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S&P wirbelt die Märkte durcheinander

19.04.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis gab gestern um 2% nach und fiel auf 121 USD je Barrel. Die Senkung des Ausblicks für das US-Kreditrating durch Standard & Poor's führte zu einem Anstieg der Risikoaversion und setzte damit riskante Anlagen unter Druck. Dazu zählt aufgrund seines zyklischen Charakters auch Rohöl. Der deutlich festere US-Dollar trug ebenfalls dazu bei, dass sich Rohöl verbilligte. Zudem wurden nun auch seitens der OPEC Sorgen geäußert, dass das hohe Preisniveau die Nachfrage in den Ölverbrauchsländern beeinträchtigen könnte. Laut OPEC-Generalsekretär el-Badri beträgt die Risikoprämie auf den Ölpreis derzeit 15 bis 20 USD.

Anfang der Woche war bekannt geworden, dass Saudi-Arabien die Ölproduktion im März um 800 Tsd. Barrel pro Tag gekürzt hat und dies u.a. mit der schwächeren Nachfrage begründet. Angesichts dieser Diskussion dürfte der Ölpreis nicht mehr deutlich steigen. Der Bürgerkrieg in Libyen und die anhaltenden Unruhen in den arabischen Ländern dürften zwar einem deutlichen Rückgang der Risikoprämie und damit des Preises entgegenstehen.

Für einen neuerlichen Preisanstieg bedarf es dagegen neuer preistreibender Nachrichten. Ein Risikofaktor stellt hier sicherlich Nigeria dar. Dort ist Amtsinhaber Jonathan zum Sieger der Präsidentschaftswahlen erklärt worden. In der Folge kam es bereits zu gewaltsamen Protesten gegen das Wahlergebnis. Nigeria ist mit einer Tagesproduktion von 1,9 Mio. Barrel der größte afrikanische Ölproduzent. Zudem dient nigerianisches Öl aufgrund seiner Qualitätsmerkmale als Substitut für Öl aus Libyen. Sollte es auch in Nigeria zu Produktionsausfällen kommen, würde dies zu einer Verknappung an qualitativ hochwertigem Öl führen, wovon insbesondere Brent profitieren würde.


Edelmetalle

Der Goldpreis hat gestern zum ersten Mal überhaupt die psychologisch wichtige Marke von 1.500 USD je Feinunze in Angriff genommen, konnte diese allerdings noch nicht überwinden. Dem Überschreiten dieser Marke stand der deutlich festere US-Dollar entgegen. In Euro gerechnet verzeichnete der Goldpreis seinen höchsten Tagesgewinn seit Anfang Februar und stieg zum ersten Mal seit Mitte Januar wieder über die Marke von 1.050 EUR je Feinunze.

Gestern hat die Ratingagentur Standard & Poor’s den langfristigen Ausblick für das Kreditrating der USA von "stabil" auf "negativ" herabgestuft. Dies könnte dazu führen, dass die USA ihr AAA-Rating verlieren. S&P begründet die Neubewertung der Lage mit bedeutenden ökonomischen und fiskalischen Risiken. Außerdem spielen die große Anzahl von Schulden im Ausland und Unsicherheiten über die Verabschiedung eines Konsolidierungsplans der heimischen Staatsfinanzen eine wichtige Rolle. Die Ratingagentur geht von einer weiter deutlich ansteigenden Staatsverschuldung der USA bis zum Jahr 2013 aus. Gold bleibt auch durch die anhaltenden bedenklichen Nachrichten aus der Eurozone gut unterstützt. So zogen beispielsweise die Renditen spanischer Staatsanleihen merklich an. Darüber hinaus könnte die Handlungsfähigkeit der EU durch die finnische Parlamentswahl am Wochenende in Frage gestellt sein.

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Industriemetalle

Die chinesische Stahlproduktion zieht derzeit weiter an und hat in den ersten 10 Tagen im April auf Tagesbasis gemäß Angaben des chinesischen Eisen- und Stahlverbands ein Rekordhoch erzielt. Bereits im März ist die lokale Stahlherstellung im Vergleich zum Vorjahr um 9% auf 59,42 Mio. Tonnen und damit auf den zweithöchsten Monatswert überhaupt gestiegen. Die höheren Produktionsraten sind auf eine aktuell verstärkte Nachfrage insbesondere aus dem Bausektor zurückzuführen. Einschätzungen der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission zufolge dürfte der Plan der chinesischen Regierung, in den nächsten fünf Jahren 36 Mio. Eigenheime zu bauen, und die andauernde Urbanisierung die Stahlnachfrage auch im weiteren Jahresverlauf unterstützen.

Die Kommission hat daher ihre bisherige Prognose angehoben und erwartet nun eine Ausweitung der diesjährigen Stahlproduktion um 12% auf 700 Mio. Tonnen. Kurzfristig könnten die lokalen Preise allerdings aufgrund der höheren verfügbaren Menge unter Druck kommen. Einige Stahlhersteller haben bereits auf diese Gefahr reagiert und bieten ihre Produkte unter Marktpreisen an, um Kaufanreize zu schaffen. Aufgrund des Vorlaufcharakters chinesischer Preise für die Weltmarktpreise könnte auch der Preis für LME-Stahl kurzfristig unter Druck kommen. Mittelfristig erwarten wir jedoch im Rahmen einer anziehenden Nachfrage Preissteigerungen. Die World Steel Association geht von einem Anstieg der weltweiten Nachfrage in 2011 von 5,9% auf 1,36 Mrd. Tonnen aus.


Agrarrohstoffe

Der Weizenpreis konnte gestern gegen den Trend fallender Rohstoffpreise um 4% zulegen. Angesichts anhaltender Trockenheit in den US-Anbaugebieten und Teilen Europas wachsen die Sorgen vor geringeren Ernteerträgen. Laut dem aktuellen veröffentlichten Erntefortschrittsberichts des US-Landwirtschaftsministeriums hat sich der Zustand der US-Winterweizenpflanzen in der vergangenen Woche weiter verschlechtert. Demnach befinden sich 38% der Pflanzen in einem schlechten und sehr schlechten Zustand. Das waren nochmals zwei Prozentpunkte mehr als vor Wochenfrist. Anhaltend trockenes Wetter in Frankreich, Deutschland und Großbritannien bedroht auch die Ernteerträge in der EU, dem nach den USA zweitgrößten Weizenexporteur.

Der Agrargenossenschaftsverband hat die Schätzung für die deutsche Weizenernte deshalb um 100 Tsd. auf 24,5 Mio. Tonnen nach unten revidiert. Schlechte Nachrichten kommen auch aus Kanada. Dort dürfte sich die Aussaat von Sommerweizen nach Angaben des Canadian Wheat Board aufgrund des lang anhaltenden Winters um bis zu drei Wochen verzögern. Im vergangenen Jahr hatte der drittgrößte Weizenexporteur mit einem ungewöhnlich kühlen und feuchten Frühjahr zu kämpfen, was zu einer um 10% niedrigeren Weizenernte beitrug. Die Hoffnung auf deutlich bessere Weizenernten in diesem Jahr nach den letztjährigen Missernten könnte daher enttäuscht werden.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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