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Europa weiter mit Krisenpotpourri - Datenfront mit ernüchternden Erkenntnissen!

24.08.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.40 Uhr) bei 1.4400, nachdem gestern im europäischen Geschäft Höchstkurse bei 1.4499 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.60. In der Folge notiert EUR-JPY bei 110.30, während EUR-CHF bei 1.1415 oszilliert.

Aus Kreisen der CDU verlautet, dass Kanzlerin Merkel sich den Forderungen Finnlands widersetzt, bezüglich Griechenlands in der Besicherung der EFSF/ESM-Hilfen einen Sonderstatus der Besicherung durchzusetzen. Darüber freuen wir uns sehr. Es ist absolut zu verhindern, dass hier neue Problemfelder aufgemacht werden.

Um so erstaunlicher sind die Einlassungen von Frau von der Leyen, die hier finnische Züge mit ihren Forderungen erkennen lässt. Herr Bosbach erfreut mit seinem Ansinnen offensichtlich die Gruppierung um Herrn Sinn.

Fakt ist, dass sich hier einmal mehr zeigt, dass politische Risiken gegeben sind. Die Integrität der Eurozone ist unverändert nicht gewährleistet.

Dabei werden die Fortschritte, die die Reformländer machen, weiterhin zu größten Teilen ignoriert. Die spanische Regierung plant, eine Schuldenbremse noch vor den nächsten Wahlen verfassungsmäßig zu verankern. Die Opposition hat ihre Zustimmung signalisiert. Weitere Sparmaßnahmen wurden parlamentarisch beschlossen.

Damit nicht genug. Eine Studie sieht Spanien auf gutem Weg (SZ Seite 19). Spaniens Wirtschaft hat seit den 90er Jahren ein Dutzend "Global Player" hervorgebracht. Die größte Ferienhotelkette der Welt ist in Spanien angesiedelt. Europas größte Telefongesellschaft ist spanisch. Spanische Unternehmen managen Heathrow. Spanien ist zweitgrößter Investor in Lateinamerika. Repsol bohrt in Peru nach Öl. Spanische Mode wird weltweit getragen (Zara). Iberdrola ist weltweit unterwegs und ist führend bei alternativen Energien.

Die spanische Wirtschaftsgeschichte der letzten 50 Jahre sei ein Erfolg. Dazu gehören auch Übertreibungen. Trug die Bauwirtschaft vor der Krise noch mehr als 10% zum BIP bei, liegt dieser Anteil nur noch bei 4%-5%.

Wachstum ergibt sich in den Sektoren Autoindustrie, Maschinenbau, Bio- und Umwelttechnik als auch alternativen Energien.

Wir hatten hier bereits im Frühjahr auf den profunden Erfolg der Reduktion des Handelsbilanzdefizits verwiesen ohne in den Medien auch nur ansatzweise Gehör zu finden. Von 2007 - 2011 ergibt sich eine Reduzierung um 85%! Der Export ist Spaniens Wachstumsmotor. Hier kam es zu einem Plus um 40% in den letzten 10 Jahren.

Die Studie belegt genau den Punkt, den wir hier seit Monaten machen. Der Markt schaut nur einseitig auf die europäischen Reformländer. Erfolge werden ignoriert und Probleme werden extrapoliert. Das ist nicht nur respektlos, es ist für meine Zunft schlicht weg und ergreifend unprofessionell.

Die chinesische Vizeaußenministerin Fu Ying sagte, dass die Probleme der Eurozone Gegenstand einer Regierungsdebatte waren. Man sei der Auffassung, dass die Probleme gemeinschaftlich innerhalb der Eurozone gelöst werden können. Die Eurozone muss weiter voranschreiten und die Integration vorantreiben, andernfalls könne die Eurozone kollabieren. Die EU sei der größte Handelspartner Chinas und von daher habe die Entwicklung Konsequenzen für China.

Diese Worte aus China unterstreichen die Notwendigkeit der Integrität der Eurozone für die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft, des Weltfinanzsystems und der fiskalischen Gesundung auf einer globalen Ebene.

Nationalistische europäische Töne aus einzelnen Lagern sind ein Rückfall in unselige Zeiten. Sie verkennen, dass in einer globalisierten Welt, Zusammenhänge viel komplexer sind. Die Vertreter diese nationalistischen Interessen spielen ultimativ mit dem Wohlstandsniveau ihrer eigenen Länder durch die Fokussierung auf vermeintliche kurzfristige Vorteile unter Vernachlässigung der mittel- und langfristigen Folgen. "Food for thought!"


Die Datenfront lieferte gestern ernüchternde Ergebnisse:

Der deutsche ZEW-Index sank per August von zuvor -15,1 auf -37,6 Punkte. Damit wurde die bei -22.0 angesiedelte Prognose weit unterschritten. Das entsprach unserer Erwartung, dass mehr Abwärtspotential drin wäre. Hier werden Finanzmarktteilnehmer befragt. Da gilt halt Vorsicht. Die Bewertung der aktuellen Lage verzeichnete gleichfalls einen fulminanten Kollaps. Der Index brach von 90,6 auf 53,5 Zähler ein.

Die Bewertung bewegt sich damit auf einem Niveau, dass eine Rezession (bezüglich Ds Lage sogar global) impliziert. Wir nehmen diese Bewertung zur Kenntnis.

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Die ersten Schätzungen der Einkaufsmanagerindices der Eurozone per Berichtsmonat August lieferten ein ambivalentes Bild. Die Daten waren schwächer als im Juli. Sie waren aber nicht so schlecht wie erwartet.

Der PMI für das verarbeitende Gewerbe sank von 50,4 auf 49,7 Punkte (Prognose bei 49,5) und der PMI für den Dienstleistungssektor verlor von 51,6 auf 51,5 Zähler (Prognose bei 50,9).

In den USA ergaben sich düstere Indikationen bezüglich der Wirtschaft:

Der Absatz neuer Wohnimmobilien sank per Juli auf den niedrigsten Stand seit fünf Monaten. Annualisiert ergab sich ein Absatzvolumen von 298.000 Objekten nach zuvor 300.000 (revidiert von 312.000). Die Prognose war bei 310.000 angesiedelt. Das Bild bleibt prekär.

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Der Richmond Fed Composite Index verzeichnete per August einen Einbruch von zuvor -1 auf -10 Punkte. Damit setzt sich die Abwärtsdynamik in diesem Index fulminant fort. Die Subindices spiegeln diese Tendenz. Der Auftragsindex verlor von -5 auf -11 Punkte. Der Beschäftigungsindex sank von +4 auf +1 Zähler.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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