel

26.01.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.50 Uhr) bei 1.3130, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im heutigen frühen europäischen Handel bei 1.3133 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 77.55. In der Folge notiert EUR-JPY bei 101.80, während EUR-CHF bei 1.2080 oszilliert.

Der US-Offenmarktausschuss bewertet die Konjunkturlage weiter mit Skepsis und redet von moderatem Wachstum. Das ist eine hanseatische Haltung in der Bewertung. Sie darf als Ausdruck der Sorge interpretiert werden, ob die zuletzt doch deutlich positivere Konstellation der US-Wirtschaft anhält.

Die Verbesserung am US-Arbeitsmarkt wird wahrgenommen, jedoch nicht als ausreichend angesehen. Das ist sachlich geboten. Die größte Kojunkturintervention in der Geschichte der USA hat bisher die geringste Traktion am US-Arbeitsmarkt in der Geschichte der USA gezeitigt. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit als auch der Lohnentwicklung unverändert von dem Offenmarktausschuss ernst genommen wird.

Vor diesem Hintergrund wird die extreme Niedrigzinspolitik bis in die zweite Jahreshälfte 2014 beibehalten. Die Haltungen der einzelnen FOMC-Mitglieder fällt dabei recht unterschiedlich aus. Damit findet jede Klientel, ob Taube oder Falke, eine Fraktion im FOMC. Politisch ist so etwas klug. Der Offenmarktausschuss plant keine Verkürzung der Bilanz bis 2015. Weiterhin werden die Erlöse aus fälligen Anleihen am MBS/ABS/Treasury Markt reinvestiert.

Eine Politik, die darauf abzielt, Zinsniveaus unterhalb des Preisniveaus zu etablieren, wird als „Financial Repression“ bezeichnet. Das erleben wir in nachhaltiger Form in den USA und dem UK. Eine solche Politik ist nichts anderes als ein weicher Schuldenschnitt. Es ist äußerst irritierend, dass ein solcher „weicher Schuldenschnitt“ von den Ratingagenturen so wohlwollend bezüglich UK und USA begleitet wird.

Die Bewertung der Anleihemärkte ist weder im UK noch in den USA Ausdruck freier Marktkräfte, sondern sie ist Folge einer klaren Manipulation, die politisch motiviert ist. Nach meiner Kenntnis fließt die Beurteilung, ob es sich um freie Märkte handelt, in die Bewertung der US-Ratingagenturen als ein wesentlicher Faktor ein. Das gilt aber dann wohl nur für Schwellenländer, die nicht parieren. Es gilt offensichtlich nicht für die Heimatländer dieser Agenturen.

Wir enthalten uns einer weiteren Bewertung. Das ist genügend "Food for thought!”

Damit kommen wir zu den deutschen Konjunkturdaten. Während Kollegen noch eine Rezession in Deutschland diskutieren, eine Diskussion der wir ferngeblieben sind (siehe Jahresausblick, Wachstum D 1,5% per 2012), scheint es in der realen Welt der Konjunktur ganz anders zuzugehen.

Der deutsche GfK Konsumklimaindex ist per Berichtsmonat Februar von zuvor 5,7 (revidiert von 5,6) auf 5,9 Punkte angestiegen. Die Prognose war bei 5,6 Punkten angesiedelt. Damit ergab sich der höchste Wert seit März 2011. Leicht steigende Einkommenserwartungen (34,1 nach 34,0), deutlich steigende Anschaffungsneigung (41,4 nach 26,7, höchster Wert seit Dezember 2006) und markant steigende positive Konjunkturerwartungen (7,5 nach zuvor -0,9) sind für die Zunahme des Indexwerts verantwortlich.

Der Konsum wird in Deutschland 2012 und darüber hinaus eine tragende Säule sein. Lediglich das Risiko eines Zerfalls der Eurozone, würde einen abrupten Lastwechsel mit sich bringen.

Der IFO-Index setzte gestern markante positive Akzente. Per Berichtsmonat Januar kam es zu einem Anstieg von zuvor 107,3 (revidiert von 107,2) auf 108,3 Punkte. Die Prognose war bei 107,5 Zählern angesiedelt.

Damit ergab sich seit dem Tiefstwert per Oktober bei 106,5 Punkten der dritte Anstieg in Folge. Der Index liegt damit nahezu auf Höhe des Augustwerts. Eine solche Konstellation spricht für eine nachhaltigere Trendentwicklung der Konjunktur in Richtung Aufschwung. Etwas Wasser im Wein war der leichte Rückgang der Bewertung der aktuellen Lage von zuvor 116,7 auf 116,3 Punkte.

Entscheidend für den Anstieg des Gesamtindex war die Erwartungskomponente. Hier stellte sich ein Anstieg von 98,6 auf 100,9 Punkte ein. Damit ergab sich der höchste Erwartungswert seit Juli letzten Jahres (104,9).

Das Bild ist ermutigend. Wir haben im Jahresausblick 2012 davon gesprochen, dass die globale Zyklik keine Fallhöhe in Richtung Rezession hat (keine Überinvestition, Konsum auf Basis Arbeitseinkommen, Lagerhaltung nicht exzessiv). Die aktuellen Daten des IFO-Index implizieren genau diesen Umstand.

Das politische Risiko eines möglichen Zerfalls der Eurozone mit den gestern von George Soros aufgezeichneten Konsequenzen, die genau dem Bild entsprechen, das von uns im Jahresausblick als Szenario mit 10% Wahrscheinlichkeit dargestellt wurde, hat die globale Wirtschaft und damit auch die deutsche Wirtschaft in den letzten 10 Monaten belastet. Die Anzeichen, dass sich die deutsche Regierungsposition seit November in Richtung nachhaltiger Solidarität gegenüber der Eurozone bewegt, wirken sich konjunkturell unterstützend aus.

Diese positivere Konjunkturentwicklung, die sich in ersten Ansätzen abzeichnet, ist genau die Komponente, die es zu stärken gilt, um die deutschen, die europäischen und die westlichen fiskalischen Probleme in den Griff zu bekommen.

Im nachfolgenden Chart ist die vollständige Historie des IFO-Index abgebildet. Der aktuelle Indexstand bewegt sich im oberen Fünftel mit einem positiven Trendsignal. Das ist ermutigend. Es ist aber auch politisch zu pflegen!

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Der Index, der Auskunft über “Anhängige US-Hausverkäufe” gibt, sank per Berichtsmonat Dezember um 3,5 Zähler (Prognose -1,0) von zuvor 100,1 auf 96,6 Punkte (2001 = 100). Positiv anzumerken ist, dass dieser aktuelle Rückgang eine Reaktion auf die starken Anstiege des Index um 15,6 Punkte in den beiden Vormonaten war und der aktuelle Dezemberwert im Jahresvergleich 5,6 Zähler höher als im Vorjahr ist. Das Glas ist halbvoll und nicht halbleer.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.2600 - 1.2630 neutralisiert den negativen Bias.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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