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IWF entspannter ... - "Unsere Freunde" schießen sich auf ein neues Ziel ein!

19.03.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.39 Uhr) bei 1.3165, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3050 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 83.40. In der Folge notiert EUR-JPY bei 109.80, während EUR-CHF bei 1.2065 oszilliert.

Noch im Januar setzte der IWF die globale Wachstumsprognose von 3,9% auf 3,3% herab. Unsere Prognose aus dem Jahresausblick 2011 (3,85% Basisszenario) wurde nicht verändert. Nun rudert der IWF leicht zurück. Frau Lagarde sieht die Weltwirtschaft auf Erholungskurs. Nun ja, die Wirtschaftsdaten lassen auch kaum eine andere Interpretation zu.

Es ist richtig, dass Frau Lagarde auf Risiken hinweist. Rohstoffpreise stellen Risiken dar. Die Preisanstiege könnten aber auch inklusive Lohn-Preisspirale durchgeleitet werden und zu mehr Inflationsdruck führen (Modell 70er und 80 er Jahre).

Die hohe Verschuldung der Industrienationen ist ein weiteres Risiko. Das gilt natürlich vor allen Dingen für die USA und Japan, die sich einer Reformpolitik stringent verweigern und weiter Defizite pro Jahr in Höhe von 7% -10 % auftürmen ganz im Gegensatz zu der Eurozone, wo wir bei circa 3% per 2012 auslaufen werden und die strukturellen Haushaltsdefizite durch Reformpolitik drastisch reduziert haben. Das ist selbst Martin Feldstein, Ökonom der Harvard University aufgefallen. Diese Divergenz zwischen der Eurozone und den USA ist massiv ausgeprägt und von dieser Divergenz „muss aktuell offensichtlich abgelenkt werden“.

Da kommen "unsere Freunde“ aus London und NY ins Spiel, die jetzt wohl ihre kontinentaleuropäischen Kohorten, die sie fraglos haben, mobilisieren wollen.

Da muss doch noch ein klitzekleines europäisches Land vergleichbar zu Griechenland sein, das eine Attacke losgelöst vom Reformpaket "verdient“ und dass sich eignet, damit die ganze Eurozone zu attackieren. Man bedient sich des Stilmittels "Pars pro Toto“ (ein Teil für das Ganze). Das erscheint sachlich recht ambitioniert zu sein, aber einmal hat es ja bereits funktioniert. Wollen wir ein zweites "Event“ zulassen?

"Unseren Freunden“ (aktueller Protagonist Herr El Erian von PIMCO) drängt sich dafür Portugal auf. Portugal hat freiwillig ein härteres Reformprogramm gewählt, als es der IWF und EU forderten.

  • Die positiven Folgen des stärkeren Reformpakets in Richtung Erhöhung des Potentialwachstums werden von "unseren Freunden“ zu 100% ausgeblendet.

  • Durch das stärkere Reformprogramm ist der konjunkturelle Druck kurzfristig größer. Die späteren positiven Effekte für Wirtschaft und Gesellschaft fallen aber auch größer aus!.

  • Die funktionierende Administration ist ein weiterer massiver Unterschied zu Griechenland.

  • Auch die Staatsverschuldung steht bei circa 100% und hat damit bestenfalls das Niveau
    der USA, das für Herrn El Erian offensichtlich unwesentlich ist.

  • Mehr noch hat die Neuverschuldung in Portugal mit der Umsetzung der Reformen zu tun und ist von daher ein temporäres Phänomen (konjunkturell bedingtes Defizit und nicht strukturell bedingtes Defizit). Das haben die USA und Japan noch vor sich.

Es ist bemerkenswert, dass "Profis“ Reformländer so unangemessen angehen und sich sachlicher Würdigung so umfänglich entziehen. Das muss als Ausdruck einer politischen Agenda interpretiert werden.!

Herr El-Erian vom PIMCO hat sich bezüglich negativer Einlassungen zu der Eurozone bereits in der Vergangenheit vorgetan. Wir bedienen uns des Artikels von Reuters. "Portugal wird nach Einschätzung des weltgrößten Anleihenhändlers Pimco bis Ende des Jahres als nächstes Land der Euro-Zone ins Straucheln geraten. "Das erste Rettungspaket wird sich als unzureichend herausstellen", sagte Pimco-Chef Mohamed El-Erian dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Portugal werde seine europäischen Nachbarn und den Internationalen Währungsfonds (IWF) wie zuvor Griechenland erneut um Geld bitten. "Dann gibt es eine große Debatte, wie die Lasten zwischen EU, Kreditgebern, IWF und der Europäischen Zentralbank aufgeteilt werden sollen. Und dann werden die Finanzmärkte nervös, weil sie sich um die Beteiligung des Privatsektors sorgen."

Schätzungen zufolge dürfte die Wirtschaftsleistung Portugals in diesem Jahr um 3,3 Prozent zurückgehen, der stärkste Einbruch seit den 70er Jahren. Die Regierung setzt derzeit ein Sparprogramm um, das Teil eines mit EU und IWF vereinbarten Hilfspakets in Höhe von 78 Milliarden Euro ist.

Nach Ansicht El-Erians wird dieses Jahr entscheidend für die Euro-Zone sein. Er sehe zwei Möglichkeiten: Zum einen, dass sie in Fragmente zerfalle, was eher unwahrscheinlich sei, oder dass die Euro-Zone stärker und zukunftsfähiger, aber kleiner werde.“

Nach meiner bescheidenen Ansicht verdient Portugal Respekt und Vertrauen für die Umsetzung der Reformpolitik. Portugal verdient auch Zeit. Portugal verdient vielleicht auch eine zweite Abschirmung, falls "unseren Freunden“ nicht Einhalt geboten wird. Europa ist gut beraten, den eigenen Verstand einzusetzen und nicht erneut auf die Finanzplätze London und New York zu hören.

Wir sind im Vergleich zu den USA und zu Japan das "Paradepferd“ der Neuverschuldung, der Gesamtverschuldung und der Reformpolitik. Wir gaben ausgeglichene Leistungsbilanzen im Gegensatz zu USA und UK. Wir sind die Patentschmiede der Welt. Soll das wirklich alles geopfert werden?


Werfen wir einen kurzen Blick auf die am Freitag veröffentlichten Daten:

  • Die Handelsbilanz der Eurozone per Januar lieferte in Defizit in Höhe von -7,6 Mrd. Euro nach zuvor +9,1 Mrd. Euro.

  • Die US-Verbraucherpreise legten per Februar im Monatsvergleich um 0,4% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 2,9% wie bereits im Vormonat.

  • Die US-Industrieproduktion war per Februar im Monatsvergleich unverändert (Prognose +0,4%). Der Vormonat wurde von 0,0% auf +0,4% revidiert. In der Folge stellte sich die Kapazitätsauslastung auf 78,7%.

  • Das US-Verbrauchervertrauen nach Berechnung der Uni Michigan sank per März von zuvor 75,3 auf 74,2 Punkte.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2950 - 1.3330 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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