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Die Luft für die aggressive und unsachliche "Anti-Eurozonen Spekulation" wird dünner …

23.08.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (08.06 Uhr) bei 1.2530, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2432 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.55 In der Folge notiert EUR-JPY bei 98.40, während EUR-CHF bei 1.2011 oszilliert.

Losgelöst von dem Eventrisiko der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 12. September kommt es derzeit zu Glattstellungen bei den aggressiven und unsachlichen (bezüglich fundamentalen Fiskaldaten) "Anti-Eurozonen Spekulationen“.

Die Erwartungshaltung "unserer Freunde“ eines zügigen Zerfalls der Eurozone weicht einer angepassten Bewertung. Das gilt für den Euro, das gilt für europäische Aktien und die Anlageklasse der Risikoaktiva insgesamt.

Die Hintergründe für diese Neuausrichtung an den Finanzmärkten sind vielfältig und überzeugend.

  • Der "europäische Chor“ singt einstimmiger als zuvor. Gut, die Finnen haben da noch Stimmbruchsprobleme.
  • Herr Draghi verspricht, alles ins seiner Macht stehende zu tun, um die Integrität der Eurozone zu erhalten.
  • Die deutsche Regierung steht hinter der EZB des Mario Draghi. Das ist förmlich erfrischend.
  • Der Akkord zwischen Herrn Asmussen und Herrn Weidmann ist gemäß der Nachrichtenlage disharmonisch. Herr Weidmann wirkt mit seiner solitären Fokussierung auf Ordnungspolitik in einer Extremlage zunehmend isolierter.
  • Die internationale Kulisse fordert die Politik derEurozone. So lernen US-Finanzminister sogar die Nordseeperle Sylt kennen.
  • Die Griechen begreifen ihr Lage und lenken ein.
  • Die Fed stellt weitere expansive Maßnahmen in Aussicht.
  • China bewegt sich auf dem Pfad einer expansiveren Politik.

Insgesamt ergibt sich eine starke Homogenität der Maßnahmen und Intentionen und genau diese Homogenität und dahinter stehende Feuerkraft führt zu der aktuellen Entspannung an den Finanzmärkten. Es ergibt sich in Ansätzen eine Analogie zu der Situation im Frühjahr 2009.

Herr Samaras machte gestern Furore. Der griechischeMinisterpräsident Antonis Samaras verspricht den Deutschen, dass sein Land die Hilfskredite von weit mehr als 100 Milliarden Euro zurückzahlen wird. "Das garantiere ich persönlich",sagte Samaras der "Süddeutschen Zeitung" von Donnerstag laut Vorabbericht. Vor seinem Besuchbei Kanzlerin Angela Merkel am Freitag kündigte Samaras zugleich neue Reformen an, etwa bessere Investitionsbedingungen und Privatisierungen von Staatsbetrieben. "Ich versichere Ihnen: Wir werden liefern", unterstrich der Parteichef der Neuen Demokratie.

Die Ernsthaftigkeit der aktuellen Regierung wollen wir nicht bezweifeln, aber die Lieferung muss auch erfolgen. Positiv ist anzumerken, dass sich konjunkturelle Lichtblicke im ersten Halbjahr in Griechenland abzeichnen, unter anderem gilt das fürdie Industrieproduktion.

Es liegt mir am Herzen, darauf zu verweisen, dass die Projektionen für die weiteren Entwicklungen von Staatshaushalten in Extremsituationen durch dieElite der Volkswirtschaft und Wissenschaft durchgängig fehlerhaft waren. Es wird zu simplizistisch extrapoliert.

So wurde um 2000 von diesen Kreisen fabuliert, dasses in wenigen Jahren keine US-Treasuries mehr geben würde. Die Realität sieht dramatisch anders aus. Der Staatsschuldenstand liegt derzeit bei 107% des BIP in den USA.

Fakt ist, dass die Reformen in Griechenland fiskalische Traktion haben. Übrigens sind wir hocherfreut, dass die Medien jetzt die umgesetzten griechischen Reformen thematisieren. Damit standen wir die letzten 2 Jahre vollständig alleine. In diesen zwei Jahren wurde Griechenland analytisch und medial "verbrannt“. Trotz eines Einbruchs der Wirtschaft um 15% innerhalb der letzten 2 ½ Jahre wurde die Neuverschuldung von 15,4% auf zuletzt 9,1% reduziert. Sofern es zu spürbaren Wachstum kommt, wird die fiskalische Traktion dieses Wachstums positiv überraschen.

Das gilt es, zu forcieren und Griechenland dabei weiter administrativ und strukturell umzubauen. Werfen wir einen kurzen Blick auf die Vereinigten Staaten:

(Reuters) Die Mittelschicht in den USA hat einer Studie zufolge im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts drastische Verluste erlitten. Seit 2001 sei das durchschnittliche Jahreseinkommen mittelständischer Haushalte von 72.956 auf 69.487 Dollar im Jahr 2010 zurückgegangen, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung des überparteilichen Pew Research Centre. Das Nettovermögen sei von 129.582 auf 93.150 Dollar zurückgegangen. "Amerikas Mittelschicht hat ihr schlimmstes Jahrzehnt der Neuzeit erlebt", schrieben die Forscher. Die Bezieher mittlerer Einkommen, die lange Jahre als Rückgrat der US-Gesellschaft galten, blicken der Untersuchung zufolge pessimistisch in die Zukunft. Sie machen die Politik, Großkonzerne und Banken für ihre Probleme verantwortlich.

Diese Entwicklung ist korreliert mit kreativer Statistik in der Preismessung neben allen ökonomischen Verwerfungen der USA: Eine Fortsetzungdieser Tendenzen riskiert mittel- bis langfristig den gesellschaftspolitischen Konsens der USA.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2200 - 1.2230 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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