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Ist der September 2012 der Wendemonat in der europäischen Schuldenkrise?

19.09.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.47 Uhr) bei 1.3080, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im europäischen Handel bei 1.3114 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 79.20. In der Folge notiert EUR-JPY bei103.60, während EUR-CHF bei 1.2115oszilliert.

In den letzten Wochen gab es signifikante Bewegungen am Finanzmarkt, die allesamt zu Gunsten der Eurozone und damit zu Gunsten des Euros und zu Gunsten der Risikoaktiva der Eurozone ausfielen.

Damit wurde die Profitabilität der aus London und New York geführten aggressiven Positionierung gegen die Eurozone massiv beschädigt. Da diese Positionierung mit der Nichtwürdigung der strukturellen Reformerfolge einherging, begrüßen wir diese Wendung zu einer realistischeren Diskontierung.

Diesbezüglich machen wir noch einmal die Reformerfolge deutlich, die die Eurozone von dem Status Quo und den Tendenzen in Japan und den USA als auch dem UK unterscheiden. Werfen wir zunächst eine Blick auf die Entwicklung der Staatsverschuldung:

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(Daten IWF)


Fakt ist, dass die Eurozone mit den besten Datensätzen aufwartet. Das gilt für den Status als auch die Tendenz, die auf den stärksten Reformen in der Geschichte der Industrienationen beruht. Werfen wir einen Blick auf die Haushaltsdaten per 2012, die strukturellen Haushaltsdaten 2012 (Primärhaushalt = Haushalt ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen des Staates) im Vergleich der wesentlichen Länder der Eurozone mit USA, Japanund UK und das S&P Rating, das mehr Fragen aufwirft, als dass es Antworten gibt:

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Wenden wir uns der Target Debatte zu, die uns unteranderem Professor Dr. Sinn aufzwang. Kernproblem der aufgelaufenen Targetsalden sind dieHandelsungleichgewichte zwischen dem Norden und Süden der Eurozone, die in den letzten Jahren nicht mehr vom Finanzmarkt finanziert wurden. Was hat sich hier in der Waren- und Dienstleistungsbilanz getan? Was haben Herr Prof. Dr. Sinn und seine Kohorten seit mehr als eineinhalb Jahren verschwiegen, denn seitdem sind diese Datensätze bei Eurostat abrufbar und im ForexReport thematisiert?

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Dabei ist entscheidend, dass die Anpassung über Steigerung der Exporte erfolgt:

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Mit anderen Worten ist der Aufbau der Targetsalden Ausdruck der Kapitalflucht aus den Reformländern, die wesentlich dadurch bedingt ist, dass die Reformerfolge nicht von entscheidenden Protagonisten meiner Branche im erforderlichem Maße thematisiert wurden und werden. Wir diskutieren intern die Frage, wer welchen Herren dient …

Der aktuelle Prozess an den Finanzmärkten ist bisher nicht einem Aufbau von Longpositionen im Euro oder kontinentaleuropäischen Risikoaktiva geschuldet, sondern ist lediglich Ausdruck eines Abbaus der Shortpositionen. Damit sind die technischen Signale, die ein überkauftes Niveau für den Euro und europäische Aktien liefern, mit Vorsicht zu genießen. In der aktuellen Lage ist die Aussagekraft der technischen Indikatoren voraussichtlich weniger stark ausgeprägt. Es deutet sich in der Tendenz eine Korrekturbewegung an, die voraussichtlich in der Amplitude als auch vom Zeitverlauf sehr begrenzt ausfallen wird.

Außenminister Westerwelle hält es für möglich, dassder September 2012 der Wendemonat in der europäischen Schuldenkrise sein kann. Wir stimmen dieser Sichtweise zu. Die Politik der Eurozone und das Bundesverfassungsgericht haben geliefert.

Die dargestellte Faktenlage der Defizitentwicklungen und des Abbaus der Handelsungleichgewichte innerhalb der Eurozone bieten einen massive fundamentale Unterlegung insbesondere im Vergleich zu unseren westlichen Konkurrenten USA, Japan und UK.

Nie war die Ausgangslage in den letzten 30 Monaten besser als derzeit für einen Wendepunkt der europäischen Defizitkrise. Es ist Raum für Zuversicht gegeben, es ist kein Raum für Euphorie!Der deutsche ZEW-Index setzte per September sowohl positive als auch negative Signale. Der Sentimentindex legte von -25,5 auf -18,2 Punkte stärker als erwartet (Prognose -19 Punkte) zu. Dagegen verlor der Index, der Auskunft über die aktuelle Lage gibt, stärker als erwartet von +18,2 auf +12,6 Zähler (Prognose +17,7 Punkte).

Wir sind gespannt auf den IFO-Index, wo im Gegensatz zu dem ZEW-Index Manager der Realwirtschaft befragt werden.

Wir nehmen zur Kenntnis, dass aktuell die Wirtschaftsinstitute Wachstumsprognose für Deutschland per 2013 zurücknehmen. Hinsichtlich derPotenz des Wendepunkts in der Defizitkrise tendiere ich in die entgegen gesetzte Richtung. DieEuropäische Defizitkrise war der wesentlichste Katalysator der globalen Wachstumsabschwächung. Sinkt dieses Risiko baut sich erhöhtes Potential auf. Wir greifen dem Jahresausblick 2013 damit ein Stück weit vor …

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Der "NAHB-Index” aus den USA signalisiert, dass es per Berichtsmonat September weiter am US-Wohnimmobilienmarkt bergauf geht. Der Index legte von zuvor 37 auf 40 Punkte zu (50 Punkte = neutrale Lage). Damit markierte der Index das höchste Niveau seit Juni 2006.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2600 - 1.2630 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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