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Unruhen in Griechenland = Belastung für den Euro - Daten aus den USA enttäuschend!

16.06.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.35 Uhr) gegenüber dem Euro bei 1.4115 nahe den Tiefstkursen der letzten 24 Handelsstunden, die im frühen europäischen Geschäft bei 1.4108 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY bei 80.85. In der Folge stellt sich EUR-JPY auf 114.00, während EUR-CHF bei 1.2020 oszilliert.

Die Situation in Griechenland spitzt sich zu. Die öffentliche Verärgerung macht sich in aggressiven Demonstrationen Luft. Die griechische Öffentlichkeit stellt sich gegen die neuen Sparpläne. Fraglos sind die Sparpläne sehr schmerzhaft. Diesbezüglich ist die öffentliche Reaktion auf ersten Blick durchaus verständlich.

Sofern sich die demonstrierenden Griechen durchsetzen, wovon unter Grenznutzenbetrachtungen nicht auszugehen ist, werden sie sich anschließend fragen lassen müssen, was sie damit bewirkten. Derzeit gibt es noch "Brot und Wasser". Ohne die nächste Tranche des IWF und der EU stünden diese Versorgungsmerkmale zur Disposition. Emotion ist verständlich, sie sollte das "Vordenken" jedoch nicht völlig außer Acht lassen.

Als Folge der öffentlichen Auseinandersetzung steht die griechische Regierung unter Druck, da die Opposition in Teilen Eigeninteressen vor nationale Interessen stellt. Der griechische Premier plant nach der Vertrauensfrage, am Donnerstag eine neue Regierung zu formieren, um die Sparpläne durch das Parlament zu bringen. Wir wünschen ihm und der griechischen Bevölkerung Erfolg!

Der Finanzmarkt wird durch die Unruhen in Griechenland deutlich belastet. Risikoaversion bestimmt das Handeln. Das gilt nicht nur für den Euro, es gilt gleichfalls für die Aktienmärkte als auch den Konjunkturschmierstoff Öl und weitere konjunktursensitive Anlagen.

Die von Deutschland geführte Debatte über die Beteiligung der privaten Gläubiger bietet den aktuellen Sprengstoff, der diese Risikoaversion in wesentlichen Teilen nährt. Öffentlich geführte Dispute sind in der jetzigen Zeit so Ziel führend wie ein Kropf am Hals.

Im letzten Jahr war es die deutsche Position der Forderung immer schärferer Reformen in der Phase März bis Mai 2010 (die deutsche Regierung verweigerte sich in dieser Phase den an diversen Wochenenden ausgearbeiteten Reformvorlagen der EU - Korrelation zur Landtagswahl NRW), die schlussendlich dazu führte, dass die Risikoaufschläge Griechenlands von zuvor circa 300 auf circa 1000 Basispunkte (oder von 3% auf 10%) gegenüber Bunds angezogen und Griechenland damit in den Abgrund der Kapitalmarktunfähigkeit stießen. In dem folgenden Chart wird dieses Phänomen als "Merkel-Effekt" verdeutlicht. Von diesem Schock konnte sich Griechenland nicht mehr erholen.

Bis März 2010 war Griechenland aus guten Gründen kapitalmarktfähig. Man hatte drei Reformprogramme hinter sich. Man benötigte 30% des Steueraufkommens, um die Zinsen auf die Staatsschuld zu bedienen. Erst ab 45% ist laut "Handbuch" des IWF eine Restrukturierung unausweichlich.

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In der weiteren Folge setzte verstärkte Kapitalflucht in Griechenland ein. Ratingagenturen tummelten sich in aggresiven Abstrafungen ...

Die Antwort auf diese Konstellation kann nur sein, Griechenland abzuschirmen, so dass diese Reformen Traktion gewinnen können.

Es gilt, Griechenland eine Phase zuzugestehen, die Reformen umzusetzen, ohne dass alle zwei Monate ein Spekulationssturm losgetreten wird, der die Erfolge, die grundsätzlich Konsequenz derartiger Reformen sind, nivelliert oder sogar neutralisiert.

Diesbezüglich ist die Einlassung des holländischen Vertreters Wellink im EZB-Direktorium Richtung weisend. Wellink (EZB) sagte dem "Het Financieele Dagblad" dass der Abschirmungsfond auf 1,5 Billionen Euro erhöht werden sollte. Darüber hinaus müsse es eine größere Flexibilität bei der Verwendung geben.


Wenden wir uns den gestern veröffentlichten Wirtschaftsdaten zu:

Europa hat zunächst erst einmal positiv überrascht. Die Industrieproduktion legte per April um 0,2% im Monatsvergleich zu. Analysten hatten einen Rückgang um -0,2% erwartet. Mehr noch wurde der Vormonatswert von -0,2% auf 0,0% revidiert. Damit ergab sich im Zweimonatszeitraum ein um 0,6% höherer Wert als antizipiert.

Im Jahresvergleich übersetzte sich dieses Ergebnis in einen Anstieg um 5,2% nach zuvor 5,8%. Die Konsensusprognose war bei lediglich 4,9% angesiedelt. Die rückläufige Tendenz im Jahresvergleich hat maßgeblich mit Basiseffekten zu tun.

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Die US-Daten konnten gestern an keiner Stelle überzeugen:

Die US-Verbraucherpreise legten im Monatsvergleich um 0,2% zu. Im Jahresvergleich übersetzte sich das in einen Anstieg um 3,6% (Prognose 3,4%). Damit wurde das höchste Niveau seit 2 ½ Jahren markiert.

Dieses Niveau und die Tendenz passen sicherlich zu der Zinspolitik der Fed. Wir diskutieren intern den Begriff der aggressiven "Kaufkraft-Burnrate".

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Der "NY Empire State Manufacturing Index" kollabierte unerwartet sportlich von zuvor 11,9 auf -7,8 Punkte. Die Prognose war bei +12,5 Punkten angesiedelt. Die Subindices entsprachen dieser Tendenz umfänglich. So brach der Auftragsindex von zuvor 17,2 auf -3,6 Punkte ein. Der Beschäftigungsindex verlor von 24,7 auf 10,2 Zähler.

Mit einem Wert von weniger als 0 Punkten impliziert dieses Ergebnis Kontraktion in dieser Region in diesem Sektor der US-Wirtschaft.

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Die US-Industrieproduktion legte per Mai um 0,1% zu. Erwartet war ein Anstieg in Höhe von 0,2%. Natürlich spielten die Folgen von Fukushima mit Unterbrechungen in der internationalen Lieferkette eine prominente Rolle. Ergo sollte das aktuelle Ergebnis nicht überbewertet werden. Die Kapazitätsauslastung verharrte unverändert bei 76,7%. In Deutschland bewegt sich dieser Wert oberhalb der Marke von 87%. "Food for thought!"

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Der "NAHB Housing Market Index" verlor unerwartet von zuvor 16 auf 13 Punkte (Prognose 16, neutrales Niveau 50). Dieses Ergebnis drückt die depressiv rezessive Situation am US-Wohnimmobilienmarkt aus. Mehr bleibt hier nicht zu sagen.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert.

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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