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Ist die Party schon vorbei oder läuft die Musik noch?

31.10.2011  |  Eugen Weinberg
Ab heute leben offiziell sieben Milliarden Menschen auf der Erde. Trotz der hohen Volatilität und der kurzfristigen konjunkturbedingten Risiken für die Rohstoffpreise nach unten, dürfte der langfristige Trend bei Rohstoffen weiterhin aufwärts gerichtet bleiben. Denn der Großteil des Bevölkerungszuwachses entfällt auf die Schwellenländer, die ihren Rohstoffverbrauch weiter massiv steigern werden. Auch die Tatsache, dass dies meist mit steigenden Produktionskosten einhergeht, spricht für steigende Rohstoffpreise in den kommenden Jahren.


Energie

Eine steigende Risikowahrnehmung angesichts der schwächeren Aktienmärkte und der Stärke des US-Dollar setzt heute Morgen die Ölpreise etwas unter Druck. Zumindest konnte der Brentölpreis trotz des offensichtlich höheren Interesses der Marktteilnehmer an den Brentöl-Kontrakten - die Anzahl offener Positionen ist letzte Woche auf einen Rekord bei über 984 Tsd. Kontrakten gestiegen - kein neues Preishoch setzen, was durchaus negative Implikationen hat.

Der mittelfristige Preistrend bei Brentöl bleibt abwärts gerichtet und das trotz des gestiegenen Optimismus der Anleger (Grafik des Tages). Die Daten zur Positionierung bei WTI an der NYMEX belegen, dass die Netto-Long-Positionen der Großanleger in der Woche zum 25. Oktober um 16% auf insgesamt über 184 Tsd. Kontrakte gestiegen sind, den höchsten Stand seit Mai. Der Optimismus birgt die Gefahr stärkerer Korrekturen nach unten.

Auch warnen einige Marktteilnehmer vor einem zu hohen Optimismus, die durchaus gehört werden. Der ehemalige IEA-Präsident Tanaka hält die Ölpreise oberhalb der 100 USD-Marke angesichts der Wirtschaftslage weltweit für „nicht nachhaltig“ und rechnet nicht damit, dass die Lagerbestände wegen der schwachen Nachfrage zurückgehen werden. Damit widerspricht er der offiziellen Einschätzung der IEA, deren Chef er bis August gewesen ist. Wir teilen seine Meinung genauso wie die Einschätzung des Energieministers der VAE, dass die (Brent-) Ölpreise zwischen 80 und 100 USD je Barrel aktuell eher angemessen sind.

Die Risiken auf der Angebotsseite werden u.E. aktuell etwas überschätzt. So dürfte die offizielle Beendigung des NATO-Einsatzes in Libyen die Rückkehr der ausländischen Arbeiter der Ölgesellschaften und damit auch die Produktionsrückkehr beschleunigen. Laut Informationen von National Oil Company werden die Rohölexporte bereits im November auf 350 Tsd. Barrel täglich steigen.

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Edelmetalle

Auch Gold und Edelmetalle werden heute Morgen durch Gewinnmitnahmen und den starken US-Dollar belastet. Gold verliert dabei 2% und handelt nur noch knapp über der Marke von 1.700 USD je Feinunze. Die Großanleger haben ihre Netto-Long-Positionen zuletzt auf 126,6 Tsd. Kontrakte bzw. ein neues 5-Wochenhochausgeweitet. Auch im Falle von Silber wurden die Wetten auf steigende Preise um knapp 14% auf 10,8 Tsd. Kontrakte ausgeweitet, während sich die Anleger im Falle von Platin und Palladium noch zurückhaltend zeigten.

Wir gehen nicht davon aus, dass Gold stärker unter Druck gerät, sondern seinen Aufwärtstrend nach der Korrektur fortsetzen kann. Die japanische Zentralbank hat heute Morgen am Devisenmarkt interveniert und den Yen abgewertet. Das Vertrauen in die Weltleitwährungen dürfte damit weiter schwinden und Gold als Alternativwährung stark nachgefragt bleiben.


