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Bremslichter der Wirtschaft

19.11.2018  |  John Mauldin
- Seite 3 -
In Analogie dazu können wir heute beobachten, dass die Unternehmen beginnen, vorsichtig auf ihre Bremsen zu treten. Der erste Bericht zur Entwicklung der US-Wirtschaft zeigte im dritten Quartal eine Fortsetzung des Wachstums mit einer annualisierten Rate von 3,5%. Das war gut, aber der Bericht enthielt auch einige Warnungen. Die Unternehmensinvestitionen sind auf das Jahr hochgerechnet nur 0,8% gestiegen - eine extreme Verlangsamung im Vergleich zur Wachstumsrate von 11,5% im ersten Quartal.

Wenn wir uns etwas genauer mit den Daten beschäftigen, sehen wir, dass 2,1% des Wirtschaftswachstums auf Lagerbestandserhöhungen zurückzuführen sind. In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zählt das als Wachstum. Wenn dieses Inventar jedoch schließlich verkauft wird, wird es nicht erneut zum Bruttoinlandsprodukt addiert. Aus diesem Grund betreiben Autohersteller "Channel Stuffing", d. h. sie liefern ihren Händlern mehr, als diese eigentlich benötigen. Doch sobald die Fahrzeuge aus der Bilanz der Hersteller verschwunden sind, zählen sie als "verkauft".

Höhere Lagerbestände verhalten sich im Grunde genommen wie Schulden. So wie Schulden zukünftigen Konsum in die Gegenwart verlagern, sind Lagerbestände zukünftige Verkäufe, die ins Heute verlagert werden - zumindest was die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts betrifft.

(Nebenbemerkung: Trumps neue Zölle könnten den Lagerzyklus unbeabsichtigt beschleunigt haben, indem sie den Unternehmen einen Anreiz gaben, vor ihrem Inkrafttreten höhere Bestände anzulegen. Wenn das der Fall ist, könnten wir entweder eine plötzliche Verringerung erleben, falls Trump und Xi eine Vereinbarung aushandeln, ohne eine langsamere, wenn die Bestände im Laufe des kommenden Jahres allmählich abgebaut werden. Weder ich noch meine üblichen Quellen haben eine Ahnung, was geschehen wird.)

Die deutliche Zunahme der Investitionsausgaben im ersten Quartal war zum Teil eine Folge der im letzten Dezember beschlossenen Unternehmenssteuersenkung, die wiederum mehrere Regelungen enthielt, mit denen genau das erreicht werden sollte. Ich hatte damals gesagt, dass diese Methode wohl eine Weile funktionieren, die positiven Effekte jedoch nach und nach schwinden würden. Dies geschieht nun schneller als uns lieb ist.

Ich gehe nicht unbedingt davon aus, dass die Steuerpolitik die Entscheidungen der Unternehmen maßgeblich beeinflussen wird. Man investiert in zusätzliche Kapazitäten, wenn man erwartet, dass diese Einnahmen generieren werden und man trotz der damit verbundenen Kosten noch einen Gewinn erwirtschaftet. Die Steuern sind nur ein Faktor in dieser Gleichung und wahrscheinlich auch nicht der wichtigste. Letzten Endes expandieren Unternehmen und stellen neue Mitarbeiter ein, wenn sie glauben, dass die Kunden ihre Produkte kaufen wollen.

Das Problem: Die starken Wachstumsprognosen beruhen auf der Annahme, dass die Unternehmen diese Investitionen definitiv tätigen werden. Doch danach sieht es zur Zeit nicht aus. Sollte sich diese Einschätzung als zutreffend erweisen, werden wir vielleicht zurückblicken und feststellen, dass das Wachstum von 4,2% im zweiten Quartal der Spitzenwert war, und dass es von da an abwärts ging. Die Federal Reserve von Atlanta geht in ihrer aktuellen Schätzung von einem Wirtschaftswachstum von 2,4% im vierten Quartal aus. Meine persönliche Meinung ist, dass wir uns glücklich schätzen können, wenn wir 2019 ein durchschnittliches Wachstum von 2% erreichen.

Das bedeutet nicht, dass das Wachstum auf Null oder gar in den Minusbereich sinken wird. Ich kann mir durchaus noch einige Jahre mit einer flachen Wachstumskurve bzw. einer gewissen Stagnation vorstellen. Das wäre nicht das Schlimmste, was passieren kann. Aber wenn dieses Szenario eintritt, werden einige Aktieninvestoren mächtig enttäuscht sein, weil die Aktienkurse eine ganz andere Entwicklung einpreisen.


Defizite und Schulden: Der Klotz am Bein der Wirtschaft

Wie ich früher bereits geschrieben hatte und wie mein Freund Dr. Lacy Hunt aufgezeigt hat, beginnt die Verschuldung, die Wirtschaft auszubremsen - insbesondere, wenn sie auf über 80-90% des BIPs steigt. Die USA haben mittlerweile eine Staatsschuldenquote von 106%, und wenn Sie die Schulden auf bundesstaatlicher und lokaler Ebene, die eine ähnliche Wirkung entfalten, mit einkalkulieren, belaufen sich die öffentlichen Gesamtschulden auf mehr als 120% des Bruttoinlandsprodukts. Damit ist der Unterschied zu Italien und Griechenland nicht mehr allzu groß.

Der Kongress will Ihnen weismachen, dass das Haushaltsdefizit der USA im letzten Jahr 779 Milliarden Dollar betrug. Unerwähnt lässt man dabei das außerbilanzielle Defizit, welches die Gesamtschulden aber nichtsdestotrotz genauso unaufhaltsam steigen lässt. Es ist nicht leicht, diese Zahl zu finden, aber glücklicherweise fasst Michael Lewitt die Situation in einem Beitrag in The Credit Strategist prägnant zusammen:

"Unser aktueller Wohlstand beruht auf explodierenden Schulden und ist daher nicht nachhaltig. Das BIP der USA hat sich in dem zum September geendeten Finanzjahr um etwa 1,3 Billionen Dollar erhöht, aber im gleichen Zeitraum sind auch die Schulden um 1,271 Billionen Dollar gestiegen. Die Zinsen klettern vor dem Hintergrund einer hochverschuldeten Wirtschaft, auch wenn sie weiterhin deutlich unter der realen Inflationsrate liegen. Die Neuverschuldung von 1,271 Billionen Dollar lag fast 500 Milliarden Dollar bzw. 39% über dem offiziellen jährlichen Haushaltsdefizit von 779 Milliarden Dollar.

Die Politiker lassen also signifikante Schuldensummen bei der Bilanzaufstellung außen vor. Ich weiß nicht, wen sie damit zu täuschen glauben, aber sie werden diesen Betrug nicht viel länger aufrechterhalten können. In den letzten fünf Jahren wurde ein offizielles Haushaltsdefizit von insgesamt 2,977 Billionen Dollar gemeldet, aber die Staatsverschuldung ist um 4,777 Billionen Dollar gestiegen.

Das bedeutet, dass 38% des tatsächlichen Fehlbetrag von unseren unfähigen Führungspersönlichkeiten unter den Tisch gekehrt wurden. Nicht enthalten sind in diesem Angaben die weiteren Billionen von Dollar an außerbilanziellen Leistungszusagen, die die Regierung den künftigen Pensionären und Wählern gemacht hat."



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