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Euro unter Druck - Krise zermürbt Realwirtschaft weiter!

13.12.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.45 Uhr) bei 1.3200, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im asiatischen Handel bei 1.3162 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 77.90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 102.80, während EUR-CHF bei 1.2365 oszilliert.

Das "Kleinreden" der vereinbarten Maßnahmen in Richtung Stabilitätsunion setzt sich fort. Auch die Ratingagentur Fitch meldete sich zu Wort. Die Ratingagentur Fitch urteilte, dass die Ergebnisse des EU-Gipfels kaum Druck aus der Staatsdefizitkrise der Eurozone neutralisierten.

Aktuell ist diese Einschätzung nicht von der Hand zu weisen. Es gäbe einen Mangel bezüglich einer umfassenden Lösung und Unsicherheiten über die Umsetzung. Der Mangel einer umfassenden Lösung bezieht sich dabei auf kurzfristig wirkende Maßnahmen. Bei der Frage der Umsetzung teile ich diese Meinung derzeit nicht. Fitch erwartet eine signifikante Abschwächung in der EU. Dieses Risiko ist in der Tat gegeben. Die deutsche Position führt zu einer Fortsetzung von Dynamikverlusten in der globalen Wirtschaft. Fiskallagen folgen den Konjunkturlagen. Damit kommt es zu Potentialverlusten in der fiskalischen Gesundung auf globaler Ebene.

Wir hätten es für angemessen erachtet, dass die Ratingagenturen der Eurozone bescheinigt hätten, dass die Neuverschuldungsquoten der letzten Jahre (2009 6,3%, 2010, 6,0%, 2011 4,3%) belegen, dass die Eurozone sich auf einem sehr guten Weg befindet, der vor allen Dingen von Nachhaltigkeit der Entwicklung und nicht wie in den USA oder in Japan von Kosmetik geprägt ist.

Das gilt um so mehr bezüglich der Neuverschuldungsquoten der Eurozone per 2012, die bei dem IWF bei 3,2% des BIP und bei der OECD bei 2,9% des BIP angesiedelt sind (USA, UK, Japan (7% - 10%). Der quantitative Unterschied einerseits, aber auch der qualitative Unterschied im Hinblick auf die Reformtätigkeit sind gegenüber USA und Japan massiv ausgeprägt.

In Verbindung mit der jetzt anstehenden Umsetzung der Stabilitätsunion als Vorbereitung der Fiskalunion verdient sich die EU und die Eurozone vermehrtes Vertrauen und definitiv nicht Misstrauen. Diese Sichtweise ist fraglos rational. Rationalität verfängt derzeit jedoch nicht an den Finanzmärkten.

Fakt ist, dass die Ratingagenturen, nebst der internationalen Politik als auch der Märkte schnell greifende Maßnahmen fordern. Die Nichtlieferung dieser "Quick Fixes", die in Japan, USA und UK dominieren, führt zu einer Fortsetzung des spekulativen Drucks gegen Europa und in der Folge zu einer Fortsetzung der Zermürbung der Realwirtschaft.

Dazu passen die Einlassungen aus Japan. Japan drängt Europa nach dem EU-Gipfel zu weiteren Schritte zur Lösung der Schuldenkrise. Europa müsse weitere Anstrengungen unternehmen, um die Märkte von seiner Entschlossenheit zu überzeugen, die Krise zu bewältigen, sagte Finanzminister Jun Azumi am Dienstag. Die auf dem Gipfel getroffenen Vereinbarungen seien ein Schritt in Richtung von mehr Fiskaldisziplin.

Schlussendlich trägt die deutsche Haltung wesentlich zu der aktuell prekären Lage bei. Wir haben hier regelmäßig darauf verwiesen, dass die Fokussierung auf sakrosankte Ordnungspolitik in einer Extremlage sehr risikobehaftet ist. Bisweilen muss man zwei Schritte zurückgehen, um drei Schritte nach vorne gehen zu können. Diesen Politikansatz nennt man Diplomatie. Der Verzicht auf diese Form der Diplomatie (und damit auch Solidarität) ist Deutschland in den letzten 100 Jahren nie gut bekommen. In den letzten drei Jahren sind hier Rechnungen aufgemacht worden, die mittel- und langfristig zu begleichen sein werden.

Das US-Federal Budget lieferte per Berichtsmonat November ein Defizit in Höhe von -137,3 Mrd. USD (Prognose -139,0 Mrd. USD) nach zuvor -98,47 Mrd. USD im Vormonat. Im Jahresvergleich ergab sich ein um 13 Mrd. USD geringeres Defizit. Die Einnahmesituation hat sich im neuen Fiskaljahr bisher um 7% verbessert.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.3150 -1.3710 eröffnet neue Potentiale.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank


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