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Die Regeln haben sich verändert

24.09.2025  |  John Mauldin
- Seite 4 -
Als die Fed in den 2010er Jahren die Zinsen auf null senkte, wuchs die Wirtschaft kaum um 2%. Die niedrigen Zinsen führten nicht zu einem Anstieg des BIP. Es handelte sich um eine finanzielle Repression von Sparern und Rentnern, die die Zinserträge, die sie nicht erhielten, auch nicht ausgeben konnten. Da dies jedoch offensichtlich nicht im Modell der Fed enthalten ist, ignoriert sie diesen Umstand.

Randbemerkung: Ich halte es für sinnvoller, das BIP pro Kopf zu betrachten. Und dort ist das Bild nicht so robust. Das BIP-Wachstum seit 2000 beträgt pro Kopf durchschnittlich 1,4%:

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Quelle: Crestmont Research


Aber auch hier denke ich wieder nach den alten Regeln. Immer mehr Anzeichen deuten darauf hin, dass sich die Regeln geändert haben. Der folgende Chart stammt aus der oben beschriebenen WSJ-Umfrage. Die dunklere Linie entspricht der Michigan-Umfrage zur Verbraucherstimmung.

Die hellere Linie ist ein einfaches Modell, das anhand der Arbeitslosenquote, der Inflation, der Verbraucherausgaben und der Aktienmarktentwicklung vorhersagt, wie sich die Verbraucher angesichts der historischen Korrelationen zwischen all diesen Faktoren "fühlen sollten".

Wie Sie sehen können, hat das Modell von 2006 bis 2020 ziemlich gut funktioniert. Die Stimmung war für die jeweiligen Monatsbedingungen vorhersehbar. Aber dann hat es nicht mehr funktioniert.

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Quelle: The Wall Street Journal


Im Jahr 2021 entwickelte sich die tatsächliche Stimmung entgegen der Vorhersage des Modells. Die Kluft hat sich in diesem Jahr noch weiter vergrößert. Die Verbraucher sind heute weitaus pessimistischer als unter ähnlichen Bedingungen vor 2020.

Die Fed handelt in der Überzeugung, dass niedrigere Zinsen das Verbraucherverhalten wie in der Vergangenheit verändern werden. Die Fakten zeigen jedoch, dass sich die Einstellung der Verbraucher in den letzten fünf Jahren radikal verändert hat.

Nun könnte man argumentieren, dass die Verbraucher den Meinungsforschern das eine sagen, während sie weiterhin frei ausgeben. Das trifft wahrscheinlich auf einige Verbraucher zu, insbesondere auf diejenigen am oberen Ende der Skala, die einen wachsenden Anteil am Gesamtvolumen ausmachen. Es trifft sicherlich nicht auf die 7,3 Millionen Arbeitslosen zu, oder auf viele weitere Millionen, die unterbeschäftigt sind.

Die Zukunft ist, insbesondere in den Augen des Durchschnittsamerikaners, unsicherer denn je. Das Gleiche gilt für die Politik der Fed. Ein einziger positiver Arbeitsmarktbericht oder ein Bericht über eine höhere Inflation könnte das FOMC leicht zum Innehalten veranlassen.

Ich fand es bezeichnend, dass die gemäßigten Fed-Gouverneure Chris Waller und Michelle Bowman sich nicht dem neuen Gouverneur Stephen Miran angeschlossen haben, der sich für eine Senkung um 50 Basispunkte einsetzte. Sie haben die von ihnen gewünschte erste Senkung erreicht; vielleicht sind sie nun wieder in den datenabhängigen Modus zurückgekehrt. Die Zeit und einige Reden werden es zeigen.

Ich bin immer mehr davon überzeugt, dass wir uns einfach nicht mehr auf historische Präzedenzfälle verlassen können. In der Wirtschaft geht es um menschliche Entscheidungen, und Menschen scheinen, zumindest im weitesten Sinne, Entscheidungen anders zu treffen als vor der Pandemie. Ich glaube, wir verstehen noch nicht ganz, wie sehr sich vieles verändert hat – in Bezug auf Beschäftigung, Inflation, Verbraucherverhalten und vieles mehr.

Dieses Ausmaß an Angst wirkt sich auf alle Bereiche der Gesellschaft aus. Wenn man sich Sorgen um die Zukunft macht und in der Schule gelernt hat, dass der Kapitalismus gravierende Mängel aufweist, wenn man sich um seine Zukunft sorgt, wenn man die Vermögens- und Einkommensunterschiede sieht, dann fällt es leichter, sich für eine sozialistischere Gesellschaft einzusetzen, in der die Regierung Verantwortung übernimmt und nicht der freie Markt. Das führt natürlich zu Spannungen im politischen Bereich.

All dies trägt meiner Meinung nach zu der bevorstehenden Krise bei, dem Great Reset, einer Kombination aus Neil Howes "The Fourth Turning", Peter Turchins Überproduktion von Eliten, George Friedmans Vorhersage eines globalen Konflikts, Ray Dalios Geschäfts- und Konjunkturzyklen und meiner eigenen Sichtweise auf die sich zuspitzende Krise nicht nur der US-amerikanischen, sondern der globalen Staatsverschuldung, die den Great Reset auslösen wird.

Wenn wir nicht verstehen, was vor sich geht, ist es schwierig, etwas dagegen zu unternehmen. Ich beneide die Mitglieder des FOMC nicht. Sie treffen Entscheidungen mit enormen Konsequenzen, während sie teilweise blind sind. Wir sollten alle hoffen, dass sie irgendwie die richtigen Entscheidungen treffen.


© John Mauldin
www.mauldineconomics.com


Dieser Artikel wurde am 19. September 2025 auf www.mauldineconomics.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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