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Moody’s bringt Spanien in den Fokus - Republikaner international im "Abseits"

29.07.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen bei 1.4290 (07.30 Uhr), nachdem im europäischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4255 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 77.50. In der Folge notiert EUR/JPY bei 110.75, während EUR-CHF bei 1.1435 oszilliert.

Die Ratingagentur Moody’s gab bekannt, dass sie Spaniens AA2 Bonität auf eine mögliche Herabsetzung um eine Stufe wegen zunehmender Anfälligkeit der Staatsfinanzen auf Grund des Risikos erhöhter Finanzierungskosten überprüfen werde.

Wir nehmen zur Kenntnis, mit welcher Intensität und "Fürsorglichkeit" hier bezüglich Spanien agiert wird. Wir verweisen darauf, dass Spanien bei einer Staatsverschuldung von 60% und die USA bei 100% stehen. Wir verweisen darauf, dass Spanien massive Reformen mit der kurzfristigen Folge geringeren Wachstums und höherer Defizite (so wirken wirkliche Reformen zunächst!) umsetzt und die USA nicht handlungswillig waren und nun nicht handlungsfähig sind.

Laut Moody’s sei Spanien auf einem guten Weg, das diesjährige Haushaltsziel zu erreichen. Spanien sollte auch in der Lage sein, vorübergehend höhere Zinsen zu schultern. Das freut uns,dass Moody’s diese Aspekte erkennt und wenigstens verbal würdigt. Wir hoffen, dass Moody’s bewusst ist, dass diese prozyklischen Aktionen die Situation verschärfen, dass sie den Reformprozess erschweren. Kann das eine sinnvolle Systematik der Bewertung sein?

Wo ist die Berücksichtigung der Veränderung des Geschäftsmodells? Werden hier nur sportlich Extremwerte extrapoliert? Wir haben in dieser Woche auf die Einlassungen des Chefs von der chinesischen Ratingagentur Dagong verwiesen (Weserkurier). Die Inhaltsschwere dieser Einlassungen beeindruckt weiterhin …

Die Republikaner haben gestern mangels Einigkeit im eigenen Lager eine Abstimmung über den "Boehner Plan" im Kongress abgesagt. Im Senat wäre dieser Vorschlag ohnehin gescheitert. Die Uneinigkeit der Republikaner gefährdet den ökonomischen Status der USA, mehr noch sie gefährdet den fiskalischen Zustand der USA und ultimativ untergräbt sie den politischen Anspruch der USA als auch die Reputation der USA. Das galt für G.W. Bush, es gilt für die "Tea Party" Bewegung. In dem neuen Jahrtausend sind die Republikaner der Katalysator der Schwäche der USA könnte man sportlich formulieren. Das ist fraglos oberflächlich, aber es ist deswegen nicht falsch.

In den Gesprächen, die ich auf unterschiedlichsten Ebenen führe, habe ich selten so eine einhellige Bewertung der US-Politik erfahren. Dabei geht es nicht um Obama in erster Linie, sondern um die Republikaner. Das Verhalten wesentlicher Teile dieser Partei ist Ausdruck einer kurzfristigen Fokussierung auf egozentrische Ziele mit einem ideologischen und messianischem Hintergrund losgelöst von den Konsequenzen für die eigene Bevölkerung, für die Wirtschaft und für die Rolle der USA. Derartige Bewegungen verdienen die Klassifizierung "gefährlich".

Werfen wir einen Blick auf die Wirtschaft. Vereinfacht gesagt, ist per Juli eine klare Abkühlung der Wirtschaftsdynamik auf globaler Ebene zu konstatieren.

Nachdem uns seit Februar ein "schwarzer Schwan" nach dem anderen verfolgt (Nordafrika, Fukushima, Griechenland & Co., Republikaner), steht das Thema Risikoaversion wie ein Elefant im Raum und gefährdet die Fortsetzung der weltwirtschaftlichen Erholung, die schlussendlich Grundlage einer globalen fiskalischen Gesundung in mehr als 50% der Weltwirtschaft ist (unter anderem D und China) und für den Rest sein wird oder mindestens sein kann.

Die Abkühlung der Dynamik ist jedoch nicht homogen. In Deutschland verlieren wir Dynamik von einem historisch hohen Niveau ausgehend. Die Situation ist nicht prekär. Konsolidierung auf erhöhtem Niveau ist das Thema. In China wächst die Wirtschaft mit 9% und alle reden von Schwäche. Südamerika boomt, da ist der Rückgang der Dynamik hilfreich, um Überhitzungen zu vermeiden. Japan gewinnt im Rahmen des Wiederaufbaus an ökonomischer Substanz ("Letzte Nachrichten"). Ja, die USA sind das größte Problem. Sie erkennen nicht einmal ihre strukturellen Defizite. Dabei weisen wir in diesem Format doch immer wieder explizit darauf hin (smile).


Wenden wir uns den Fakten zu:

Laut dem KfW Mittelstandsbarometer per Juli sank das mittelständische Geschäftsklima um 2,7 auf nun 24,2 Punkte. Lageurteil (-2,8) und Geschäftserwartungen (-2,7) trugen zu dem Gesamtergebnis bei. Bei den Großunternehmen war der Rückgang mit 5,5 Zählern ausgeprägter. Laut KfW findet diese Abkühlung von einem hohen Niveau aus statt. Diese Entwicklung passt zu dem jüngsten Ergebnis des IFO-Index.

Der deutsche Arbeitsmarktbericht lieferte auf saisonal bereinigter Basis einen Rückgang der Arbeitslosenzahl um 11.000. Die bereinigte Quote verharrte bei 7,0%. Wie singen die Prinzen noch aktuell: "Es war nicht alles schlecht" - Wir ergänzen: "Es ist nicht alles schlecht!"

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Der "Economic Sentiment Index" der Eurozone sank per Berichtsmonat Juli deutlich von zuvor 105,4 (revidiert von 105,1) auf 103,2 Punkte. Die Prognose lag bei 104,0 Punkten. Seit dem Höhepunkt per Februar 2011 (vor den schwarzen Schwänen) bei 108,0 Punkten kommt es zu sukzessiven Abschwächungen. Losgelöst davon bewegt sich der Index trotz der Belastungen durch die Reformländer auf einem historisch gesehen ansehnlichen Niveau.

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Die Arbeitslosenerstanträge sanken in den USA per Berichtswoche 23. Juli 2011 von zuvor 422.000 (revidiert von 418.000) auf 398.000. Die Prognose war bei 415.000 angesiedelt. Eine leichte Besserungstendenz ist im nachfolgenden Chart erkennbar.

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Der Index der anhängigen Hausverkäufe legte per Juni um 2,4% von zuvor 88,8 auf 90,9 Punkte zu. Damit wurde der höchste Wert seit März 2011 (92,6) markiert. Erwartet war ein Rückgang um -2,0%. Positiv ist anzumerken, dass das Niveau der anhängigen Hausverkäufe um 19,8% höher liegt als im Juni 2010.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, dass den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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