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Bundesbank mit neuer Führung - Neugestaltung des Weltfinanzsystems

17.02.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute morgen bei 1.3575 (07.20 Uhr), nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden im europäischen Geschäft bei 1.3463 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 83.55. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.45, während EUR-CHF bei 1.3015 oszilliert.

Jens Weidmann (zuvor Kanzleramt, ausgeliehen von der Bundesbank) wird Nachfolger von Axel Weber an der Spitze der Deutschen Bundesbank. Frau Lautenschläger (BaFin) wird den Vizepräsidenten der Deutschen Bundesbank Herrn Zeitler ersetzen.

Es handelt sich hier um eine Neubesetzung, die den Bundesbankvorstand deutlich verjüngt. Ob damit Brüche, beispielsweise in der Form der Kommunikationspolitik, einhergehen bleibt abzuwarten. Eine Neuausrichtung weg von der Stabilitätspolitik steht nicht auf der Agenda. Der Wechsel an der Spitze forciert derzeit dennoch Diskussionen am Finanzmarkt über die Stabilitätsausrichtung der Bundesbank, da Herr Weidmann zuletzt im Kanzleramt federführend für den Bereich Wirtschaft und Krisenmanagement zuständig war. Ergo wird ihm zu große Nähe zur Politik unterstellt, die den Status der Unabhängigkeit der Bundesbank gefährden könnte.

Dieser Blick ist unseres Erachtens zu eindimensional. Trotz dieser offensichtlichen Nähe zur Politik gilt es, den "Trackrecord" von Herrn Weidmann maßgeblich zu würdigen. Diesbezüglich muss er als Kenner der Materie und erfolgreicher Krisenmanager klassifiziert werden. Die politischen Kontakte, die er hat, können im Gegenteil für die Bundesbank genutzt werden. Da er aus der Bundesbank kommt und Axel Weber als "Falke" sein Förderer war, darf unterstellt werden, dass die Unabhängigkeit der Bundesbank nicht zur Disposition steht. Ergo ist bezüglich der Position Zuversicht sachlich geboten.

Die Besetzung des Postens des Vizepräsidenten mit Frau Lautenschläger bringt eine profunde Expertin aus dem BaFin in eine Führungsposition der Bundesbank. Hinsichtlich der Aufgabenstellung der Bankenüberwachung ist diese Wahl sachlich als nachhaltig und Ziel führend zu werten. Die Direktheit und Klarheit, die Frau Lautenschläger nachgesagt wird, darf man in Richtung einer geringer ausgeprägten politischen Korrektheit, aber in Richtung sachlicher Korrektheit interpretieren. Das erfreut uns aus tiefstem Herzen.

Wir wünschen beiden Kandidaten das Quäntchen Glück, das jeder braucht, um nicht nur Erfolg, sondern großen Erfolg zu haben.

Die Neugestaltung des Weltfinanzsystems kommt langsam in die Gänge. Nach Frau Lagardere hat sich nun das deutsche Finanzministerium zu Wort gemeldet. Laut dem deutschen Finanzministerium wird die G-20 Veranstaltung eine Arbeitsgruppe zu Reformen des Weltwährungssystems einsetzen. Arbeitsgruppen sind immer gut. Übersetzt heißt das, dass es nicht zu kurzfristigen Brüchen kommen wird. Rekord-Währungsreserven, mögliche Diversifikation und die Rolle der Sonderziehungsrechte werden Themen sein. Das ist verständlich, es handelt sich um die gegenwärtige Realität oder "Toolbox". Bezüglich der globalen Ungleichgewichte stehen fünf Indikatoren voraussichtlich im Zentrum der Debatte:
  • Leistungsbilanzsaldo,
  • reale Wechselkurse,
  • Währungsreserven,
  • Schuldenstand
  • und private Sparquote.

Deutschland lehnt konkrete Zielvorgaben ab. Das ist richtig, Soll etwa die Leistungsfähigkeit einer mittelständischen Wirtschaft durch Quoten drangsaliert werden? Das wäre die Aufgabe des Prinzips einer freiheitlichen Wirtschaft. Hier gilt es, die deutsche Position zu unterstützen. Die Schwachen sollten sich nach den Besten ausrichten und nicht umgekehrt. Das wäre schlicht weg und ergreifend antiautoritär. Die Versuche in diesen Feldern sind gesellschaftspolitisch (68er) und banktechnisch (Kreditvergabe ohne Ansehen der Person und des Objekts) gescheitert.

G-20 will darüber hinaus erörtern, wie die Volatilität der Kapitalströme eingedämmt werden kann, ohne vom Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit abzurücken. Wir sind auf die Vorschläge gespannt. Heißt das dann Handel in definierten Bandbreiten a’la EWS oder heißt es verdeckte Interventionen durch Mitglieder der Bankenaristokratie im Fahrwasser des Konglomerats G-20 Regierungen/Zentralbanken? Letzteres Thema würde Fragen über Transparenz und Vorteilnahme aufwerfen, die den Ansprüchen des perfekten Marktes und freier Gesellschaften nicht entsprechen.

Wenden wir uns den gestrigen Veröffentlichungen aus den USA zu. Sie lieferten ein ambivalentes Bild.

Die Neubaubeginne per Januar setzten mit einem unerwarteten Anstieg um 14,6% auf 596.000 Objekte (Prognose 540.000) in der annualisierten Fassung einen nachhaltigen positiven Akzent. Der Vormonatswert wurde von 530.000 auf 520.000 revidiert.

Der Chart verdeutlicht, dass das Thema Bodenbildung konsensfähig ist. Das Thema Trendwende ist unverändert als ambitioniert zu betrachten.

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Die Baugenehmigungen sanken den Erwartungen entsprechend von zuvor 627.000 um 10,4% auf 562.000 in der annualisierten Fassung.

Die US-Erzeugerpreise legten um 0,8% (Prognose 0,8%) im Monatsvergleich zu. Im Jahresvergleich stellte sich eine Zunahme um 3,6% (3,5% Prognose) nach zuvor 4,0% ein.

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Die US-Industrieproduktion sank in den USA per Januar um -0,1%. Die Prognose lag bei +0,5%. Auf ersten Blick ist das durchaus ernüchternd. Die Revision des Vormonats von 0,8% auf 1,2% nivelliert das Bild jedoch deutlich. In der Folge sank die Kapazitätsauslastung von revidiert 76,2% (zuvor 76,0%) auf 76,1%.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3210 - 1.3240 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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