Daten aus USA und Eurozone gut! - EZB im Fokus
26.10.2017 | Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1830 (07.54 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1755 heute im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 113.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 134.20. EUR-CHF oszilliert bei 1.1688.
Die im Raum stehende US-Steuerreform war und ist ein wesentlicher Katalysator für die Diskontierung der Hoffnungswerte pro US-Konjunktur. Zwar ist diese Steuerreform mittlerweile mehrfach an den Märkten diskontiert worden, ohne dass die jeweilige Enttäuschung der bisherigen Nichtlieferung Rückschläge auslöste. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich das sportliche Bewertungsniveau an den US-Aktienmärkten im Vergleich zum Rest der westlichen Welt.
Gestern meldete sich Paul Ryan in einem Interview mit Reuters zu Wort. Er gehört zur Spitze der Republikaner. Die Steuerpläne von Präsident Trump werden gemäß seiner Sichtweise nicht zu einem Anstieg der Staatsverschuldung führen. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, verwies auf steigende Investitionen, mehr Arbeitsplätze sowie das Schließen von Steuer-Schlupflöchern.
Diese Worte sind bezüglich der verfügbaren Daten und der politischen Gemengelage in Washington ambitioniert. Wenn die Steuerreform aufkommensneutral sein sollte, stellt sich die Frage nach den damit zu setzenden unterstützenden Impulsen, die der Wirtschaft nennenswerten Vorschub leisten könnten? Fraglos kann man durch Verschiebung von Belastungen und Entlastungen optimieren. Im letzteren Fall wirken sich diese Maßnahmen jedoch tendenziell langfristig und nicht kurzfristig aus.
Derzeit liefere die US-Wirtschaft mit einem ein- bis zweiprozentigen Wachstum eine unüblich schwache Performance. Dem stimmen wir zu. Das hat nachvollziehbare Gründe: Der Aufschwung der USA basierte seit 2010/2011 maßgeblich auf sportlicher Kreditausweitung, ob in privater Konsumverschuldung, Unternehmensverschuldung oder öffentlicher Verschuldung.
Im Konsumsektor stoßen die USA derzeit trotz extrem weicher Kreditvergabestandards (korreliert mit circa 70% der Wirtschaftsleistung) an Grenzen. Eine Steuerreform kann hier fraglos entlasten. Der Staffelstab wandert von den privaten zu den öffentlichen Schulden, die ohnehin im laufenden Geschäft mit circa 4% des BIP hoch ausfallen.
Die USA haben anders als die Eurozone keine Strukturreformen nach der Krise implementiert. Man hat das Geschäftsmodell, das zur Krise 2008/2009 führte, nach kurzer Anpassung bis 2010/2011 wiederbelebt. Das ist das Problem.
"Dieses Wachstum liegt bislang unter unserem Potenzial als Land", sagte Trumps Parteifreund Ryan. "Wir wollen eine Drei-Prozent-Wirtschaft." Wir hören den Willen des Herrn Ryan. Belastbare Konjunkturentwicklungen, die nicht nur Folge einer „Push-Economy“ durch sportliche Kreditausweitung sind, erreicht man durch Reformen. Wirtschaftspolitik ist immer auch Strukturpolitik und hat nichts mit dem Motto „Wünsche dir was“ zu tun. Mehr gibt es nicht zu sagen!
Der Datenpotpourri, der uns gestern erreichte, war schlicht weg und ergreifend positiv. Das gilt für Europa und die USA.
Der deutsche IFO-Index nahm per Berichtsmonat Oktober unerwartet von 115,3 auf 116,7 Punkte zu (Prognose 115,2) und markierte damit den höchsten Wert in dieser Zeitreihe seit 1991. Der Lageindex stieg von 123,7 auf 124,8 Zähler (Prognose 123,5), während der Erwartungsindex von 107,5 auf 109,1 Punkte (Prognose 107,3) zulegte. Ob so ein starker IFO-Index die Gedanken und Diskussionen bei der heutigen EZB-Ratssitzung wohl stimulieren kann? Wir sind gespannt!
Der nachfolgende Chart bildet die Historie des IFO-Index ab 1990/1991 ab.
Aus Italien erreichten uns überraschend positive Datensätze: Der Auftragseingang verzeichnete per August eine Zunahme um 8,7% im Monatsvergleich nach zuvor 0,4% (revidiert von 0,2%). Im Jahresvergleich lag der Anstieg bei 12,2% nach zuvor 10,1%. Der industrielle Absatz stieg um 2,0% im Monatsvergleich und um 3,4% im Jahresvergleich.
