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Europa beruhigt - USA zeigen sich weiter von der schwächlichen Seite …

06.06.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen bei 1.4635 (07.35 Uhr), nachdem im asiatischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden im Bereich von 1.4657 gehandelt wurden. USD/JPY stellt sich auf 80.30. In der Folge notiert EUR-JPY bei 117.55, während EUR-CHF bei 1.2215 oszilliert.

Seit dem letzten Forex Report am 1. Juni ist viel passiert. Griechenland erhält die nächste Tranche aus dem 110 Mrd. Euro Paket. Dafür verpflichtet sich Griechenland zu weiteren Sparmaßnahmen in einer Gesamthöhe von 78 Mrd. Euro in den kommenden Jahren. Öffentliche Beschäftigung wird weiter reduziert. Eine Agentur zur Verwertung von Staatseigentum wird gegründet.

Der Spiegel berichtet von einem neuen Hilfspaket für Griechenland in einem Volumen von bis zu 100 Mrd. Euro. Laut Spiegel beharrt der deutsche Finanzminister auf einer Beteiligung der privaten Gläubiger an einem solchen Paket.

Damit ist Griechenland zunächst einmal für den Finanzmarkt als imminenter Belastungsfaktor neutralisiert. Wir wünschen Griechenland etwas mehr Ruhe, so dass die Reformen sich auch in der Wirtschaft und in der Folge der Fiskallage niederschlagen können (positive Skaleneffekte gegenüber bisher negativen Skaleneffekten w/Kontraktion des BIP).

An dieser Stelle ist ein weiteres Thema aufzumachen. Das Wesen der Griechen ist, soweit ich sie kenne, geprägt von Pathos bezüglich Historie der Griechen und damit verbundenem Patriotismus als auch dem Begriff der Ehre. Mit einem Zwinkern verweisen wir auf den Film "My big fat Greek wedding", um in das Thema einzusteigen.

Diejenigen Griechen, die sich dieser Übungen befleißigen und sehr wohlhabend sind (davon gibt es sehr viele!), auch weil sie das bisherige Regime für sich zu nutzen wussten, sollten sich nicht nur in billiger Rhetorik üben, sondern nach diesen Grundsätzen handeln. Dann wäre Griechenland geholfen und sie würden Glaubwürdigkeit erfahren …

Diese Gruppe ist für viele Fehlentwicklungen verantwortlich - jetzt ist der Zeitpunkt für Solidarität gekommen! Kapitalflucht entspricht dieser Solidarität nicht!

Auch das Thema Portugal eignet sich nicht, neue Spekulationswellen gegen den Euro zu reiten. Die konservativen Parteien gehen in den Wahlen in Portugal als deutlicher Sieger hervor. Die Ära Socrates ist damit beendet.

Da die Opposition sich dem Sparpaket gegenüber verpflichtet hat, ist dieser Regierungswechsel für die Reformpolitik von keiner Relevanz. Wesentlich ist eine zügige Regierungsbildung, um die Umsetzung der Maßnahmen zu gewährleisten.

Die Eurozone ist weiter das Erfolgsmodell im Bereich der großen Wirtschaftsregionen - wir reformieren unsere mit Strukturproblemen behafteten Länder in einer historisch einmaligen Art und Weise. Die gesamte Neuverschuldung der Eurozone auf öffentlicher Basis wird per 2011 mit voraussichtlich weniger als 4,3% des BIP ausfallen und hebt sich extrem positiv gegenüber den USA (10%+), dem UK (10%+) und Japan (10%+) ab.

Wir haben jeden Grund, unsere Erfolge nicht klein zu reden und auch nicht klein reden zu lassen!

