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Euro gewinnt wieder an Boden - "Flash" PMIs der Eurozone erfrischend gut!

20.04.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.4385 (07.40 Uhr), nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4207 im europäischen Geschäft markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 82.90. In der Folge notieret EUR-JPY bei 119.25, während EUR-CHF bei 1.2920 oszilliert.

Nach der dynamischen Korrektur bis auf 1.4157 ergab sich gestern in der Parität EUR-USD als auch in den anderen Euro-Crosses eine markante Erholung. Offensichtlich kommt es ein Stück weit zu gesunder Nüchternheit bei der Betrachtung der europäischen Probleme der Defizitländer. Um hier ein wenig Sachlichkeit zu forcieren, erlauben wir uns, die aktuellen Prognosen des IWF zur Defizitentwicklung unserer europäischen Reformländer anzubieten.

Um eine sachliche Einwertung zu ermöglichen, verweisen wir darauf, dass Deutschland (AAA) derzeit eine Verschuldung gegenüber dem BIP in Höhe von 80% ausweist. Die USA liefern uns einen Wert in Höhe von 100% (AAA) und Japan übertrifft alle anderen mit sportlichen 225%.
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Offensichtlich ist die Tatsache, dass Griechenland auf dem dünnsten Eis läuft. Nach Berechnungen des IWF liegt die Schuldentragfähigkeit Griechenlands bei knapp 200% des BIP. Ergo ist auch hier die ultimative Notwendigkeit einer Umstrukturierung nicht um jeden Preis gegeben. Sie lässt sich aber definitiv nicht ausschließen.

Die kritische Diskussion über Spaniens Bonität mutet förmlich lächerlich an. Die Schuldentragfähigkeit liegt bei Spanien übrigens laut IWF bei circa 220% des BIP. Nun denn, Märkte sind halt nicht immer effizient.

Auch das Thema Irland, dessen produzierender Sektor der Wirtschaft mit einem Anteil von 25% der Gesamtwirtschaft (Durchschnitt Industrienationen 14%, D 20%, USA 9%) förmlich boomt, ist bei einer Schuldentragfähigkeit von 250% des BIP laut IWF kein geeigneter Kandidat für die Debatte eines Staatsbankrotts. Hier machen die Freunde des CDS-Marktes offensichtlich nicht sachlich ihre Hausaufgaben. Das gilt um so mehr, als dass Irland eine Liquiditätsreserve in Höhe von circa 30 Mrd. Euro hält, die gut 15% des irischen BIP entspricht. Irland hatte zuvor 17 Mrd. Euro aus der Liquiditätsreserve in den eigenen Rettungsschirm investiert. "Food for thought!"

In der letzten Woche rauschte der deutsche Blätterwald. Unsere Politiker machten sich Sorgen über das Garantievolumen, das wir in Deutschland innerhalb der Eurozone übernehmen. Dabei wurden Beträge im Dunstkreis von 200 Mrd. Euro thematisiert. Der Eindruck entstand, als ob dieses Volumen dem realistischem Verlustrisiko entspricht. Nein, das wäre das maximale Risiko. Dieses Risiko träte dann ein, wenn sich die Erde nicht mehr drehen würde. Das erachten wir in Bremen für wenig wahrscheinlich. Wäre das der Fall, hätten wir auch andere Sorgen als diese Garantien in Höhe von 200 Mrd. Euro. Ergo erscheint diese Debatte eher der unsachlichen Emotionalisierung zu dienen.

Bevor wir ein realistisches Risiko definieren, gilt es, klar zu stellen, dass der deutsche Steuerzahler derzeit täglich Geld mit den Garantien verdient. Auf unseren Anteil der Garantien für Irland und Griechenland erhalten wir mehr als 2% Zinsen pro Jahr. Für unseren guten Namen ist das kein schlechtes Geschäft. Diese Einkünfte wären eventuellen Verlusten gegenüberzustellen. Kritisch kann (muss nicht!) es bei dem Thema Griechenland werden (siehe oben). Die Abschirmung steht bei 110 Mrd. Euro. Unser Anteil liegt bei Griechenland bei 22,4 Mrd. Euro.

