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Märkte relativ ruhig - Lage bleibt prekär für Eurozone

19.07.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.50 Uhr) bei 1.2280, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im asiatischen Handel bei 1.2297 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.55. In der Folge notiert EUR-JPY bei 96.50, während EUR-CHF bei 1.2010 oszilliert.

Die Bandbreite, in der sich der Euro gegenüber dem USD bewegt engt sich ein und bleibt in der Schlagdistanz der Tiefstkurse seit 2010. Ähnliches gilt für die Paritäten EUR-JPY und EUR-GBP. Der Euro mag sich mit Mühe und Not stabilisieren, er ist offensichtlich nicht in der Lage eine technische Korrektur, die diesen Namen verdienen würde, einzuleiten.

Das ist auch nicht erstaunlich. Die deutsche Politik, maßgeblich bestimmt durch die Stimmung der Bevölkerung, die durch vollständiges Ausblenden der Erfolge der Reformpolitik eine negative Haltung zur Eurozone pflegt, stellt sich sakrosankt gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden und forciert damit eine Vergemeinschaftung der Folgen, die durch das latente Zaudern und Zögern seit mehr als 30 Monaten mittlerweile massiv sind und nicht nur die europäische Wirtschaft, sondern die Weltwirtschaft und das Weltfinanzsystem bedrohen

Dabei ist zu beachten, dass das Gesamtvolumen der Intervention in der Eurozone (Griechenlandhilfe, EFSF, Intervention der EZB, ESM) ein Bruchteil der globalen Schäden (Wachstumsverluste, Bewertung der Risikoaktiva) des Handlings der Defizitkrise ausmacht. Diese Divergenz erhöht sich von Tag zu Tag. Ist das eine geistige Meisterleistung, die nur aus dem Land der Dichter und Denker entspringen kann, da unser Geschäftsmodell an der Weltwirtschaft hängt?

  • Wurde Deutschlands exportseitiges Geschäftsmodell nicht durch die internationalen Konjunkturprogramme 2008 - 2010 extrem subventioniert?
  • Haben wir nicht einen weit zu niedrigen EUR-Kurs, der unsere Exporte subventioniert und zu mehr Wachstum beiträgt?.
  • Erfreuen wir uns nicht sensationell niedriger Zinssätze für die Staatsfinanzierung, obwohl wir unter Frau Dr. Merkel keine Reformen machten, während um uns herum aggressiv reformiert wird?

Der deutsche Konjunkturerfolg ist damit eben nicht nur ein urdeutsches Phänomen unseres Fleißes und unserer technologischen Expertise, sondern zu wesentlichen Teilen Folgen der (ungewollten) Subvention durch Dritte. Ergibt sich für Deutschland daraus nicht auch eine Pflicht zu internationaler Verantwortung und Solidarität?

Die aktuelle Debatte in der Politik als auch in breiten Teilen der Medien und in der Konsequenz der Bevölkerung forciert eine Zuspitzung der Krise und damit die Wahrscheinlichkeit des Zerfalls der Eurozone.

Es ist erstaunlich, dass Investoren vor diesem Hintergrund immer noch deutsche Bundesanleihen aggressiv erwerben. Das deutsche Geschäftsmodell ist anfälliger als die binnenwirtschaftlich organisierten Volkswirtschaften Italiens oder Frankreichs … Nun denn, Selbstüberschätzung scheint ein deutsches Faible zu sein, das in der Rückblende für Deutschland übrigens noch nie gut war. Das gilt mindestens für den Zeitlauf 1871 bis heute …

Warnungen stehen im Raum:

Washington, 19. Jul (Reuters) - Die Weltbank hat vor weitreichenden Konsequenzen der europäischen Schuldenkrise für andere Weltregionen gewarnt. Selbst wenn es gelinge, die Euro-Schuldenkrise einzudämmen, könnte sie zu einem Wachstumseinbruch in den meisten Regionen der Erde um bis zu 1,5 Prozent führen, sagte Weltbank-Präsident Jim Yong Kim in seiner ersten größeren Rede seit seiner Ernennung zu Monatsbeginn am Mittwoch in Washington. Eine anhaltende große Krise in Europa könne das Bruttosozialprodukt in den Entwicklungsländern um vier oder mehr Prozent senken und damit eine globale Rezession auslösen, sagte Kim. "Solche Ereignisse bedrohen viele der in der Vergangenheit erreichten Fortschritte im Kampf gegen die Armut", sagte der Weltbank-Chef. "Um es deutlich zu sagen: Was heute in Europa passiert, betrifft den Fischer im Senegal und den Programmierer in Indien." Kim forderte die europäischen Staaten auf, alles daran zu setzen, die Stabilität ihrer Finanzmärkte wiederherzustellen.

Wenden wir uns Neubaubeginnen in den USA zu:

Per Berichtsmonat Juni kam es zu einem Anstieg der Neubaubeginne von 711.000 auf 760.000. damit wurde das höchste Niveau seit Oktober 2008. Das freut uns. Der Blick auf den langfristigen Chart bestätigt einerseits die positive Wenden, andererseits belegt er auch, dass der Weg zur Normalität bei circa 1.200.000 Objekten noch weit ist.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein nachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.2530 - 60 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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