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Goldmarkt nimmt Schuldenstreit weiter gelassen

25.06.2015  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise gaben gestern ihre Vortagesgewinne von anderthalb US-Dollar je Barrel wieder ab, und anders als am Vortag ist der Grund klar auszumachen: die offiziellen US-Lagerdaten enttäuschten. Die US-Rohölvorräte wurden zwar um fast 5 Mio. Barrel gegenüber Vorwoche abgebaut, und auch der Rückgang der Cushing-Vorräte war mit knapp 1,9 Mio. Barrel satt. Doch wie bereits gestern angedeutet schaut der Markt momentan stark auf die Produktmärkte, und hier belastete der wenngleich nicht allzugroße Aufbau der Benzinvorräte um knapp 700 Tsd. Barrel.

Beim "zweiten" Blick sind die Zahlen unseres Erachtens aber gar nicht so enttäuschend: Denn der Anstieg der Benzinvorräte erklärt sich nicht mit einer schwachen US-Benzinnachfrage. Im Gegenteil, sie ist sogar kräftig gegenüber Vorwoche gestiegen und liegt damit im Durchschnitt der letzten vier Wochen 4,5% über Vorjahr. Die gestiegenen Benzinvorräte erklären sich vielmehr mit einer höheren Raffinerieauslastung, die mit 94% in der letzten Woche 5 Prozentpunkte höher war als im 5-Jahresdurchschnitt. Damit setzt sich der Trend der höheren Raffinerieverarbeitung in den USA bis zuletzt fort.

Dank neuer Kapazitäten und höherer Auslastung waren die "Inputs" in den Raffinerien bereits im letzten Jahr auf einen Rekordwert von 16,1 Mio. Barrel pro Tag gestiegen, 1 Mio. Barrel pro Tag mehr als noch im Jahr 2010.

Schaut man mit etwas mehr Abstand auf den Markt und lässt die Tagesbewegungen außer Acht, zeigt der Markt zuletzt eigentlich wenig Bewegung. Nach den turbulenten Herbst- und Wintermonaten fällt der Volatilitätsindex seit Anfang April deutlich und ist momentan wieder so niedrig wie im Durchschnitt der letzten fünf Jahre.

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Edelmetalle

Der Goldpreis fiel gestern zunächst unter 1.170 USD je Feinunze auf ein 3-Wochentief, obwohl Hoffnungen auf eine unmittelbar bevorstehende Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland einen Dämpfer bekommen hatten. Erst im späten Handel holte Gold einen Teil seiner Verluste wieder auf und notiert heute Morgen bei knapp 1.180 USD. Die Finanzminister der Eurogruppe hatten ihre Sondersitzung gestern Abend ergebnislos abgebrochen.

Da Griechenland noch mit den Institutionen über die Reformliste verhandelt, gab es für die Finanzminister keine Diskussionsgrundlage. Die Gespräche gehen heute weiter. Der World Gold Council (WGC) hat unterdessen ein relativ optimistisches Bild für die chinesische Goldnachfrage gezeichnet. Sie soll sich in diesem Jahr auf 900 bis 1.000 Tonnen belaufen und könnte demnach sogar das Niveau des Vorjahres übertreffen, falls die Aktienmarktrally in China endet und der Goldpreis beginnt zu steigen.

China hatte im letzten Jahr gemäß WGC-Daten 974 Tonnen Gold nachgefragt. Im ersten Quartal 2015 fiel die Nachfrage im Vorjahresvergleich aber um 7% auf 273 Tonnen. Bislang vorliegende Daten deuten darauf hin, dass sich die Nachfrageschwäche auch im zweiten Quartal fortgesetzt hat. Sollte China aber im Jahresverlauf wieder mehr Gold nachfragen, dürfte dies den Goldpreis mittelfristig unterstützen. Kurzfristig sind aber wohl die Entwicklungen in Griechenland von größerer Bedeutung.


Industriemetalle

Der Kupferpreis erholte sich gestern zwischenzeitlich auf über 5.800 USD je Tonne, konnte dieses Niveau aber nicht halten und beendete den Handel schließlich doch wieder im Minus. Heute Morgen kostet Kupfer rund 5.700 USD. Der Preis profitiert dabei nicht von der Abschaffung der 75%-Regel für das Kredit-Einlagen-Verhältnis in China. Diese Maßnahme könnte die Neukreditvergabe im Land merklich ankurbeln und so zur Stabilisierung der Wirtschaft beitragen.

Die spekulativen Finanzanleger sind den Industriemetallen und vor allem Kupfer gegenüber noch pessimistischer geworden. Gemäß Daten der LME haben sie ihre Netto-Long-Positionen bei Kupfer in der letzten Woche auf 16,6 Tsd. Kontrakte nahezu halbiert. Dies ist der tiefste Stand seit Beginn der Datenreihe Ende Juli 2014 und der fünfte Wochenrückgang in Folge. Der Kupferpreis hat in dieser Zeit rund 12% verloren, wozu die spekulativen Finanzinvestoren maßgeblich beigetragen haben dürften.

Wie die International Copper Study Group (ICSG) bereits Anfang der Woche berichtete, wies der globale Kupfermarkt im ersten Quartal einen saisonbereinigten Angebotsüberschuss von 136 Tsd. Tonnen auf. Zur selben Zeit im Vorjahr bestand noch ein Angebotsdefizit. Der Überschuss kam demnach zum einen durch eine schwache Nachfrage zustande, die auf globaler Ebene um 3% zurückging. Zum anderen stand ein höheres Angebot zur Verfügung. Vor allem die Sekundärproduktion, die im letzten Jahr gut 17% des Gesamtangebots ausmachte, stieg dabei deutlich (12%).


Agrarrohstoffe

Der Preis für Baumwolle hat sich über die letzten Wochen unter Schwankungen seitwärts bewegt. Er notiert aktuell im meistgehandelten Kontrakt (Fälligkeit Dezember) bei gut 64 US-Cents je Pfund. Offensichtlich fehlt dem Markt derzeit eine klare Richtung. Wie bei Getreide und Ölsaaten wird auch bei Baumwolle der am kommenden Dienstag zur Veröffentlichung anstehende Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums USDA zu den Anbauflächen mit Spannung erwartet.

Im Frühjahr hatten die US-Landwirte laut USDA für Baumwolle eine Fläche von 9,55 Mio. Morgen vorgesehen. Nun mehren sich die Anzeichen, dass dieser Wert möglicherweise nicht erreicht wird. Dies wird etwa aus den Anträgen zu den landwirtschaftlichen Versicherungen abgeleitet, für die die Meldefristen bereits abgelaufen sind. Sollte sich bestätigen, dass die US-Baumwollfläche stärker als erwartet eingeschränkt wurde, dürfte das dem Baumwollpreis aufhelfen.

Allerdings hat sich die Witterung in wichtigen Anbaustaaten wie Texas nach heftigem Regen und Sturm beruhigt, und es könnte verspätet doch noch zu einem Abschluss der geplanten Aussaat kommen. Wenig hilfreich für den Preis sind aber auch die jüngsten chinesischen Importdaten: Chinas Baumwollimporte lagen im Mai zwar "nur" 15% unter Vorjahr - und damit weniger als in den Vormonaten -, von Januar bis Mai sind sie aber im Vergleich zum Vorjahr um 34% zurückgegangen.



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