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Wie lange kann der Ölpreis Gustav noch trotzen?

29.08.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölmarkt steht weiter ganz im Zeichen von Tropensturm Gustav. Zunächst stieg der WTI-Preis bis 120 USD je Barrel, um dann innerhalb zwei Stunden auf 114 USD zurückzufallen. Auslöser dieser Korrektur war die Bereitschaft des US-Energieminsiterium und der Internationalen Energieagentur, die strategischen Ölreserven anzuzapfen, sollte es durch Gustav zu größeren Produktionsunterbrechungen kommen.

Mittlerweile notiert der Ölpreis leicht erholt bei 117 USD, ist damit aber angesichts der Nachrichtenlage immer noch auf einem erstaunlich niedrigen Niveau. Laut US-Wetterbehörden wird Gustav am Samstagabend den Golf von Mexiko und zwei Tage später die Küste von Louisiana erreichen. Bis dahin dürfte sich Gustav zu einem Wirbelsturm der Stärke 3 oder höher entwickelt haben. Damit wäre Gustav der stärkste Hurrikan seit Katrina und Rita vor drei Jahren.

Mehrere Ölgesellschaften, darunter Shell, ConocoPhillips, Anadarko Petroleum und BP, haben bereits mit Evakuierungen begonnen. Shell hat angekündigt, alle Arbeiter bis Samstag abziehen zu wollen, wobei die Produktion in Höhe 370.000 Barrel Öläquivalent täglich vollständig eigenstellt wird. Der einzige Tiefwasserhafen der USA, der Louisiana Offshore Oil Port mit einer täglichen Verladekapazität von etwa einer Million Barrel, dürfte am Wochenende ebenfalls seinen Betrieb einstellen.

Noch stärker dürfte allerdings die Herstellung von Ölprodukten betroffen sein, da sich in der Nähe der Golfküste mehr als 40% der US-Raffinerien befinden. Entsprechend ist in den kommenden Tagen mit deutlichen Preisaufschlägen bei Benzin, Diesel und Heizöl zu rechnen. Doch nicht nur durch Gustav könnte es demnächst zu Angebotsstörungen am Ölmarkt kommen. Wie der Daily Telegraph berichtet, könnte Russland die Öllieferungen nach Europa demnächst unterbrechen. Die russische Regierung soll demzufolge einigen Ölgesellschaften Weisung gegeben haben, einen möglichen Lieferstopp nach Europa bereits für den kommenden Montag vorzubereiten. Diese Drohung dürfte mit dem am Montag stattfindenden EU-Sondergipfel zu Georgien im Zusammenhang stehen, auf welchem Sanktionen gegen Russland beschlossen werden könnten. In Anbetracht derartiger Nachrichten überwiegen beim Ölpreis kurzfristig eindeutig die Aufwärtsrisiken, so dass der Ölpreis erneut die Marke von 120 USD erreichen und auch überschreiten sollte.

Erdgas der Sorte Henry Hub verlor gestern in der Spitze mehr als 10% und fiel zeitweise unter 8 USD je mmBtu. Die Lagerbestände stiegen in der vergangenen Woche um 102 Mrd. Kubikfuß und damit stärker als erwartet und deutlich stärker als vor einem Jahr. Derzeit liegen die Lagerbestände 2,5% über dem 5-Jahresdurchschnitt. Die Hurrikansorgen sollten den Gaspreis in den kommenden Tagen aber wieder steigen lassen. Im Golf von Mexiko befindet sich 15% der US-Erdgasproduktion.


Edelmetalle

Gold folgt weiterhin sehr eng den Bewegungen am Devisenmarkt. Gestern erreichte der Goldpreis bei 844 USD je Feinunze sein Tageshoch, als EUR/USD bei 1,48 notierte. Ein festerer Dollar ließ Gold am Nachmittag dann bis auf 825 USD zurückfallen. Schwächere Konjunkturdaten aus der Eurozone (Unternehmensvertrauen, Inflation) könnten heute den Euro belasten und somit einem erneuten Anstieg von Gold entgegenstehen. Mittelfristig gehen wir aufgrund der anziehenden physischen und Investmentnachfrage weiter von einem steigenden Goldpreis aus.

Silber bewegt sich weiter im Schlepptau von Gold. Presstützend waren Meldungen, wonach Mexiko, der zweitgrößte Silberproduzent weltweit, im Juni einen Rückgang der Silberproduktion um 24,4% gegenüber dem Vorjahr verzeichnete. Platin und Palladium profitierten von Hoffnungen auf eine anziehende industrielle Nachfrage. Beide Metalle dürften einen Boden ausbilden und mittelfristig wieder steigen.


Industriemetalle

Chile, der weltweit größte Kupferproduzent, berichtet für Juli einen Rückgang der Kupferproduktion um 5,5% gegenüber dem Vorjahr auf 455,338 Tonnen. In den ersten sieben Monaten zusammen beläuft sich der Rückgang auf 2,3%, was u.a. mit den Streiks im Frühjahr und dem sinkenden Output in der weltweit größten Kupfermine Escondida erklärt werden kann. Trotz der rückläufigen Produktion in Chile, welches immerhin ein Drittel der weltweiten Kupferproduktion stellt, sind die LME-Lagerbestände zuletzt auf über 170 Tsd. Tonnen gestiegen.

Gleichzeitig fielen allerdings die Lagerbestände für Kupfer in Shanghai auf 17.625 Tonnen, den niedrigsten Stand seit Mai 2005. Wir vermuten jedoch, dass es sich beim jünsgten Lagerabbau in Shanghai teilweise um eine Umschichtung der Lagerbestände zwischen verschiedenen Häfen in Asien handelt, weil im gleichen Zeitraum die LME-Lagerbestände in Asien außerhalb China gestiegen sind.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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