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Wie manipuliert ist der Goldpreis? Ein Blick hinter die Kulissen der COMEX

13.09.2017  |  Ronan Manly
- Seite 4 -
Es gibt übrigens auch keine unabhängige Prüfung der gemeldeten Goldvorräte. Wir können also unmöglich wissen, ob die Angaben in den Berichten der COMEX korrekt sind. Die HSBC behauptet z. B., in ihrem von der COMEX zugelassenem Lagerhaus insgesamt über Goldbestände von 165 Tonnen Gold zu verfügen, doch lediglich 1,5 Tonnen sind zur Lieferung freigegeben. Dieses Lagerhaus befindet sich auf den unteren Etagen in 1 West 39th Street, Manhattan.

Ich habe jedoch von einem früheren leitenden Angestellten der New Yorker Federal Reserve erfahren, dass die HSBC nur wenig Gold in ihren New Yorker Tresoren lagert, weil sie nach den Anschlägen vom 11. September aus Sicherheitsgründen große Teile ihrer Bestände nach Delaware verlegt hat. Wenn das stimmt, dann stellt sich die Frage, ob sich die im Bericht der COMEX angegebene Menge auf das Gold in Manhattan oder auf die gesamten Bestände in Manhattan und Delaware bezieht.

Die Lagerhäuser melden darüber hinaus einen weiteren Posten in ihren Beständen, das Gold der Kategorie "Eligible". Dieses steht in keinem Zusammenhang mit dem Futureshandel an der COMEX und kann den unterschiedlichsten Besitzern gehören, z. B. Prägestätten, Scheideanstalten, Juwelieren, Investmentfonds, Banken oder Privatpersonen, die ihr Gold zufällig in den gleichen Lagerhäusern verwahren lassen, die auch die COMEX nutzt, beispielsweise bei Brinks.

Bei den Goldbeständen der Kategorie "Eligible" handelt es sich sozusagen um "unbeteiligte Zuschauer" und um Gold, das nur zufällig in einem der anerkannten Lagerhäuser und in Form von 100-oz-Barren oder 1-kg-Barren verwahrt wird. Im Moment belaufen sich diese Bestände auf 243 Tonnen. Ein Teil dieses Goldes befindet sich wahrscheinlich im Besitz der Bullionbanken, die am Goldterminmarkt der COMEX tätig sind, denn von Zeit zu Zeit wird Gold von der Kategorie "Eligible" in die Kategorie "Registered" überführt. Doch so lange es als "Eligible" klassifiziert ist, ist es nicht zur Auslieferung über die COMEX verfügbar.

Da das Open Interest derzeit 1.500 Tonnen Gold entspricht und insgesamt nur 22 Tonnen physisches Gold verfügbar sind, gibt es aktuell für jede Unze Gold in der Kategorie "Registered" 68 Marktteilnehmer mit Besitzansprüchen. Seit Anfang 2017 hat sich die Zahl der "Besitzer je Unze" mehr als verdoppelt, von 30 auf den aktuellen Wert von 68. Grund dafür ist der ausgeprägte Rückgang der lieferbaren Goldbestände in diesem Zeitraum.

Selbst wenn wir alles Gold der Kategorie "Eligible" in den New Yorker Tresoren berücksichtigen, gibt es noch immer 5,7 "Besitzer" für jede Unze Gold. Da dieses Gold jedoch vom Terminhandel an der COMEX unabhängig ist, ist eine solche Berechnung wenig aussagekräftig. Das physische Fundament des Goldfutureshandels ist winzig im Verhältnis zum Handelsvolumen und zum Open Interest. Nichtsdestotrotz steigt das Handelsvolumen und die Zahl der Trader, die zur selben Zeit Besitzansprüche auf das gleiche Gold haben, weiter an, während die physischen Bestände zur Deckung der Kontrakte abnehmen.


Die wichtigsten Akteure

In den Commitments of Traders (COT) Reports der US-Börsenaufsichtsbehörde CFTC sind unter anderem die Daten zur Marktkonzentration zu finden, an denen sich ablesen lässt, welcher Anteil der insgesamt gehandelten Kontrakte sich im Besitz der größten Trader befindet. Am 11. Juli berichtete die COMEX beispielsweise, dass "vier oder weniger Trader" 35% der Short-Positionen am Goldterminmarkt der COMEX hielten, während "acht oder weniger Trader" zusammen 51% der Short-Positionen hielten. Beachten Sie dabei, dass die "vier oder weniger Trader" eine Untergruppe der acht größten Marktteilnehmer darstellen.

In ihrem Bank Participation Report veröffentlicht die CFTC ebenfalls Daten über die Aktivitäten der Banken am Goldterminmarkt. Der Bericht vom 11. Juli zeigt, dass fünf US-Banken 78.063 Kontrakte (16,4% des Open Interest) geshortet hatten, während 29 nicht in den Vereinigten Staaten ansässige Banken eine Short-Position von 67.373 Kontrakten hielten (14,2% des Open Interest). Insgesamt hielten diese 34 Banken also eine Short-Position von 145.000 Kontrakten bzw. 30% des Open Interest. Gleichzeitig hatten sie Long-Positionen in Höhe von 40.688 Kontrakten, d. h. ihre Netto-Short-Position belief sich auf 105.000 Goldfutures.

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Bank Participation Report der CFTC: Positionen der Banken am Goldterminmarkt der COMEX (Quelle: www.goldchartsrus.com)


Weder der COT-Bericht noch der Bank Participation Report enthüllen die Identitäten der "Trader" oder Banken, die diese konzentrierten Positionen halten. Die bankenfreundliche CFTC hält das nicht für nötig. Dennoch geht aus den Berichten zweifelsfrei hervor, dass eine geringe Zahl von Marktteilnehmern den Handel mit den Goldfutures beherrscht.


Wann ist eine Lieferung keine Lieferung?

Der "Issues and Stops Report" der COMEX gibt angeblich Auskunft über die Zahl der Kontrakte, bei denen jeden Monat eine Auslieferung des zugrundeliegenden Vermögenswertes gefordert wurde. In Wirklichkeit zeigt er jedoch nur an, wie viele Lagerscheine für Goldbarren Monat für Monat zwischen einer Handvoll Markteilnehmern hin- und hergetauscht werden.

Inventarlisten der als "Registered" oder "Eligible" verbuchten Goldbarren werden von der New Yorker Terminbörse nicht veröffentlicht. Es ist daher unmöglich nachzuprüfen, ob nicht teilweise die selben Goldbarren zwischen einigen wenigen Handelsparteien herumgereicht werden. Einmal im Jahr müssen die akkreditierten Lagerhäuser der COMEX eine Prüfung ihrer Edelmetallbestände durchführen und das Ergebnis innerhalb von 30 Tagen an die Börse melden. Die Tatsache, dass die CME Group diese Berichte nicht veröffentlicht, trägt noch ein bisschen mehr zur ohnehin schon erschreckenden Intransparenz des Systems bei. Ist das Gold überhaupt gesondert versichert? Wer weiß. Solche Details werden von der COMEX nicht preisgegeben.


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