Unterstellt man einen maximalen Schuldenschnitt von 50% läge der Verlust bei 11,4 Mrd. Euro. Das ist erheblich, aber es sind eben nicht 200 Mrd. Euro!. Es wäre für uns zu verkraften. Das gilt um so mehr, als dass unser Geschäftsmodell Deutschlands an der Eurozone hängt. Mehr als 60% unserer Exporte gehen in diese Region. Soll diese "Hochleistungskuh" des gesamtwirtschaftlichen Erfolgs Deutschlands vor diesem Hintergrund geopfert werden?

Man sollte sich diesbezüglich daran erinnern, dass wir Russland vor gut 10 Jahren einen Milliardenschuldenerlass gewährt haben, der nicht einmal diskutiert wurde.

Es macht auch Sinn, nicht nur auf europäische Problemländer zu schauen, sondern den starken europäischen Ländern bei der Bewertung des Euros Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Das gilt allen voran für Deutschland.

Die Steuereinnahmen sprudeln, was unserer Prognose entspricht. Schließlich folgen Fiskallagen den Konjunkturlagen. Voraussichtlich ist selbst Herr Schäuble positiv irritiert. Erwartete das Finanzministerium doch eine Neuverschuldung von 48 Mrd. Euro per 2011.

In den ersten drei Monaten ergab sich gegenüber dem Vorjahr (2010 Neuverschuldung 44 Mrd. Euro statt der erwarteten 80 Mrd. Euro) ein erhöhtes Steueraufkommen um 11%. Per März kam es zu einem Anstieg im Jahresvergleich um mehr als 16%. Ergo impliziert die Tendenz eine positive Dynamik.

Das Steueraufkommen nimmt in der Breite zu. Das gilt für die Umsatzsteuer, die Einkommensteuer und die Körperschaftssteuer. Gleichzeitig sinken die öffentlichen Ausgaben dank höherer Beschäftigung.

Die Prognose der Bundesregierung der Defizitentwicklung per 2011 ist so gut, wie die makroökonomischen Prognosen des IWF, der OECD, den führenden Institute und der "Fünf Weisen" zwischen 2007 und 2009 . "Food for thought!"

Die "Flash-Schätzungen für die europäischen Einkaufsmanagerindices per April überraschten äußerst positiv:
  • Für das produzierende Gewerbe legte der Index von 57,5 auf 57,7 Punkte zu. Die Prognose lag bei 57,0.

  • Für den Dienstleistungssektor ergab sich ein leichter Rückgang im Rahmen der Erwartungen von 57,2 auf 56,9 Punkte,

  • Der "Composite Index" legte von 57,6 auf 57,8 Zähler zu. Die Prognose lag bei 57,10 Punkten.

Konjunkturell bleibt die Lage der Eurozone erfrischend positiv!

Das Leistungsbilanzdefizit der Eurozone stellte sich auf -7,2 Mrd. Euro nach zuvor -5,6 Mrd. Euro in der saisonal bereinigten Fassung. Die leicht defizitäre Lage setzt sich hier weiter fort.

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Die Neubaubeginne setzten per März in den USA einen positiven Akzent. In der annualisierten Darstellung kam es zu einem Volumen in Höhe von 549.000 (Prognose 520.000) nach zuvor 512.000 (revidiert von 479.000). Baugenehmigungen legten von zuvor 534.000 auf 594.000 zu. Bei aller Freude über diese Entwicklungen verdeutlicht der Chart, dass die aktuellen Veränderungen lediglich das "Geräusch" einer Bodenbildung auf historisch niedrigem Niveau liefern.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.4150 - 1.4180 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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