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Die Dominosteine fallen - Wirtschaftsdaten schüren Rezessionsängste! - "Cash" ist "King"!

23.09.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.40 Uhr) bei 1.3495, nachdem im europäischen Geschäft Tiefstkurse bei 1.3386 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.30. In der Folge notiert EUR-JPY bei 103.00, während EUR-CHF bei 1.2240 oszilliert.

Die Dominosteine fallen. Seit Monaten schreiben wir im Forex Report und sprechen darüber im TV, dass die politische Elite in Europa wegen eines Griechenlandproblems mit einer Staatsverschuldung von 370 Mrd. Euro mit der Weltwirtschaft, der daraus resultierenden fiskalischen Erholung (gerade in D) und den Reformerfolgen in Irland, Spanien oder Portugal als auch der Integrität der Eurozone spielen. Die Liste ließe sich verlängern.

Dabei wird die Blaupause der erfolgreichen globalen Intervention 2008 ausgeblendet. Seinerzeit wurde auf G-30 Ebene homogen und überdimensioniert agiert. Nur so hält man fallende Dominosteine auf ...

Von Seiten der IWF-Chefin Lagarde erhält die hier vertretene Position Zustimmung. Wir zitieren aus der SZ. Laut Frau Lagarde muss noch viel mehr geschehen. IWF-Chefin Lagarde verlangt von der EU koordinierte politische Aktionen zur Lösung der Schuldenkrise. Auch mehrere Staats- und Regierungschefs zeigen sich unzufrieden mit dem bisherigen Vorgehen in Europa- und warnen vor einer globalen Ansteckung.

Die populistischen Töne, dass Griechenland ein Fass ohne Boden sei, verbieten sich förmlich. Bei einer 50% Entschuldung liegt der Boden bei genau 175 Mrd. Euro.

Das Fass ohne Boden ist ein erneutes Abgleiten in eine Weltrezession oder Depression. Die bisher aufgelaufenen Vermögensverluste stellen sich laut Allianz bereits auf mehr als 3 Billionen Euro. Dabei ist der konjunkturelle Schaden noch gar nicht berücksichtigt!

Das Risiko einer Depression mit folgender politischer Instabilität (1932 ff.) ist real, da der öffentliche Sektor fiskalisch nicht mehr so aufgestellt ist wie 2007. Ergo ist das Interventionspotential begrenzt. „Food for plenty of thought!“

Die nationalökonomischen Sichtweisen, die in egozentrischer Ausprägung derzeit ihr Unwesen treiben, die uns insbesondere große Teile der deutschen Medienwelt (unter anderem Talkshows mit Breitenwirkung) mit Protagonisten meiner Branche liefert, hat insbesondere in Deutschland das öffentliche Klima vergiftet.

Immer wieder erlebe ich nach meinen Vorträgen mit einer sachlichen Darstellung der Reformerfolge und der Bedeutung der konjunkturellen Entwicklung für die Fortsetzung der fiskalischen Erholung (Zyklik ohne Fallhöhe, anders als 2007/2008!) als auch der Risiken durch egozentrischen Betrachtungsweisen (die jetzt hoffentlich offensichtlich genug sind), ein hohes Maß an Zustimmung und vor allen Dingen Empörtheit über den medialen Mainstream und die auch dadurch mit beeinflusste Politik.

Fakt ist, dass wir in einer globalisierten Welt leben. Gerade Deutschland profitiert davon. Sich dann auf Egozentrik zurückzuziehen und die Subventionen via Zinsgeschenk und globale Intervention 2008 auszublenden, ist im höchsten Maße unangemessen.

Die Tatsache, dass Deutschland bisher aus dieser Krise massive Vorteile im zweistelligen Milliardenbereich generiert hat, wird von diesen Kreisen ebenso wie die erzielten Reformerfolge ignoriert. Die Tatsache, dass die Eurozone in der Gesamtheit Paradepferd der Stabilität in der Neuverschuldung und der Reformpolitik ist (versus USA, UK und Japan), wird zu 100% ausgeblendet.

Der Begriff Desinformation brennt als Fazit förmlich auf der Zunge. Unsere kritische Position zu der europäischen Haltung der letzten 18 Monate findet Zustimmung. Dazu erlauben wir uns, einen Artikel von Reuters einzustellen:

06:18 23Sep11 -WDHLG-Schwellenländer gehen Europäer wegen Schuldenkrise an - von Gernot Heller

Washington, 22. Sep (Reuters) - Die großen Schwellenländer haben den Europäern wegen ihrer Schuldenkrise eine Gefährdung der weltwirtschaftlichen Stabilität vorgeworfen. "Das Epizentrum der Krise ist dieses Mal die Europäische Union", klagte Brasiliens Finanzminister Guido Mantega am Donnerstag in Washington auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der BRICS-Staaten - Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Vor drei Jahren seien es noch die USA gewesen, die die Welt in eine tiefe Finanzkrise gestürzt hätten. Die fünf BRICS-Länder forderten die Europäer gemeinsam zu schnellem und entschiedenem Handeln auf und sagten ihre Unterstützung dafür zu. Von direkten finanziellen Hilfen für europäische Krisenländer, etwa durch den gezielten Ankauf von Anleihen solcher Länder, war allerdings nicht die Rede.

"Die aktuelle Situation erfordert entschiedenes Handeln", heißt es in einem Kommunique der BRICS-Staaten nach Gesprächen am Rande der Jahreskonferenz von IWF und Weltbank. "Schnelles Handeln ist wichtig", unterstrich auch Mantega. Ähnlich wie bei der letzten Finanzkrise sei erneut Entschlossenheit und Kooperation der Länder gefragt. Die BRICS-Länder seien bereit, gegebenenfalls über den Internationalen Währungsfonds und andere internationale Finanzinstitutionen einen Beitrag zur Problemlösung zu leisten, hieß es im BRICS-Kommunique.

