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Märkte: Weiter Widerstandskraft – US-Arbeitsmarktbericht: Kritische Anmerkungen, US- Vorwahlkampf über Statistik?

05.02.2024  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0777 (05:20 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0768 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 148,36. In der Folge notiert EUR-JPY bei 159,89. EUR-CHF oszilliert bei 0,9350.


Märkte: Weiter Widerstandskraft

Die internationalen Finanzmärkte zeigen sich fortgesetzt resilient. Auch der auf ersten Blick starke US-Arbeitsmarktbericht konnte nur kurzfristig Risikoaversion generieren. Das hat gute Gründe. Auf zweiten Blick wirft dieser US-Arbeitsmarktbericht massive Fragen auf, die in diesem Report (siehe unten) nüchtern und unbestechlich aufgenommen werden. Bei sachlicher Betrachtung impliziert der Bericht (Fokus Arbeitsstunden, Divergenzen zu anderen Indices) markante Schwäche.

Auch die Verschärfung des Nahost-Konflikts steckt der Finanzmarkt zunächst weiter weg. US-Notenbankchef Powell ruderte in einem Interview bezüglich US-Zinssenkungen ein Stück weit zurück. Er betonte, dass die US-Notenbank bei der Abwägung, Zinssenkungen vorzunehmen, sorgfältig sein müsse. So weit zu den negativen Katalysatoren.

Ansonsten lieferte das Datenpotpourri zumeist unterstützende Datensätze. Frankreichs Industrieproduktion reüssiert. Berlin dämmert es, dass Handlungsbedarf besteht, da Deutschland immer weiter durch eigenes Handeln zurückfällt.

Wirtschaftsminister Habeck votiert unabgestimmt für eine Unternehmenssteuerreform (Sondervermögen), um verlorene Wettbewerbsfähigkeit und Investitionsattraktivität wieder zu erlangen. Lindner lehnt das Finanzierungsmodell ab, befürwortet aber die Richtung. Auch der DIHK begrüßt die Erkenntnis der Notwendigkeit, Konkurrenzfähigkeit und das Vertrauen der Wirtschaft zurückzugewinnen. Der US-Auftragseingang und der finale Wert des US-Verbrauchervertrauens (Michigan) lieferten positive Akzente.

Die Aktienmärkte waren zumeist gehalten oder wenig verändert gegenüber dem Vortag. Der Late DAX sank um 0,03%, der EuroStoxx 50 stieg um 0,09%, der S&P 500 legte stark um 1,06% zu. Noch stärker reüssierte der Citi US Tech 100 mit 1,71%. In Fernost (Stand 06:36 Uhr) legte der Nikkei (Japan) um 0,47% zu. Der CSI 300 (China) gewann 1,29% und der Sensex (Indien) stieg um 0,10%. Am Rentenmarkt kam es zu Renditeanstiegen. Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert aktuell bei 2,23% (Vortag 2,16%), die 10-jährige US-Staatsanleihe mit 4,07% (Vortag 3,88%).

Der USD konnte gegenüber dem EUR als auch Gold und Silber deutlich zulegen.


US-Arbeitsmarktbericht: Kritische Anmerkungen, US-Vorwahlkampf über Statistik?

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Kommentar: ADP- versus BLS-Daten

Es gibt zwei Arbeitsmarkt-Reports aus den USA. Der ADP-Report gibt Aufschluss über die Entwicklung der Beschäftigung in der US-Privatwirtschaft, während der Report des BLS auch den öffentlichen Sektor beinhaltet.

Die Reports basieren auf Umfragen (kleine Größenordnung, das Ergebnis wird dann aufgrund historischer Daten extrapoliert). Es ist also ein vollständig anderer Ansatz als beispielsweise in Deutschland, wo die Zahl bis auf eine Person exakt ermittelt wird.

Insbesondere bei Trendwechseln in der Konjunktur sind die Modelle der Umfragen mit Extrapolation anfällig, zu hohe oder zu niedrige Werte auszuweisen. Das wurde jetzt in der Benchmark Revision deutlich. Die Zahl der neu geschaffenen Stellen wurde für das Jahr 2023 um 266.000 reduziert (Vorjahr +568.000).

Die aktuelle Divergenz zwischen den Werten von ADP und dem BLS ist massiv und wirft Qualitätsfragen auf. Die Daten von ADP passen in der Tendenz besser zu den Beschäftigungsindices, die monatlich von dem Institute of Supply Management (ISM) ermittelt werden. Sowohl für den Sektor des Verarbeitenden Gewerbes (47,5) als auch für den in den USA dominanten Dienstleistungssektor (Dezember 43,8) ergeben sich Werte unter 50, die klare Kontraktion implizieren und damit in eklatantem Widerspruch zu den Daten des BLS und in geringerem Umfang im Widerspruch zu den Daten von ADP stehen.



Kommentar: Aspekt Arbeitsstunden

Die Arbeitsstunden sanken auf den niedrigsten Wert seit dem Jahr 2010! Es gibt laut Bureau of Labor Statistics (BLS) rund 157 Millionen Beschäftigte, die gemäß obiger Statistik durchschnittlich 0,2 Stunden weniger arbeiteten als im Vormonat. Das entspricht 31,4 Millionen Stunden oder einem Äquivalent bei 34,3 Stunden von gut 915.000 Jobs.

Anders ausgedrückt lag das stundenmäßige Arbeitsvolumen per Januar auf einem Niveau, das circa 915.000 Jobverlusten (BLS +353.000 Jobs) gegenüber dem Monat Dezember entsprach. Bei dieser Betrachtung passen die Subindices für die Beschäftigung vom ISM (Institute of Supply Management), die klar im Bereich Kontraktion oszillieren.



Fazit: Politischer Beigeschmack

Die Daten, auf die die Finanzmärkte sensibel reagierten, liefern Qualitätszweifel erster Rangordnung. Der Eindruck, dass der Vorwahlkampf in den USA auch über das Thema Wirtschaftsstatistik geführt wird, drängt sich auf.


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Frankreich mit starker Produktion (Ansage an Berlin!)

Frankreich: Die Industrieproduktion verzeichnete per Berichtsmonat Dezember im Monatsvergleich einen unerwartet starken Anstieg um 1,1% (Prognose 0,2%) nach zuvor 0,5%.


USA: Arbeitsmarktdaten werfen Qualitätsfragen auf

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Der Auftragseingang der US-Industrie stieg per Berichtsmonat Dezember um 0,2% (Prognose 0,2%) nach zuvor 2,6%. Gemäß finaler Berechnung stellte sich der Index des Verbrauchervertrauens nach Lesart der Universität Michigan auf 79,0 Punkte (Prognose 78,9, vorläufiger Wert 78,8).


Einkaufsmanagerindices des Dienstleistungssektors per Januar

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Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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