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Japans Katastrophe im Fokus - Risikoaversion nimmt zu - Positive Signale aus Brüssel

14.03.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.15 Uhr) bei 1.3935, nachdem im asiatischen Geschäft Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3985 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 82.10. In der Folge notiert EUR-JPY bei 114.45, während EUR-CHF bei 1.2940 oszilliert.

Derzeit fällt es schwer, den Report geschäftsmäßig zu formulieren. Das Drama und die Tragödie, die sich in Japan vor unseren Augen abspielt, zwingt zu einer inneren Einkehr, die nur schwer mit einem nüchternen Ton zu Wirtschaftsentwicklungen oder Finanzmarktentwicklungen passt.

Mehr noch sind wir vor der aktuellen Gemengelage gefordert, unsere westliche Philosophie des schnellen Geldes zu hinterfragen. Wie wichtig ist Nachhaltigkeit und wie unwichtig ist eigentlich Quartalsreporting? Macht es Sinn, sich den bilanziellen Anforderungen des Sprints (seit Beginn der 90er mit verschärfender und vor allen Dingen prozyklischer Wirkung forciert aus den Bankplätzen NY und London) zu unterwerfen, wenn der Anspruch an Wirtschaft Marathon ist?

Die japanische Regierung agiert derzeit mit Umsicht, um die Situation in den Griff zu bekommen. Die Bank of Japan handelt in diesem Umfeld sensibel. Sie stellt dem Finanzmarkt Liquidität in Höhe von 62 Mrd. Euro zur Verfügung, um potenziellen Engpässen zu begegnen. Zusätzlich weitet die Bank of Japan das Wertpapierankaufprogramm von zuvor 35 auf 40 Billionen JPY (knapp 350 Mrd. Euro) aus. Internationale Hilfe läuft für Japan an.

Kurzfristig sind die Folgen für Japans Wirtschaft erheblich. In Japan ergeben sich bedingt durch den Tsunami und die Atomkatastrophe Engpässe in der Stromversorgung (Atomstrom -50%) mit negativen Folgen für die Wirtschaft. So setzen die japanischen Autobauer Toyota und Nissan ihre Produktion aus. Wie lange dieses Versorgungsproblem anhält, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen.

Mittel- und langfristig ergeben sich bezüglich des Wiederaufbaus unter Wachstumsgesichtspunkten positive Potentiale. Es mag makaber klingen, aber Katastrophen haben genau diese Qualität, sofern in diesen Ländern, die betroffen sind, ausreichend Kaufkraft und Kreditwürdigkeit gegeben ist. Das ist bei Japan derzeit gegeben.

Die negative Durchwirkung auf die Weltwirtschaft ist nur bedingt und vor allen Dingen kurzfristig gegeben. Der Anteil Japans am Welt-BIP liegt bei circa 6%. Daraus lässt sich kein substantielles Risiko ableiten. Hinsichtlich des Wiederaufbaus ergibt sich hier mittel- und langfristig eher ein positiver Impuls für die globale Wirtschaft.

Die Debatte um die Rolle der Atomenergie, die erfolgen wird und erfolgen muss, sollte nicht unterschätzt werden. Natürlich ist die Frage, ob es sinnvoll ist, Atomkraftwerke auf dem pazifischen Feuerring zu errichten, Ziel führend. Diese Frage alleine verdeutlicht übrigens, dass die Situation in Japan nicht notwendig mit anderen Regionen vergleichbar ist.

Schlussendlich ist zu erwarten, dass die Rolle der Atomkraft im internationalen Energiemix durch die derzeitige Katastrophe negativ beeinflusst wird.

Eine Neuausrichtung in der Energiepolitik ist im Zweifelsfall Kosten treibend. Daraus ergibt sich Sand im weltwirtschaftlichen Getriebe als auch inflationärer Druck durch Kostensteigerung. Derzeit ist die Amplitude der Neuausrichtung nicht vollständig abschätzbar. Sie wird jedoch nicht geeignet sein, eine Trendwende in der Weltwirtschaft zu begründen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass kurzfristig Risikoaversion in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten zunehmen wird. Andauernd wird dieses Phänomen nicht sein.

Zu dieser These passt dann auch die Neueinschätzung des deutschen Wachstums seitens der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Die 3 steht laut KfW per 2011 für das deutsche Wachstum vor dem Komma. Wir freuen uns, dass unsere Meinung Zuspruch erfährt.

Aus Brüssel kommen positive Signale. Die Reform kann voraussichtlich am 24./25. März 2011 durchgewinkt werden.

Die verfügbaren Mittel aus dem Schutzschirm werden von zuvor 250 Mrd. Euro auf 440 Mrd. Euro erhöht. Im Rahmen des EFSF können auch Staatsanleihen angekauft werden. Damit wird die EZB entlastet.

Griechenland und Portugal haben sich zu verschärften Sparanstrengungen bereit erklärt. So wird Griechenland Staatseigentum in Höhe von 50 Mrd. Euro verkaufen (Staatsschuld bei 275 Mrd. Euro) und eine strikte Schuldenbremse verankern. Als Gegenleistung erhält Griechenland niedrigere Zinssätze bei den Krediten.

Irland zeigt sich derzeit noch wenig willig, mehr Rekonfiguration (Steuersätze) zu leisten. Bis zum nächsten Treffen dürfen wir aber auch hier Bewegung erwarten.

Die 17 Euro-Staaten werden sich zukünftig in der Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik abstimmen. Die politische Konvergenz der Eurozone nimmt als Resultat zu.

Europa kommt voran - das ist der Unterschied zu den USA ….


Werfen wir einen kurzen Blick auf die US-Daten vom letzten Freitag:
  • Die US-Lagerbestände legten im Monatsvergleich um 0,94% nach zuvor 1,1% zu. Der Absatz nahm um 2% zu. In der Folge sank das Verhältnis zwischen Lagerbestand und Absatz von 1,25 auf 1,23 Monatsumsätze.

  • Die US-Einzelhandelsumsätze stiegen per Februar um 1,0% im Monatsvergleich. Im Jahresvergleich stellte sich ein nominaler Anstieg um 8,9% nach zuvor 8,1% ein.

  • Die vorläufige Berechnung des Verbrauchervertrauens nach Lesart der Uni Michigan enttäuschte per Berichtsmonat März. Es kam zu einem Einbruch von zuvor 77,5 auf 68,2 Punkte. Die Prognose lag bei 76,5 Zählern. Hintergrund sind steigende Energiepreise als auch politische Unsicherheit in Nordafrika und dem arabischen Raum.


Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein nachhaltiges Unterschreiten der Bandbreite 1.3420-1.3450 neutralisiert den positiven Bias des Euro.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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