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EZB im Fokus - Hoffnungen auf QE3 in den USA …

23.08.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.40 Uhr) bei 1.4380, nachdem gestern im europäischen Geschäft Höchstkurse bei 1.4434 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.80. In der Folge notiert EUR-JPY bei 110.45, während EUR-CHF bei 1.1330 oszilliert.

Europa bleibt im Fokus der Märkte. Das Thema der ins Auge gefassten Sonderbehandlung Finnlands in der Abschirmung Griechenlands wirft einen belastenden Schatten auf das Gesamtbild der Eurozone. Noch belastender wird das Thema durch die damit geweckten Wünsche weiterer Länder der Eurozone auf Sonderbehandlung.

Jedwede Sonderbehandlung ist gleichzeitig ein Affront gegen die starken Wirtschaftnationen der Eurozone. Der kritische Ton aus Berlin ob dieser Entwicklung ist absolut berechtigt. Nationale Egoismen stellen neben der weiterhin akuten Vielstimmigkeit auf allen Ebenen im Zweifelsfall die potentesten Spaltpilze der Eurozone dar.

Die EZB kaufte Staatsanleihen in einem Volumen von 14,3 Mrd. Euro in der letzten Berichtswoche auf. Damit ergibt sich gegenüber der Vorwoche eine markante Reduktion (22 Mrd. Euro. Das Gesamtvolumen der Ankäufe beläuft sich jetzt auf 110,5 Mrd. Euro.

Auf ersten Blick mag der Rückgang des Volumens in der letzten Berichtswoche erfreuen. Auf zweiten Blick unterstreicht dieses zweistellige Milliardenvolumen die unveränderte Notwendigkeit der Intervention. Damit wird die Fragilität der Refinanzierung grundsätzlich starker und potenter Länder der Eurozone, die sich aktuell in einem Reformprozess befinden, in den Fokus gerückt. Das Thema Defizitkrise der Eurozone bleibt derzeit virulent. Es ist latenter Belastungsfaktor für die weitere Entwicklung der globalen Realwirtschaft.

Das Bewusstsein für diesen Zusammenhang zwischen Krise und Weltkonjunktur und der deutschen Konjunktur als auch dem deutschen Steueraufkommen in der Folge ist unausgeprägt. Noch freuen wir uns über ein erhöhtes Steueraufkommen von 10% per 2011. Das kann eine recht kurzzeitige Freude werden. Wir haben seit Monaten auf dieses Risiko medienwirksam hingewiesen. Das Kind ist am Finanzmarkt bereits in den Brunnen gefallen - in der Realwirtschaft besteht das Risiko, das es auch zu der Verunfallung kommt.

Finanzminister Schäuble betonte, dass die Zinsdifferenzen zwischen den Teilnehmern der Eurozone aufrecht erhalten werden müssen. Eine Differenzierung zwischen Ländern mit soliden und unsoliden Finanzen sei erforderlich. Eurobonds würden die Eurozone in einen Schuldenunion stürzen. Diese Sichtweise ist für eine normal verteilte Situation richtig.

Für eine Infarktsituation ist sie ungeeignet. Wer in einer Infarktsituation auf Ordnungspolitik setzt, spricht das Todesurteil für den Patienten. Nach der Bereinigung des Infarkts gilt es, ordnungspolitisch zu beordnen.

Die Reformländer der Eurozone setzen massive Reformen um. Die durch die Spekulation gegen diese Länder hervorgerufene Krisensituation, ist zu entschärfen. Ansonsten wird die Umsetzung der Reformen durch Kapitalabflüsse und das Ausbleiben von verdienten Kapitalzuflüssen verhindert. Damit wird das gesamt Konstrukt der Eurozone gefährdet.

In einer globalisierten Welt auf nationale Kleinteiligkeit zu setzen, ist vor dem Hintergrund der potenten Interessen (möglicherweise mit politischen Hintergründen) am Finanzmarkt ein riskantes Unterfangen.

In den Einlassungen gegen den Eurobond wird unterstellt, dass es den Bond ohne Konsequenzen für alle gibt. Das muss nicht der Fall sein. Auch der potentielle Verlust der fiskalischen Freiheit bei Nichteinhaltung von Stabilitätskriterien ist ein Preis, ein hoher Preis. Ultimativ ist dieser Preis mindestens auf Augenhöhe zu einem höheren Zins.

Was den Gegnern des Eurobonds zugestanden werden muss, ist die Tatsache, dass die damit verbundenen rechtlichen Probleme erheblich sind und grundsätzlich einer nicht unwesentlichen Vorbereitungszeit bedürfen würden.

St.-Louis Fed Präsident Bullard erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Nikkei, dass er gegen eine Festsetzung des Niedrigzinsniveaus für einen verlängerten Zeitraum ist. Zinspolitik sollte sich nach der Wirtschaft und nicht nach dem Kalender richten. Wir stimmen ihm zu 100% zu. Was Herr Bernanke treibt, ist antiautoritäre Politik.

Was würden Ratingagenturen mit der Eurozone bei einem derartigen zinspolitischen Exkurs der EZB machen? "Food for thought!"

Herr Bullard zeigt sich also falkenhaft. Der Markt setzt vor dem Treffen in Jackson Hole bezüglich der Alimentierung der US-Wirtschaft auf QE3 und leitet daraus Optimismus ab. Da der Kurs Bernankes in dem Offenmarktausschuss nicht unangefochten ist, erscheint dieser Hoffnung wenig Substanz beizumessen sein.

Gestern wurde der "Chicago Fed National Activity Index" per Juli veröffentlicht, in dem 85 Einzelindices der US-Wirtschaft zusammengefasst sind.

Per Juli ergab sich ein Anstieg im Monatsvergleich von -0,38 auf -0,06. Der Vormonatswert wurde von -0,46 auf -0,38 revidiert. Indexwerte unterhalb von -0,70 zeigen ein erhöhtes Rezessionsrisiko an.

Seit April ergibt sich in diesem Index eine Verbesserung, die im diametralen Widerspruch zu der aktuellen Befindlichkeit der Märkte und der Volkswirte nebst Analysten steht. Dieses Phänomen ergibt sich auch bei den Frühindikatoren des "Conference Board". Beide Datenreihen werfen mehr Fragen auf, als dass Antworten gegeben werden.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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