Die britische Wirtschaftsleistung legte laut vorläufigen Berechnungen per 3. Quartal im Quartalsvergleich um 0,4% zu. Die Prognose war bei 0,3% angesiedelt. Im Jahresvergleich stellte sich der Anstieg auf 1,5% (Prognose 1,4%) nach zuvor 1,5%.
In den USA setzten die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter mit einem Anstieg um 2,2% im Monatsvergleich per Berichtsmonat September einen positiven Akzent. Die Prognose lag bei 1,0%.
Der Absatz neuer US-Wohnimmobilien schoss per September unerwartet um 18,9% auf 667.000 Objekte (zuvor 561.000, Prognose 555.000) in der auf das Jahr hochgerechneten Darstellung nach oben. In wie weit die wetterkapriolen neben Statistikkapriolen eine Rolle spielen wird sich in den kommenden Monaten weisen.
Fakt ist, dass die Weltwirtschaft auf erhöhtem Niveau reüssiert.
EZB - Was nun?
Der Finanzmarkt ist heute mehr denn je in diesem Jahr auf die EZB-Ratssitzung gespannt. Man erwartet keine Zinsveränderungen, obwohl sie faktisch längst fällig wären. Es geht um den Ausstiegsprozess aus den quantitativen Maßnahmen. Die Konjunkturdaten der Eurozone implizieren einen starken Handlungsdruck. Der Verweis auf das noch nicht erreichte Inflationsziel bei 2% ist ein Narrativ, um den Status "hinter der Kurve" der westlichen Zentralbanken zu kaschieren.
In der akademischen Debatte dürfen wir heute im Vorwege diskutieren, ob bis Juni oder bis September das Programm abgeschmolzen wird.
Ich votiere aus Anerkenntnis der bisherigen Politik der EZB für den Termin September und bringe den Dezember 2018 als weitere Alternative der toskanisch geprägten Zentralbankpolitik ein.
An dieser Stelle dürfen Sie ein wenig süffisant lächeln …
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das eine positive Haltung bezüglich der Bewertung des USD favorisiert. Erst ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.1880 - 00 negiert den positiven Bias des USD.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.
Die im Raum stehende US-Steuerreform war und ist ein wesentlicher Katalysator für die Diskontierung der Hoffnungswerte pro US-Konjunktur. Zwar ist diese Steuerreform mittlerweile mehrfach an den Märkten diskontiert worden, ohne dass die jeweilige Enttäuschung der bisherigen Nichtlieferung Rückschläge auslöste. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich das sportliche Bewertungsniveau an den US-Aktienmärkten im Vergleich zum Rest der westlichen Welt.
Gestern meldete sich Paul Ryan in einem Interview mit Reuters zu Wort. Er gehört zur Spitze der Republikaner. Die Steuerpläne von Präsident Trump werden gemäß seiner Sichtweise nicht zu einem Anstieg der Staatsverschuldung führen. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, verwies auf steigende Investitionen, mehr Arbeitsplätze sowie das Schließen von Steuer-Schlupflöchern.
Diese Worte sind bezüglich der verfügbaren Daten und der politischen Gemengelage in Washington ambitioniert. Wenn die Steuerreform aufkommensneutral sein sollte, stellt sich die Frage nach den damit zu setzenden unterstützenden Impulsen, die der Wirtschaft nennenswerten Vorschub leisten könnten? Fraglos kann man durch Verschiebung von Belastungen und Entlastungen optimieren. Im letzteren Fall wirken sich diese Maßnahmen jedoch tendenziell langfristig und nicht kurzfristig aus.
Derzeit liefere die US-Wirtschaft mit einem ein- bis zweiprozentigen Wachstum eine unüblich schwache Performance. Dem stimmen wir zu. Das hat nachvollziehbare Gründe: Der Aufschwung der USA basierte seit 2010/2011 maßgeblich auf sportlicher Kreditausweitung, ob in privater Konsumverschuldung, Unternehmensverschuldung oder öffentlicher Verschuldung.
Im Konsumsektor stoßen die USA derzeit trotz extrem weicher Kreditvergabestandards (korreliert mit circa 70% der Wirtschaftsleistung) an Grenzen. Eine Steuerreform kann hier fraglos entlasten. Der Staffelstab wandert von den privaten zu den öffentlichen Schulden, die ohnehin im laufenden Geschäft mit circa 4% des BIP hoch ausfallen.
