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Verzerrungen am Ölmarkt nehmen weiter zu

15.02.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentpreis steigt auf 104 USD je Barrel, den höchsten Stand seit September 2008. Anhaltende Proteste im Nahen Osten und auch im Iran sorgen für einen weiteren Anstieg der Risikoprämie auf den Ölpreis, wovon Brent stärker profitiert als WTI. Gestern bewegten sich die beiden Ölpreise in entgegengesetzte Richtungen. Während Brent steigen konnte, gab WTI nach. Die Preisdifferenz zum vergleichbaren WTI-Kontrakt hat sich im Zuge dessen wieder auf 15 USD ausgeweitet. Die Preisdifferenz zwischen den beiden nächstfälligen WTI-Kontrakten beläuft sich mittlerweile sogar auf knapp vier US-Dollar. Die Verzerrungen bei den Ölpreisen nehmen somit weiter zu. Wir haben zu dieser Thematik gestern ein "Rohstoffe kompakt" veröffentlicht.

Wir rechnen damit, dass sich die Preisdifferenz in den kommenden Monaten wieder auf die üblichen 1-2 USD einengen wird, wobei Brent einen Preisaufschlag dauerhaft beibehalten wird. Kurzfristig dürfte der immense Preisunterschied jedoch bestehen bleiben und könnte sich sogar noch weiter ausweiten. Dafür könnten auch die anstehenden US-Lagerdaten sorgen. Kommt es hier zu einem erneuten Lageraufbau in Cushing, dürfte der nächstfällige WTI-Kontrakt nochmals unter Druck geraten und sich die WTI-Terminkurve weiter versteilern. Die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI könnte dann wieder die in der vergangenen Woche gesehenen 16 USD erreichen.

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Das American Petroleum Institute veröffentlicht die Lagerdaten heute Abend nach Handelsschluss, das US-Energieministerium morgen Nachmittag. Aufgrund der Fertigstellung einer weiteren nach Cushing führenden Pipeline könnte der Zufluss nach Cushing in den kommenden Wochen sogar noch zunehmen.


Edelmetalle

Insbesondere die Edelmetalle mit industriellem Charakter legten gestern im Zuge des allgemein hohen Risikoappetits deutlich zu. Vor allem Silber und Palladium stellten mit einem Plus von jeweils rund 2,5% Gold wieder einmal klar in den Schatten. Abflüsse aus den Palladium-ETFs hatten dabei keine Auswirkungen auf den Preis. Aber auch das gelbe Edelmetall verteuert sich seit gestern moderat auf 1.365 USD je Feinunze. In Euro gerechnet hält sich Gold mit knapp 1.015 EUR je Feinunze in der Nähe des gestern verzeichneten 4-Wochenhochs.

Die Finanzminister der Eurogruppe haben eine Ausweitung des Volumens des EU-Rettungsschirms (EFSF) beschlossen. Damit können nun bis zu 500 Mrd. EUR an Hilfsgeldern verteilt werden. Dies zeigt aber auch, dass die Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern noch lange nicht überwunden ist. Zudem bedeutet die Entscheidung der Finanzminister keine Entlastung für die Schuldenkrise. Wichtiger dürfte die Vorstellung von „umfassenden und überzeugenden Schritten zur Überwindung der Staatsschuldenkrise“ sein, die von EU-Kommissar Rehn gestern nochmals angekündigt wurde. Sollte die aktuelle Euphorie abebben und die Schuldenkrise wieder mehr in den Fokus der Marktteilnehmer rücken, dürfte der Goldpreis von dieser Seite her gut unterstützt sein. Bis dahin sollten jedoch die anderen Edelmetalle mehr in der Gunst der Anleger stehen.


Industriemetalle

Dank des hohen Risikoappetits der Marktteilnehmer konnten die Metallpreise deutlich zulegen. Kupfer erreichte am Morgen zwischenzeitlich bei knapp 10.200 USD je Tonne ein neues Rekordhoch, Zinn markierte ebenfalls ein neues Allzeithoch. Nickel stieg auf 29.000 USD je Tonne und damit den höchsten Stand seit Mai 2008. Gebremst werden könnte die Euphorie durch Konjunkturdaten aus China, wo sich die Inflation im Januar wieder auf 4,9% beschleunigt hat. Zwar fiel die Steigerungsrate nicht so deutlich aus wie zunächst befürchtet, dennoch besteht weiterhin die Notwendigkeit für Maßnahmen zur Bekämpfung der Teuerungsrate und der überhitzten lokalen Wirtschaft. Dies könnte im Endeffekt in einer niedrigeren Rohstoffnachfrage resultieren. Die bisherigen Maßnahmen hatten allerdings noch keinen bremsenden Effekt, wie die gestern veröffentlichten Importdaten zeigten.

Der Kassa-Preis für Eisenerz nähert sich der Marke von 200 USD je Tonne. Im Hafen von Tianjin, dem wichtigsten Importhafen für Eisenerz in China, wurden gestern knapp 190 USD je Tonne gezahlt. Unterstützt werden die Preise durch hohe Importe. So sind die Eisenerzeinfuhren im Januar auf einen Rekordwert von 69 Mio. Tonnen gestiegen. Dies deutet zugleich auf eine hohe Produktionsaktivität der Stahlhersteller hin. Aufgrund einer hohen ausländischen Nachfrage hat China im Januar 3,12 Mio. Tonnen Stahl exportiert, 9,5% mehr als im Dezember. Die hohe Nachfrage gepaart mit steigenden Rohmaterialkosten lässt vermuten, dass auch die Stahlpreise weiter erhöht werden.


Agrarrohstoffe

Die Notierungen für Mais und Sojabohnen gaben im gestrigen Tagesverlauf leicht nach, da die diesjährige Maisfläche angesichts der attraktiven Preise laut USDA um über 4% auf 92 Mio. Morgen und die für Sojabohnen um ein knappes Prozent auf ein Rekordhoch von 78 Mio. Morgen ausgedehnt werden sollen. Bei Baumwolle wird sogar angesichts der Rekordpreise mit einer Ausdehnung um weitere 19% auf 12,8 Mio. Morgen gerechnet. Insgesamt soll bei den acht wichtigsten Pflanzen der Flächenzuwachs 10 Mio. Morgen (4%) betragen. Dabei soll auch auf Flächen zurückgegriffen werden, die zuvor in Umweltprogramme eingebunden waren. Ende März wird das USDA die Ergebnisse einer zuvor noch durchzuführenden Umfrage unter Farmern zu den tatsächlichen Anbauplänen veröffentlichen.

China hat seine Importe an Sojabohnen nach Angaben der Zollbehörde im Januar um 26% gegenüber dem Vorjahreswert auf 5,14 Mio. Tonnen erhöht. Im Februar könnte angesichts der kürzlich von der chinesischen Regierung eingeführten Preiskontrollen bei Sojaöl und damit niedrigerer Verarbeitungsmargen die Nachfrage nach Importen an Sojabohnen zur Weiterverarbeitung etwas nachlassen. Regen in wichtigen Anbaugebieten Brasiliens schürt derweil die Hoffnung, dass bei der anlaufenden Sojabohnenernte der Rekordwert des Vorjahres von 69 Mio. Tonnen übertroffen werden könnte.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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