Wenden wir uns den USA zu. Die Wirtschaftsdaten der USA sind nach unserer Auffassung Ausdruck dafür, dass die USA unverändert nicht zu nachhaltigen Reformen bereit sind. Das konjunkturelle Bild der USA lässt sich nicht auf die Weltwirtschaft extrapolieren. Hinsichtlich der Strukturschwächen der USA wirken sich Phasen des "Ausatmens" in der Weltkonjunktur innerhalb des positiven Gesamttrends überproportional belastend in den USA aus. Die USA takten nicht die Weltwirtschaft, sondern die Weltwirtschaft taktet den Konjunkturverlauf der USA in dem Bereich der international korreliert ist. Der binnenwirtschaftliche Teil bleibt von nicht oder wenig selbstragenden Elementen bestimmt.


Werfen wir einen Blick auf die Fakten:

Der ISM-Manufacturing Index sank per Mai von zuvor 60,4 auf 53,5 Punkte. Die Konsensusprognose lag bei 57,7 Zählern.

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Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich in der letzten Berichtswoche per 28. Mai auf 422.000. die Erwartungen der Marktbeobachter waren bei 416.000 angesiedelt.

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Der Bloomberg Consumer Comfort Index (früher: ABC News Money Magazine Consumer Comfort Index) legte in der Berichtswoche von zuvor -48,4 auf -47,1 Punkte zu. Der Index bleibt trotz des Anstiegs in den letzten beiden Wochen auf einem prekären Niveau.

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Der US-Auftragseingang sank per Berichtsmonat April im Monatsvergleich um -1,2%. Die Konsensusprognose lag bei -1,0%. Fraglos ist hier auch eine Reaktion auf den starken Vormonatswert von +3,8% gegeben. Dennoch bleibt Fakt, dass die Erwartungshaltung enttäuscht wurde.

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Der ISM-Dienstleistungsindex legte per Mai von zuvor 52,8 auf 54,6 Punkte zu. Die Konsensusprognose bei 54,0 Zählern wurde damit übertroffen. Wir hatten in dem Vormonat bei dem unerwarteten Einbruch von 57,3 auf 52,8 Punkten von einer emotionalen Anomalie gesprochen. Das war dann wohl auch so ….

Werte über 50 Punkten signalisieren Wachstum. Das Wachstum ist nicht mehr so dynamisch wie im ersten Quartal. Es handelt sich aber immer noch um solides Wachstum auf dem erhöhten Sockel.

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Der US-Arbeitsmarktbericht konnte nicht überzeugen. Per Mai legte die Arbeitslosenquote von zuvor 9,0% auf 9,1% zu.

Die Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft nahm um 54.000 Jobs zu. Die Prognose lag bei 185.000. Die Revisionen der beiden Vormonate reduzierten den Jobaufbau um 39.000. Die wöchentliche Arbeitszeit verharrte bei anämischen 34,4 Stunden. Positiv bleibt anzumerken, dass den achten Monat in Folge Jobaufbau laut dieser Statistik auf der
Agenda steht.

Kritisch bleibt festzustellen, dass die größte Intervention in der Geschichte der USA die geringste Traktion am US-Arbeitsmarkt mit sich brachte. Dieser Umstand ist Beleg für die strukturelle Fehlsteuerung der US-Wirtschaft im Rahmen der Deindustrialisierung und Hinwendung zu finanzwirtschaftlich geprägten Strukturen. Der Chart (Volumen der Beschäftigung) verdeutlicht das strukturelle Dilemma der USA:

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  • Weder die Struktur der US-Wirtschaft noch der aktuelle Datenkranz kann nachhaltig überzeugen.

  • Die politische Situation ist in den USA von einer ideologischen Auseinandersetzung geprägt, die nur sehr schwer tragfähige und Ziel orientierte Politik ermöglicht.

  • Die Haushaltslage ist prekär. Das Schuldenlimit ist faktisch erreicht. Es gibt keinen nachhaltigen Plan zur Reduzierung der Schuldenlast, der auch nur in Ansätzen mit der Qualität der europäischen Reformpolitik vergleichbar wäre.

Vor diesem Hintergrund ist weitere sukzessive Schwäche des USD im hohen Maße wahrscheinlich.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.4220-50 verändert die Situation.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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