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Angebotsrisiken und höherer Ölbedarf in Japan

22.03.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis handelt am Morgen oberhalb von 114 USD je Barrel, WTI bei 102 USD je Barrel. Die Luftangriffe der alliierten Streitkräfte auf Stellungen in Libyen halten an. Eine baldige Normalisierung der Öllieferungen aus Libyen ist somit unwahrscheinlich. Derzeit fehlen dem Markt aufgrund der Produktionsausfälle in Libyen mehr als 1 Mio. Barrel Rohöl pro Tag. Saudi-Arabien soll die Ölproduktion zwar auf 9 Mio. Barrel täglich ausgeweitet haben. Die Exporte sollen dagegen weiterhin zwischen 6,5 und 6,8 Mio. Barrel pro Tag liegen, was dem 12-Monatsdurchschnitt entspricht. Unruhen werden außerdem aus dem Jemen und Syrien berichtet. Zudem bleibt auch die Lage in Bahrain angespannt.

Die unsichere Lage in Nordafrika und dem Nahen Osten spricht somit weiterhin für eine Risikoprämie auf dem Ölpreis. Japan hat unterdessen weitere Ölbestände aus seinen privaten gehaltenen Ölreserven freigegeben. Die freigegebene Menge soll 22 Tage des Verbrauchs betragen, was umgerechnet 58,1 Mio. Barrel entspricht. Zugleich brauchen die privaten Unternehmen nur noch 45 Tage des Verbrauches vorhalten. Ende Dezember betrug die Reichweite noch 85 Tage. Damit sollen kurzfristige Angebotsengpässe infolge der Erdbebenkatastrophe überbrückt werden.

Die Ölnachfrage Japans dürfte entsprechend steigen, wenn diese Lagerbestände wieder aufgefüllt werden. Zudem dürfte der Bedarf an fossilen Energieträgern in Japan deutlich zunehmen, weil 20% der Atomkraftwerkskapazitäten vorübergehend bzw. dauerhaft stillgelegt sind und der Strombedarf verstärkt aus Kohle, Gas und Öl gedeckt werden muss. Dies spricht gegen einen deutlichen Ölpreisrückgang, selbst wenn sich die Lage in Nordafrika und im Nahen Osten normalisieren sollte.


Edelmetalle

Gold profitiert weiter von den geopolitischen Spannungen in Nordafrika sowie im arabischen Raum und hält sich weitgehend unverändert bei rund 1.430 USD je Feinunze. Der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, berichtete gestern von Abflüssen von 10,6 Tonnen, nachdem sich die Bestände am Freitag noch um über 9 Tonnen erhöht hatten. Unserer Meinung nach deutet der gestrige Abfluss nicht auf eine rückläufige Nachfrage der Investoren hin. Vielmehr dürften sich ETF-Anleger Gold abermals physisch ausliefern haben lassen.

Das auf Edelmetalle spezialisierte Research-Institut GFMS sieht den Goldpreis in diesem Jahr gut unterstützt und erwartet einen durchschnittlichen Preis von 1.470 USD. Dabei könnte der Goldpreis auf 1.500 USD und darüber hinaus steigen. Als Gründe nennt GFMS geopolitische Spannungen, das niedrige Zinsumfeld und hohe Verunsicherung unter den Marktteilnehmern. Diese dürften Gold auch bis ins nächste Jahr hinein unterstützen.

Platin und Palladium könnten kurzfristig durch Nachrichten belastet werden, wonach Produktionsanlagen in Japan länger als bislang geplant außer Betrieb bleiben. Dies betrifft insbesondere die Automobil- und Elektronikindustrie. Beide verwenden Platin und Palladium in ihren Produkten. Länger anhaltende Produktionsausfälle könnten sich daher in einer geringeren Nachfrage nach diesen beiden Edelmetallen niederschlagen.


Industriemetalle

Gemäß Angaben der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) wies der globale Zinkmarkt im Januar einen Angebotsüberschuss von 36 Tsd. Tonnen auf. Der Überschuss hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert. Dies ist auf eine stark gestiegene Nachfrage, insbesondere in China und europäischen Ländern, zurückzuführen, die eine Ausweitung des Angebots mehr als kompensierte. Der globale Bleimarkt war laut Daten der ILZSG im Januar ausgeglichen. Angebot und Nachfrage stiegen in etwa parallel an. Allerdings kam es an beiden Märkten im Januar an der LME zu einem deutlichen Aufbau der Lagerbestände - im Falle von Zink um 41 Tsd. Tonnen, im Falle von Blei um 72 Tsd. Tonnen. Das bedeutet, dass die reale Nachfrage wesentlich niedriger war als die Daten auf den ersten Blick vermitteln.

Sowohl am Zink- als auch am Bleimarkt besteht somit keine Angebotsknappheit. Wir sehen daher für beide Preise nur moderates bzw. im Falle von Blei kein weiteres Aufwärtspotenzial. Die globale Aluminiumproduktion ist im Februar im Vergleich zum Vorjahr laut Daten des International Aluminium Institute (IAI) um gut 4% auf 3,25 Mio. Tonnen gestiegen. Damit befindet sich die Produktion weiter in der Nähe des Mitte letzten Jahres erzielten Allzeithochs. Dies trägt nicht dazu bei, dass sich der hohe Angebotsüberschuss am globalen Aluminiummarkt abbaut. Produktionsdisziplin wäre erforderlich, ist aber derzeit nicht vorhanden, da der hohe Preis Anreiz zur Ausweitung der Produktion bietet.

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Agrarrohstoffe

Die Gerüchte, wonach China größere Mengen Mais aus den USA gekauft haben soll, wurden inzwischen von Sinograin, der chinesischen Verwaltung für die Getreidereserven, dementiert. Allerdings beunruhigt dies den Markt nicht wesentlich, da generell damit gerechnet wird, dass China auch weiterhin Mais importieren wird, unabhängig davon, dass vorübergehend keine Käufe getätigt werden.

Das argentinische Landwirtschaftsministerium hat seine erste Schätzung für die Sojabohnenernte veröffentlicht. Demnach wird mit einer Ernte in Höhe von 50 Mio. Tonnen gerechnet, was etwas über der Vorhersage der Getreidebörse in Buenos Aires von 48,8 Mio. Tonnen liegt. Das US-Landwirtschaftsministerium liegt mit seiner Prognose dazwischen. Die brasilianische Ernte wurde in den letzten Monaten vom USDA auf inzwischen 70 Mio. Tonnen nach oben korrigiert. Die aktuelle Prognose des brasilianischen Landwirtschaftsministeriums liegt bei 70,3 Mio. Tonnen und damit auf Rekordniveau. Allerdings hat zuletzt starker Regen Erntegut vernichtet und die Erntearbeiten erschwert.

Aufgrund starker Nachfrage, insbesondere aus China, sowie harter Konkurrenz um Ackerfläche besonders im größten Anbau- und Exportland USA sollten die Sojabohnenpreise aber auch weiterhin gut unterstützt bleiben. Allerdings wird es kaum einem Agrarprodukt gelingen, sich von allgemeinen Markttrends auf den Rohstoffmärkten wie nach dem Schock durch die japanische Katastrophe abzukoppeln.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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