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Die Hausse am Ölmarkt verselbständigt sich

21.05.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

“Der Ölpreis steigt, weil er steigt, weil er steigt…“. So etwa könnte man das Geschehen am Ölmarkt derzeit beschreiben. Jeder noch so kleine Anlass wird genutzt, neue Höchststände zu markieren. So haben gestern offensichtlich schon positive Kommentare seitens renommierter Hedge-FondsManager ausgereicht, einen weiteren Ölpreisanstieg auszulösen. Man sollte natürlich auch die Nähe zu der nächsten psychologisch wichtigen Marke von 130 USD je Barrel nicht vergessen.

Fällt diese, dürften weitere Investoren auf den Zug aufspringen. Der Verlauf gleicht dem Muster, das wir in unserer Kurzstudie zur Blase am Ölmarkt beschrieben haben, nämlich die Hausse verselbständigt sich und wird eigenleitend. Dieses Verhalten deutet darauf hin, dass das Ende dieses Aufwärtstrends näher rückt und die anschliessende Korrektur weiter verstärkt, da viele Anleger auf dem falschen Fuß erwischt werden.

Symptomatisch für diesen Verlauf ist auch die Reaktion auf die Meldung des Iraks über höhere Reserven … nämlich keine. Im Rahmen des Weltwirtschaftsforums zum Mittleren Osten hat der Irak bekannt gegeben, dass die Reserven im Lande über 350 Milliarden Barrel betragen könnten. Dies würde den Irak an der Spitze der Liste der ölreichsten Länder positionieren.

Die neuen Schätzungen seien auf den Erkundungen führender internationaler Ölkonzerne basiert. Wir vertreten die Meinung, dass die Ölreserven eine Funktion des Ölpreises sind, d.h. bei einem höheren Preis sind diese erheblich höher und die These vom weltweiten Öl-Peak völlig unbegründet ist. Bei einem Ölpreis von 130 USD sind sehr viele zuvor unwirtschaftliche Vorkommen und alternative Produktionsverfahren, wie z.B. Kohle- oder Gasverflüssigung, lukrativ. Die weltweiten Reserven an Rohöl düften erheblich höher sein als zuvor geschätzt und sollten auch in den nächsten 50 Jahren nicht ausgehen. Das Gleichgewicht sollte durch die Preisveränderungen erreicht werden.

Heute Nachmittag werden die Lagerbestände für Rohöl und Ölprodukte in den USA veröffentlicht. Der Konsens rechnet mit einem Anstieg von jeweils 300 Tsd. Barrel, 250 Tsd. Barrel und 1.425 Tsd. Barrel bei Rohöl, Benzin und Destillaten. Wir gehen davon aus, dass der Anstieg sogar höher ausfallen könnte, weil die gestiegenen Preise schon einen negativen Effekt auf die Nachfrage haben dürften. Jedoch glauben wir nicht, dass dies den dynamischen Aufwärtstrend bei Rohöl derzeit stoppen kann.


Edelmetalle

Die Edelmetalle haben sich zuletzt positiv entwickelt. Ein schwächerer Dollar und immer wieder neue Rekorde beim Ölpreis, welche die Inflationsängste schüren, treiben die Edelmetallpreise nach oben. Der CEO von Gold Fields Ltd. schätzt, dass die Minenunternehmen weitere 10 bis 15 Mio Unzen Gold (311 bis 367 Tonnen) aus Hedge-Verpflichtungen zurückkaufen werden. Allein im ersten Quartal belief sich das De-hedging nach GFMS Zahlen auf 128 Tonnen. Vor allem AngloGold Ashanti und Barrick hatten große Teile ihrer Hedge-Bücher aufgelöst. Darüber hinaus gab Sino Gold Mining gestern bekannt, dass man sein Hedge-Book schließen will und knapp 300 Tsd. Unzen Forward-Verkäufe auflösen wird.

Palladium kann von der Stärke des Schwestermetalls Platin nicht profitieren. Das liegt vor allem daran, dass der Palladiummarkt 2007 laut der jüngsten Studie von Johnson Matthey einen deutlichen Überschuss aufwies. Zwar hat die Nachfrage vor allem bedingt durch den steigenden Bedarf für Autokatalysatoren (+10,8%) um 3,5% gegenüber Vorjahr angezogen, aber das Angebot stieg mit 8% spürbar stärker. Die Ausweitung war jedoch nicht auf eine steigende Minenproduktion, sondern vielmehr auf starke Lagerverkäufe zurückzuführen. Da diese im laufenden Jahr wohl niedriger ausfallen werden und die Nachfrage abermals stark zunehmen dürfte, wird eine erneute Festigung des Preises fundamental unterstützt.


Industriemetalle

Die Metalle an der LME waren trotz erneuter Dollar-Schwäche etwas leichter. Zink fällt wieder unter 2300 Dollar je Tonne. Das chinesische Forschungsinstitut Antaike schätzt die Produktionsausfälle durch das Erdbeben auf 60 Tsd. Tonnen, was lediglich 0,5% der Weltproduktion entspräche und angesichts eines Marktüberschusses eher zu vernachlässigen ist. Blei fällt heute Morgen im Dreimonatskontrakt unter 2200 Dollar je Tonne. Das ist das niedrigste Niveau seit knapp 2 Jahren. Vor allem ein deutlicher Lageraufbau an der LME setzt den Preis unter Druck. Seit dem Tief im letzten Herbst haben sich die Vorräte mehr als verdoppelt. Wir denken, dass das Korrekturpotenzial noch nicht ganz ausgereizt ist, weil die Abwärtsdynamik nach wie vor hoch ist.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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