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Griechenland gerettet - weiter im Bullen-Takt?

13.02.2012  |  Klaus Singer
Das griechische Parlament hat gestern dem Spardiktat der Troika zugestimmt und damit die entscheidende Hürde auf dem Weg zur Freigabe von weiteren Hilfsmitteln und einem neuen, internationalen Hilfspaket genommen. Die Regierung in Griechenland will mit Einschnitten im Haushalt und bei den Renten, sowie einer Absenkung des Mindestlohns bis 2015 rund 14 Mrd. Euro sparen. Allein in diesem Jahr sollen es 3,3 Mrd. Euro sein. Man darf gespannt sein, ob die Sparbeschlüsse dieses Mal das Papier wert sind, auf dem sie stehen, denn bisher wurden die Sparvorgaben nur -sagen wir es vorsichtig- sehr unvollkommen umgesetzt.

Am Samstagabend hatte der Übergangs-Ministerpräsident Papademos in einer Fernsehansprache noch vor den Konsequenzen gewarnt, wenn es keine frischen Hilfsgelder gibt: "Eine ungeordnete Insolvenz wäre für das Land ein Abenteuer, das in der Katastrophe endet. Sie würde unkontrollierbares wirtschaftliches Chaos erzeugen und die Gesellschaft zusammenbrechen lassen. "Ob es mit dem Spardiktat kein wirtschaftliches Chaos gibt, ist noch nicht ausgemacht. Ein politisches jedenfalls gibt es jetzt schon - abzulesen an den Tumulten in Athen am Wochenende. Wobei die Demonstranten in einer ruhigen Stunde überlegen sollten, ihre Empörung nicht nur gegen die auswärtige Politik, sondern auch gegen ihre eigene politische Kaste zu richten. Die hat der griechischen Bevölkerung mit Lügen, Vetternwirtschaft, Unfähigkeit und Nichtstun die Suppe schließlich eingebrockt.

So ganz scheinen die Griechen jedenfalls (noch) nicht zu glauben, dass Papademos in Aussicht gestellt hat, die griechische Wirtschaft könnte in zwei Jahren wieder wachsen. Er sagte in derselben Ansprache: "Wenn wir das Programm umsetzen, können wir erwarten, dass es ab 2013 zu einer wirtschaftlichen Erholung und Wachstumsraten zwischen 2,5 und 3 Prozent in den Jahren 2014 und 2015 kommt."

Status quo: Das Land steht mit dem Rücken an der Wand - am 20. März müssen Altschulden in Höhe von 14,5 Mrd. Euro getilgt werden. Mitte der Woche wollen die Eurozonen-Finanzminister, um darüber zu beraten, ob Hilfsgelder frei gegeben werden. Eine wichtige Bedingung ist dabei auch, dass sich die privaten Schuldner auf einen Schuldenschnitt von etwa 70% verständigen und so die Schuldenlast des Landes um nominal 100 Mrd. Euro senken. Es darf also noch ein wenig herumgezittert werden, obwohl kaum jemand daran zweifelt, dass man das Land jetzt nicht pleite gehen lassen wird.

Die Betonung liegt auf "jetzt nicht". Erstens hat nämlich der Vorsitzende der Nea Dimokratia, Antonis Samaras, der wahrscheinlich im April neuer Ministerpräsident wird, bereits angekündigt, dass nach den Wahlen neu verhandelt werden soll. Und zweitens berichtet Eurointelligence, nach "Der Spiegel“ hätten Merkel und Schäuble nun (endlich) realisiert, dass die bisher verfolgte Griechenland-Strategie nicht erfolgreich sein wird. Beide sind aber in ihren früheren (Fehl-)Entscheidungen gefangen. Sie hätten sich entschieden, das Land nicht aus der Eurozone zu werfen, weil die Konsequenzen unkalkulierbar sind. Nach "Spiegel" könnte ein Plan B darin bestehen, das Land demnächst innerhalb der Eurozone pleite gehen zu lassen. Dabei möchten beide jedoch den Eindruck vermeiden, Deutschland sei die treibende Kraft.

Wolfgang Münchau schreibt heute in der FT, die Eurozone habe nichts aus Finanzkrisen anderer Länder gelernt und wiederhole deren Fehler. Er sagt, in drei bis sechs Monaten hätten wir in Griechenland die gleiche Situation wie zuletzt mit neuen Haircuts usw. Eine tragfähige Schuldenquote per 2020 seit nicht, wie angestrebt 120%, sondern 60%. Zudem würde nun Portugal ins Visier genommen, spätestens aber dann, wenn sich die Lage in Griechenland erneut zuspitzt. Das beste sei, jetzt einen Default beider Länder innerhalb der Eurozone zu organisieren und die übrigen Länder vor den Konsequenzen abzuschirmen.

Das Ifo-Institut hat ausgerechnet, dass im Falle eines 100%-igen Defaults von Griechenland bis zu 71,7 Mrd. Euro Belastungen auf Deutschland zukommen. Auch die jetzt wohl kommende Beteiligung von Banken und Versicherungen an der Rettung Griechenlands bleibt nach Berechnungen des Kieler Instituts für Wirtschaftsforschung (IfW) zu einem großen Teil am Steuerzahler hängen. Zwar soll der Forderungsverzicht staatliche Geldgeber nicht treffen, aber indirekt könnten dennoch Belastungen von mehr als 25 Mrd. Euro beim
deutschen Steuerzahlern landen.

Damit ist nach der Rettung Griechenlands in Kürze wieder vor der Rettung.




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