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Euro weiter in Konsolidierung - US-Arbeitsmarkt im Fokus!

06.08.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.3185 (07.40 Uhr), nachdem im gestrigen europäischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3135 und im weiteren Verlauf im US-Handel Tiefstkurse bei 1.3135 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 86.10. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.50 während EUR-CHF bei 1.3830 oszilliert.

Wenden wir uns kurz der EZB-Ratssitzung zu. Der Leitzins der EZB verblieb erwartungsgemäß bei 1,00%. Ja, die Vollkaskopolitik der Zentralbanken läßt keine Überraschungen mehr zu. Ob damit der Respekt vor Zentralbanken gefördert wird und gleichzeitig gesunde Risikoaversion des Marktes verhindert wird, sei dahingestellt. Wie erfrischend war die internationale Zentralbankpolitik vor der Ära Alan Greenspans …. Die alten Hasen werden sich sicherlich an diese guten Zeiten erinnern. "Food for thought!"

Die EZB setzt die Politik des billigen und locker verfügbaren Geldes zunächst fort. EZB-Präsident Trichet betonte gestern, daß die EZB das tun werde, was angemessen ist. Das gilt für die gesamte Phalanx offener Fragen. Dieser Ansatz ist grundsätzlich richtig. Die Krise des Euros hat belegt, daß die absolute Berechenbarkeit einer Zentralbank, die sich in konservativer Manier an ihr Skript hält, von spekulativen Kräften ausgenutzt werden kann. Diesbezüglich ist eine Vorfestlegung nicht notwendig dienlich. Diese Argumentation paßt übrigens auch auf den Absatz zuvor!

Trichet erwartet eine holprige Konjunkturerholung verbunden mit niedriger Inflation. Dabei konstatiert er, daß die Konjunkturlage etwas besser als erwartet ausfällt.
  • Wir haben hier bereits thematisiert, daß es diskussionswürdig ist, das aktuelle Inflationsumfeld und die Veränderungsrate der letzten 12 Monate als niedrige Inflation zu klassifizieren. Als Beleg fügen wir die Charts von Moody’s Economy.com bei, die die Veränderung der Verbraucher- (Juli 1,7% 1. Schätzung) und Erzeugerpreise unmißverständlich belegen.

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  • Die nicht in dieser Form erwartete stringente globale Konjunkturerholung, die immer mehr Endogenität entwickelt (drei fächriger Impulsgeber: Anhaltender Lager-, beginnender Investitions- und in Ansätzen erkennbarer Konsumzyklus) als holprig zu klassifizieren überlassen wir den Experten der EZB. Daß die Länder, die sich massiven Reformen unterwerfen, kein hohes Wachstum aufweisen oder im Falle Griechenlands mit einer Kontraktion konfrontiert sind, lassen wir als Argument des "Holperns" nicht zu.

    Dieser Umstand war allen Beteiligten bei der Implementierung der Reformen bewußt. Daß eben trotzdem das Wachstum so profund ausfällt, stellt die eigentliche Überraschung dar. Die EZB darf an dieser Stelle durchaus ihre Experten im Stab hinterfragen. Wurde die Krise 2007, der Turnaround per 2009 und die sich dann verstärkende Erholung per 2010 überhaupt gesehen oder ansatzweise richtig prognostiziert? Wir sind auf die Antworten gespannt ….

Trotz des kritischen Untertons bezüglich Inflationsdebatte oder Konjunktureinschätzung, der hier gegenüber der EZB angeschlagen wird, gilt es gleichzeitig, die EZB ob ihrer konservativen Grundeinstellung grundsätzlich zu loben.

Diese konservative Grundeinstellung wird unter anderem erkennbar in den bisherigen Rückführungsaktionen der Überschußliquidität. Es ist ebenso erkennbar, daß auch die Ankaufsaktionen der Staatspapiere äußerst konservativ gehandhabt wird (auslaufend). Opportunistische Handlungsweisen sind hier nicht nachweisbar.

Wenden wir uns einem anderen Aspekt zu, der eine Erklärung für die aktuelle Ausformung der EZB-Politik liefern kann, jedoch nicht muß.

"Vielleicht" ist die aktuelle Verbalakrobatik und Zinspolitik der EZB enger mit den Notwendigkeiten der Fortsetzung der Nullzinspolitik der USA und damit ein Stück weit mit internationaler Politik (Abstimmung auf G-10 Ebene) korreliert, als bisher vom Finanzmarkt wahrgenommen und diskutiert wird. Fakt ist, daß die Abstimmung innerhalb des G-10 Gremiums seit Ausbruch der Finanzkrise sehr eng geworden ist. Man achtet auf Homogenität des Antritts, um gewünschte Effekte zu etablieren.

Fakt ist, daß weder für Griechenland noch Südeuropa der Geldmarktzins von wesentlichster Bedeutung ist, sondern der Kapitalmarktzins und die Risikoaufschläge eine brisantere Rolle in der Refinanzierung spielen. Der Investitionsgüterzyklus wird durch einen potentiellen Anstieg der Geldmarktzinsen von 1% auf 2% nicht gefährdet. Der USD könnte aber gefährdet werden, wenn die USA an der Nullzinspolitik festhielten und die Eurozone das Zinsniveau sukzessive beispielsweise auf ein Niveau im Dunstkreis von 2% erhöhte, oder?

Werfen wir einen Blick auf das "holpernde" Deutschland. Der Auftragseingang der deutschen Industrie nahm für den Markt vollkommen unerwartet spektakulär um 3,2% im Monatsvergleich zu. Experten hatten lediglich eine Zunahme um 1,5% unterstellt. Darüber hinaus wurde der Vormonatswert von -0,5% auf -0,1% revidiert. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um +24,5% nach zuvor +24,9% (Hintergrund Basiseffekt). Der beigefügte Chart verdeutlicht die Erholung in eindrucksvoller Manier. Mit dem Begriff "Holpern" hat das nichts zu tun!

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Kommen wir zu den Arbeitslosenerstanträgen in den USA per Berichtswoche per 31. Juli 2010. Unerwartet stellte sich hier ein Anstieg von zuvor 460.000 (revidiert von 457.000) auf 479.000 ein. Die Prognose war bei 455.000 angesiedelt. Dieses Niveau der Erstanträge impliziert bestenfalls Stabilität am US-Arbeitsmarkt. Die US-Arbeitsmarktdaten belegen ein vernehmbares "Holpern". Mit selbsttragenden Kräften hat das nichts zu tun.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2700-1.2730 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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