Grundsätzlich gelte aber, die aktuelle Lage und die Herausforderungen, denen sich die Schwellenländer gegenübersehen, seien andere als die der Industrieländer, erklärten Vertreter der Schwellenländer. Sie seien es auch gewesen, die zuletzt das Wachstum in der Welt vorangetrieben hätten. Zudem müsse gesehen werden, dass die aufstrebenden Länder intern auch hohem Finanzbedarf bei der Bekämpfung der Armut begegnen müssten, erklärten Vertreter Indiens. Die BRICS warfen den Industrieländern vor, mit ihren Defiziten die aufstrebenden Entwicklungsländer herabzudrücken. Die von Europa ausgehende Krise ziehe auch sie in den Strudel, und zwar über eine Wachstumsverlangsamung in der Welt, sinkende Rohstoffpreise, Spannungen an den Finanzmärkten und exzessive Liquidität an den Märkten, die manchen Ländern massive Kapitalzuflüsse bescherten. Dem müsse begegnet werden. Die Industrieländer seien gefragt, eine verantwortungsvolle Wirtschafts- und Finanzpolitik zu betreiben, fordern die Schwellenländer in dem Kommunique.

Die BRICS-Länder vereinbarten, künftig die Zusammenarbeit und den Handel untereinander zu intensivieren und damit noch enger zusammenzurücken. Damit einhergehend werde auch das Gewicht ihrer Währungen in der Welt zunehmen.

(Reporter: Gernot Heller; redigiert von Nadine Schimroszik) ((gernot.heller@thomsonreuters.com)(+493028885124) Reuters Messaging: gernot.heller.reuters.com@reuters.net))


Das Thema Schuldenschnitt Griechenlands wird prominenter. Laut Medienberichten sagte der griechische Finanzminister gegenüber Abgeordneten, dass er drei Szenarien für möglich halte.
  • Ungeordnete Insolvenz

  • 2. Umsetzung der Beschlüsse vom 21. Juli

  • 3. Geordnete Insolvenz mit einem Schuldenschnitt in Höhe von 50% (dafür gibt es bisher aber keinen Rechtsrahmen). Ein Schuldenschnitt würde die Zustimmung und Zusammenarbeit von vielen erfordern. Vor dem mangelnden Rechtshintergrund ist diese Einlassung in der Tat richtig.

Der neue niederländische Notenbankchef Knot schließt eine Insolvenz Griechenlands nicht aus. Die Nachrichten aus Griechenland seien nicht ermutigend. Knot hat noch vor einigen Monaten eine solche Insolvenz für nicht notwendig erachtet.

Die Kraft der Märkte und der Psychologie dürfen eben nicht unterschätzt werden. Schlussendlich hat sich Europa zu fragen, ob das Zögern der letzten 18 Monate nicht der Primärkatalysator für die aktuelle Lage darstellt?

Jeder Tag, der weiter vergeht, sieht weitere Dominosteine fallen. Das Risiko der globalen Rezession/Depression nimmt latent zu. Die Blaupause der erfolgreichen globalen Intervention 2008 ist letztlich das vorhandene Skript, dass für Europa diesen Prozess aufhalten kann. Nur so hält man fallende Dominosteine auf, die Zeit wird jedoch knapp.


Die Wirtschaftsdaten schüren Rezessionsängste:
  • Der Einkaufsmanagerindex der Eurozone für das verarbeitende Gewerbe sank per September laut erster Schätzung von 49,0 auf 48,4 Punkte. Hier ergibt sich Kontraktion in diesem Sektor der Wirtschaft!

  • Der Einkaufsmanagerindex der Eurozone für den Dienstleistungssektor verlor von 51,0 auf 49,1 Punkte. Auch hier ergibt sich Kontraktion mit einem Wert unter der Marke von 50 Punkten.

  • Der Auftragseingang der Eurozone sank per Juli im Monatsvergleich um -2,1% (Prognose -1,1%) nach zuvor -1,2% (revidiert von -0,7%).

  • Die US-Arbeitslosenerstanträge sanken von zuvor 432.000 (revidiert von 428.000) auf 423.000 (Prognose 420.000).

  • Die Frühindikatoren legten laut US-Conference Board" per August um 0,3% (Prognose 0,1%) nach zuvor +0,6% zu. Damit kommt es den vierten Monat in Folge zu Anstiegen. Offensichtlich ist der Einbruch der US-Wirtschaft gut für diesen Indikator. "Food for thought!"

Der Chart des Index der Frühindikatoren ist eindrucksvoll. Das Niveau von 2007 ist längst massiv überschritten. Wirft das Fragen über Datenqualität auf?

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Gestern wurden alle Anlageklassen außer AAA-Bonds abverkauft. Selbst Gold und Silber gelten offensichtlich nicht als sicher. Da hat man doch lieber Dollar und Euro in der Tasche, beliebig vermehrbare Währungen. Das ist offensichtlich attraktiver als edle Metalle, die faktisch mit natürlicher Knappheit aufwarten.

Ob es klug ist, AAA Bonds auf diesem Niveau zu erwerben, sei dahin gestellt. Wenn die Weltwirtschaft fällt, wird übrigens Deutschland das größte Opfer sein (siehe 2009). Die 100% Staatsschuldenmarke würde schneller realistisch sein, als es sich mancher derzeit vorstellen kann. Ob dann der Bundfuture noch als so attraktiv bewertet wird, wird sich zeigen müssen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.3500 - 1.3950 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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