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Fundamentale Situation bei Öl bessert sich noch nicht

14.01.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölpreis ist gestern unter Druck geraten und nach der Veröffentlichung der US-Lagerbestandsdaten bis auf 78,4 USD je Barrel gefallen, den niedrigsten Stand seit Jahresbeginn. Dennoch getragen durch freundliche Aktienmärkte stieg der Preis anschließend binnen weniger Stunden wieder auf über 80 USD. Die US-Rohöllagerbestände sind laut US-Energieministerium in der vergangenen Woche um 3,7 Mio. Barrel gestiegen und damit mehr als doppelt so stark wie erwartet.

Die Vorräte an Benzin und Destillaten stiegen ebenfalls um 3,8 bzw. 1,4 Mio. Barrel, vor allem, weil die Raffinerien ihre Produktion hochfuhren. Die Destillatebestände verzeichneten damit den ersten Anstieg seit fünf Wochen, was angesichts der niedrigen Temperaturen in der vergangenen Woche eine Überraschung ist. Einziger Lichtblick in den gestrigen Daten war der Rückgang der Lagerbestände in Cushing um 1,2 Mio. Barrel.

Zusammenfassend lässt sich dennoch sagen, dass die USA mit Rohöl und Ölprodukten reichlich versorgt bleiben, was dem WTI-Preis jegliche Fantasie nach oben nimmt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass in den USA in der kommenden Woche Temperaturen über normal prognostiziert sind, während in Europa die Temperaturen unter normal bleiben sollen. Dies könnte dafür sprechen, dass sich die positive Preisdifferenz zwischen WTI und Brent verringert. Zu dieser optischen Verringerung dürfte auch der morgige Kontraktwechsel bei Brent beitragen, weil der neue nächstfällige Kontrakt aufgrund der ansteigenden Terminkurve knapp 50 US-Cents höher notiert als der auslaufende Kontrakt.

Ein halbes Jahr nach der ersten Ankündigung wird die US-Börsenaufsichtsbehörde CFTC heute Maßnahmen zur Begrenzung der Spekulation und einer höheren Transparenz an den Rohstoffmärkten vorschlagen. Da die Positionenslimits für spekulative Marktteilnehmer anfangs eher großzügig ausgelegt werden sollten, dürfte die Ankündigung den Ölpreis kaum belasten. Wichtig wird außerdem zu sehen ob und wie die bestehenden Ausnahmeregeln für die Swap-Händler, wie z.B. Großbanken, behandelt werden.


Edelmetalle

Laut GFMS haben sich Gold-Investments in 2009 auf 1.820 Tonnen verdoppelt und zum ersten Mal seit 30 Jahren die Schmucknachfrage übertroffen. Diese fiel um 23% auf ein 21-Jahrestief von 1.687 Tonnen. Für das erste Halbjahr 2010 erwartet GFMS eine Erholung der Schmuck- und Industrienachfrage um 17% gegenüber Vorjahr auf 1.246 Tonnen. Die globale Minenproduktion hat sich zum ersten Mal seit vier Jahren wieder erhöht und stieg mit 2.553 Tonnen auf ein 6-Jahreshoch. Im laufenden Halbjahr rechnet GFMS mit einem weiteren Anstieg der Minenproduktion um 3,9% gegenüber dem Vorjahr. Bemerkenswert außerdem ist, dass Australien Südafrika als zweitgrößten Goldproduzenten der Welt hinter China überholt hat.

Die in den USA neu eingeführten ETFs auf Platin und Palladium erfreien sich bereits großer Beliebtheit. Binnen nur vier Handelstagen haben die Fonds 120 Tsd. Unzen Platin und 125 Tsd. Unzen Palladium gekauft, was jeweils 2% der gesamten Jahresnachfrage entspricht.


Industriemetalle

Gemäß Angaben des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie ist die Stahlproduktion in China im letzten Jahr um 13% auf 565 Mio. Tonnen gestiegen. Begünstigt wurde diese Entwicklung vor allem durch das chinesische Konjunkturprogramm. Im laufenden Jahr wird mit einem weiteren Anstieg um knapp 10% auf über 600 Mio. Tonnen gerechnet. Damit würde China fast die Hälfte der weltweiten Stahlproduktion ausmachen. Im Zuge der ausgeweiteten Stahlproduktion haben sich die Eisenerzimporte in China deutlich erhöht. Im Gesamtjahr sind die chinesischen Eisenerzimporte um knapp 42% gestiegen, wobei mittlerweile 66,8 Mio. Tonnen Eisenerz in den chinesischen Häfen liegen.

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Offensichtlich erhoffen sich die chinesischen Stahlunternehmen dadurch eine stärkere Position bei den anstehenden Preisverhandlungen. Nachdem die Kassapreise für Eisenerz zuletzt massiv gestiegen sind und mit 130 USD je Tonne mittlerweile knapp doppelt so hoch wie der Kontraktpreis im Vorjahr liegen, erwartet man nun, dass die Kontraktpreise für Eisenerz um bis zu 50% anziehen werden. Wir halten vorerst an unserer Einschätzung eines 20%-igen Preisanstiegs fest. Man sollte die Angst der chinesischen Stahlunternehmen vor einer Konjunkturverlangsamung nicht unterschätzen, nachdem die chinesische Zentralbank die Liquidität zu entziehen begann. So hat Baosteel, der größte chinesische Stahlproduzent, für Februar überraschenderweise nur wenige Preiserhöhungen für seine Stahlprodukte angekündigt.


Agrarrohstoffe

Einer Umfrage zufolge planen die US-Bauern in diesem Jahr eine starke Ausweitung der Anbaufläche für Baumwolle um 15%. Auch die Flächen für Mais und Sojabohnen sollen um 6% bzw. 5% steigen. Bei Weizen wird hingegen mit einem Rückgang der Anbaufläche um 2% gerechnet. Die Flächenausweitung bei Baumwolle kommt angesichts des Preisanstiegs um mehr als 50% im vergangenen Jahr und dem deutlichen Rückgang der Anbauflächen in den Vorjahren nicht sonderlich überraschend.

Die geringere Anbaufläche bei Weizen korrespondiert mit der Schätzung des US-Landwirtschaftsministeriums vom Dienstag, wonach aufgrund der verzögerten Maisernte im Herbst 14% weniger Ackerflächen mit Winterweizen bestellt worden sind. Aufgrund der hohen Lagerbestände und des reichlichen weltweiten Angebots sind die Preisaussichten bei Weizen zudem gedämpft.

Die Flächenausweitung bei Mais und Sojabohnen kommt angesichts der Rekordernten im vergangenen Jahr dagegen etwas überraschend. Offensichtlich rechnen die Bauern mit einer robusten Nachfrage, welche das steigende Angebot absorbiert. Der deutliche Anstieg der weltweiten Weizenlagerbestände um 60% in den vergangenen zwei Jahren mahnt allerdings zur Vorsicht. Es ist daher vorstellbar, dass es bis zur Aussaat im Frühjahr noch zu Verschiebungen der Anbaupläne kommt. Ansonsten würden sich die Preisaussichten für Mais und Sojabohnen deutlich eintrüben.


DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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