Industriemetalle

Nach den starken Preiszuwächsen der vergangenen Tage kommt es bei den Metallen zum Wochenbeginn zu Gewinnmitnahmen. Die schwächeren Aktienmärkte in Asien und der stärkere US-Dollar belasten. Dennoch sind die spekulativen Finanzanleger zuletzt optimistischer geworden. Im Falle von Kupfer haben sie in der Woche zum 25. Oktober ihre Netto-Short-Positionen um 40% auf 5 Tsd. Kontrakte reduziert. Da der starke Preisanstieg von Kupfer zum Teil erst nach dem Datenstichtag erfolgte, dürfte die Positonierung der Anleger an der COMEX mittlerweile neutral sein.

Einige fundamentale Faktoren geben sogar aktuell Anlass zu weiterem Optimismus: So meldete das Nationale Statistikinstitut in Chile für September im Vergleich zum Vorjahr erneut einen Rückgang der Kupferproduktion. Seit Jahresanfang liegt diese mit 3,82 Mio. Tonnen 4,5% unter dem Vorjahresniveau. Chile ist mit einem Marktanteil von 34% der mit Abstand größte Kupferminenproduzent weltweit. Die Produktionsausfälle in Chile können sowieso kaum von den anderen Minenproduzenten ausgeglichen werden, weil der zweitgrößte Minenproduzent Peru auf nur 8% der Weltproduktion kommt.

Aber auch die anderen wichtigen Produzentenländer Peru und Indonesien kämpfen zurzeit vor allem mit streikbedingten Produktionsausfällen. In Peru bestreiken die Arbeiter seit mittlerweile einem Monat die Minenanlage Cerro Verde, die im Vorjahr 300 Tsd. Tonnen Kupfer produzierte. Bereits seit Mitte September läuft der Streik in der dritttgrößten Kupfermine der Welt, Grasberg in Indonesien, die jährlich 550 Tsd. Tonnen Kupfer produziert. Die gesamte Jahrespoduktion weltweit beträgt weniger als 20 Mio. Tonnen Kupfer, was die Signifikanz dieser Zahlen untermauert.


Agrarrohstoffe

Die CFTC-Daten spiegeln für die Woche zum 25. Oktober eine differenzierte Einschätzung der Finanzanleger bezüglich der weiteren Preisentwicklung bei Agrargütern wider. Nachdem die Netto-Long-Positionen bei Mais sechs Wochen in Folge abgebaut worden waren, wurden sie nun um 27 Tsd. Kontrakte auf 187,6 Tsd. Kontrakte aufgestockt. Bei Weizen überwiegen weiterhin die Short-Positionen, netto wurden diese allerdings um 10 Tsd. Kontrakte auf 28,4 Tsd. Kontrakte reduziert.

Wegen der ungünstigen Preisentwicklung dürften einige Anbauflächen für Weizen in den USA zu Gunsten von Mais wegfallen, was den Weizenpreis auf dem aktuellen Niveau unterstützen soll. Bei Sojabohnen dagegen hat sich der Abbau der Netto-Long-Positionen zum achten Mal in Folge fortgesetzt. Die US-Sojabohnenpreise leiden unter dem hohen Angebot aus Südamerika, weil dadurch die US-Exporte deutlich gebremst werden.

Seit Beginn des Wirtschaftsjahres 2011/12 im September liegen die US-Exportmengen um über 30% unter Vorjahresniveau. Die Wetteraussichten lassen auch für die Aussaat und frühe Entwicklung der Sojabohnen in Argentinien und Brasilien viel Positives erwarten. Ein wichtiger positiver Faktor für die hohen brasilianischen Exporte, fällt allerdings weg. Der Real hat die starke Abwertung ggü. dem US-Dollar seit August im Oktober fast vollständig wieder aufgeholt.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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