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Auflösung von Carry-Trades weiter bestimmendes Thema

14.08.2007  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.3615, nachdem in Fernost Tiefstkurse bei 1.3603 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY aktuell bei 117.90.

Trotz relativer Stabilität an den internationalen Aktienmärkten ist auffällig, dass am Devisenmarkt technische Erholungen im "Carry-Trade" zügig genutzt werden, um Positionen abzubauen. Diese Verhaltensweise darf als Ausdruck unverändert zunehmender Risikoaversion interpretiert werden. In Folge dieser Entwicklung steht der EUR gegenüber dem USD weiterhin unter leichtem Druck und nähert sich der unteren Begrenzung unserer favorisierten Bandbreite bei 1.3550. Unverändert erwarten wir hier unter anderem EUR - Kaufinteressen seitens diverser Zentralbanken im Rahmen des Diversifizierungsprozesses aus der Devisenreserve USD, die nicht im G-7 Verbund um die Stabilität des USD bemüht sind. Zu nennen sind hier Kandidaten aus Osteuropa, Asien, Naher Osten und aus Südamerika.

Die Daten aus den USA hatten gestern keinen wesentlichen Einfluss auf das Marktgeschehen. Der Markt war vielmehr fokussiert auf die weitere Entwicklung der internationalen Krisensituation ausgehend von den USA. Die EZB zeigte sich mit der Bereitschaft aus, üppige Liquidität zur Verfügung zu stellen und damit beruhigend zu wirken. Die Maßnahmen der EZB in den vergangenen Tagen zeigen Wirkung. Das Volumen der Schnelltender nimmt ab von 95 auf mehr als 60 und gestern "nur" noch 48 Milliarden Euro.

Gleichwohl muss hier konstatiert werden, dass diese Entwicklungen nicht zu den optimistischen Erwartungen der EZB, der Fed, der BoE oder Bank of Japan passen. Offensichtlich sind hier Risiken innerhalb des Finanzsystems ausgehend von den USA nicht unwesentlich unterschätzt oder wissentlich nicht thematisiert worden. Diesbezüglich ist es angebracht, zu hinterfragen, ob "milde" Verbalakrobatik seitens der Zentralbanken bei offensichtlichen und nachhaltigen Problemen eine den Aufgaben der Zentralbanken angemessene Verhaltensweise ist.

Marktteilnehmer sollen doch wohl nicht sediert werden! Das entspräche nicht dem Ziel angemessene Risikoaversion zu verankern, die für Stabilität und Nachhaltigkeit des Finanzsystems und der globalen Wirtschaft notwendig ist.

Kommen wir zu den Daten aus den USA. Die Einzelhandelsumsätze legten per Juli um 0,3% im Monatsvergleich zu. Analysten hatten eine Zunahme um 0,2% unterstellt. Der Vormonatswert wurde von -0,9% auf -0,7% revidiert. Mithin lieferten diese Daten auf Monatsbasis leichte Entspannungssignale. Im Jahresvergleich ergab sich ein anderes Bild. Hier sank der nicht inflationsbereinigte Anstieg von 4,0% per Juli auf 3,2%. Zuletzt ergab sich ein Anstieg der Verbraucherpreise um 2,7% (Juni). Ergo ist der reale Zuwachs von circa 0,5% für amerikanische Verhältnisse bei einer wachsenden Bevölkerung im hohen Maße unbefriedigend. Noch per 4. Quartal 2006 stellte sich auf dieser Basis ein Anstieg um real 3% ein!

Lagerbestände nahmen per Juni um 0,4% zu. Der Umsatz nahm um 0,3% ab. Das Verhältnis zwischen Lagerbestand zu Umsatz legte leicht von 1,26 auf 1,27 Monatsumsätze zu.

Heute erwarten wir die Veröffentlichung der ersten Schätzung des BIP der Eurozone per 2. Quartal 2007. Analysten prognostizieren einen Zuwachs um 0,6% im Quartalsvergleich. Eingedenk der leicht enttäuschenden Wachstumszahlen aus Deutschland ist auch hier ein leichtes Unterschreiten des Prognosewerts möglich oder sogar wahrscheinlich. Gleichwohl würde sich das Wachstum in der Eurozone damit weiterhin am Potential bewegen.

Die Industrieproduktion der Eurozone soll per Juni nach dem deutlichen Anstieg per Mai um 0,90% nun um 0,10% gesunken sein. Hinsichtlich einer soliden Auftragslage sind durchaus markante monatliche Schwankungen bezüglich Wetterphänomenen und nationalen Ereignissen möglich. Eine Trendwende ist derzeit jedoch nicht absehbar.

Aus den USA folgen die Erzeugerpreise per Juli. Nach dem Rückgang per Juni um 0,2% erwarten Marktbeobachter für den Berichtsmonat Juli einen Anstieg um 0,2%. Im Mittelpunkt des Interesses steht die Entwicklung der Handelsbilanz der USA per Juni. Die Konsensusprognose ist bei 61,0 Mrd. USD nach zuvor 60,04 Mrd. USD angesiedelt. Eine strukturelle Verbesserung ist unverändert nicht erkennbar.

Im Hinblick auf die aktuelle Unsicherheit und verstärkte Risikoaversion an den Finanzmärkten mit daraus resultierenden Positionsanpassungen ist die Bereitschaft auf die heutige Phalanx von Fundamentaldaten nachhaltige Reaktionsmuster zu zeigen, voraussichtlich weniger stark ausgeprägt.

Lediglich Daten und Nachrichten, die im direkten Zusammenhang zu der aktuellen von den USA ausgehenden Krise stehen (Immobilienmarkt, Spreads, Ausfälle Hedge Funds, Bankenprobleme, Probleme Geldmarktfonds etc.), zeitigen nachhaltige Marktwirkung.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Erst ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.3550 - 1.3850 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank






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