Die USA haben anders als die Eurozone keine Strukturreformen nach der Krise implementiert. Man hat das Geschäftsmodell, das zur Krise 2008/2009 führte, nach kurzer Anpassung bis 2010/2011 wiederbelebt. Das ist das Problem.
"Dieses Wachstum liegt bislang unter unserem Potenzial als Land", sagte Trumps Parteifreund Ryan. "Wir wollen eine Drei-Prozent-Wirtschaft." Wir hören den Willen des Herrn Ryan. Belastbare Konjunkturentwicklungen, die nicht nur Folge einer „Push-Economy“ durch sportliche Kreditausweitung sind, erreicht man durch Reformen. Wirtschaftspolitik ist immer auch Strukturpolitik und hat nichts mit dem Motto „Wünsche dir was“ zu tun. Mehr gibt es nicht zu sagen!
Der Datenpotpourri, der uns gestern erreichte, war schlicht weg und ergreifend positiv. Das gilt für Europa und die USA.
Der deutsche IFO-Index nahm per Berichtsmonat Oktober unerwartet von 115,3 auf 116,7 Punkte zu (Prognose 115,2) und markierte damit den höchsten Wert in dieser Zeitreihe seit 1991. Der Lageindex stieg von 123,7 auf 124,8 Zähler (Prognose 123,5), während der Erwartungsindex von 107,5 auf 109,1 Punkte (Prognose 107,3) zulegte. Ob so ein starker IFO-Index die Gedanken und Diskussionen bei der heutigen EZB-Ratssitzung wohl stimulieren kann? Wir sind gespannt!
Der nachfolgende Chart bildet die Historie des IFO-Index ab 1990/1991 ab.
© Reuters
Aus Italien erreichten uns überraschend positive Datensätze: Der Auftragseingang verzeichnete per August eine Zunahme um 8,7% im Monatsvergleich nach zuvor 0,4% (revidiert von 0,2%). Im Jahresvergleich lag der Anstieg bei 12,2% nach zuvor 10,1%. Der industrielle Absatz stieg um 2,0% im Monatsvergleich und um 3,4% im Jahresvergleich.
Die britische Wirtschaftsleistung legte laut vorläufigen Berechnungen per 3. Quartal im Quartalsvergleich um 0,4% zu. Die Prognose war bei 0,3% angesiedelt. Im Jahresvergleich stellte sich der Anstieg auf 1,5% (Prognose 1,4%) nach zuvor 1,5%.
In den USA setzten die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter mit einem Anstieg um 2,2% im Monatsvergleich per Berichtsmonat September einen positiven Akzent. Die Prognose lag bei 1,0%.
Der Absatz neuer US-Wohnimmobilien schoss per September unerwartet um 18,9% auf 667.000 Objekte (zuvor 561.000, Prognose 555.000) in der auf das Jahr hochgerechneten Darstellung nach oben. In wie weit die wetterkapriolen neben Statistikkapriolen eine Rolle spielen wird sich in den kommenden Monaten weisen.
Fakt ist, dass die Weltwirtschaft auf erhöhtem Niveau reüssiert.
EZB - Was nun?
Der Finanzmarkt ist heute mehr denn je in diesem Jahr auf die EZB-Ratssitzung gespannt. Man erwartet keine Zinsveränderungen, obwohl sie faktisch längst fällig wären. Es geht um den Ausstiegsprozess aus den quantitativen Maßnahmen. Die Konjunkturdaten der Eurozone implizieren einen starken Handlungsdruck. Der Verweis auf das noch nicht erreichte Inflationsziel bei 2% ist ein Narrativ, um den Status "hinter der Kurve" der westlichen Zentralbanken zu kaschieren.
In der akademischen Debatte dürfen wir heute im Vorwege diskutieren, ob bis Juni oder bis September das Programm abgeschmolzen wird.
Ich votiere aus Anerkenntnis der bisherigen Politik der EZB für den Termin September und bringe den Dezember 2018 als weitere Alternative der toskanisch geprägten Zentralbankpolitik ein.
An dieser Stelle dürfen Sie ein wenig süffisant lächeln …
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das eine positive Haltung bezüglich der Bewertung des USD favorisiert. Erst ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.1880 - 00 negiert den positiven Bias des USD.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.