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Märkte: Durchwachsenes Bild - IFO-Chef Rückverlagerung der Produktion nach Europa wäre teuer

19.02.2024  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0776 (05:19 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0733 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 149,98. In der Folge notiert EUR-JPY bei 161,62. EUR-CHF oszilliert bei 0,9498.


Märkte: Durchwachsenes Bild

Die Internationalen Finanzmärkte zeigen sich in einer uneinheitlichen Verfassung, die Bewertungslage ist durchwachsen.

Aus Sicht der Wirtschaft und der Finanzmärkte verunsichert die geopolitische Lage. Die Münchner Sicherheitskonferenz lieferte ein Spiegelbild der geopolitischen Dilemmata. Dominierte bei der Konferenz vor einem Jahr Aufbruchstimmung, ergab sich jetzt eine andere Konstellation sowohl hinsichtlich der Lage als auch der Potentiale. Als Fazit lässt sich ziehen, dass die Wahrscheinlichkeit weiterer Eskalation der aktuellen Krisen in der Ukraine und in Nahost zugenommen hat. Das belastet Wirtschaft und Märkte.

Das Datenpotpourri war uneindeutig. Positiv war die Entwicklung des US-Verbrauchervertrauens, ebenso eine starke Performance des britischen Einzelhandels, der deutschen Großhandelspreise als auch positiver „Machinery Orders“ in Japan. Dagegen belasteten etwas höhere US-Erzeugerpreise auf Monatsbasis als auch schwächere US-Baugenehmigungen.

Bezüglich Deutschlands nahmen die Mahnungen zu. Herr Adrian, Chef der DIHK; forderte wegen der akuten Krisenlage eine Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik ein (Reformagenda, Blockadeabbau). Arbeitgeber und Gewerkschaften fordern von der Regierung einen Plan gegen die Krise. Lohnnebenkosten, Steuern und Energiekisten müssten runter, um Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen. Das „Schönreden“ müsse ein Ende haben. Die zeitigen Mahnungen in diesem Report wurden überhört. Sie werden jetzt von DIHK und Verbänden intoniert. Schauen wir mal!

An den Aktienmärkten ergaben sich zumeist überschaubare Einbußen. Der Late DAX verlor 0,15%, der EuroStoxx 50 0,26%, der S&P 500 0,69%, der Dow Jones 0,46% und der Citi US Tech 100 1,32%. In Fernost gab der Nikkei (Japan) Stand 06:35 Uhr um 0,07% nach. Der Sensex (Indien) gewann 0,25%, der CSI 300 (China) 0,66%, der Kospi (Südkorea) 1,27%. Dagegen verlor der Hangseng (Hongkong) 1,20%.

An den Rentenmärkten kam es zu Versteifungen. 10-jährige Bundesanleihen rentieren mit 2,39% (Vortag 2,35%) und 10 jährige US-Staatsanleihen mit 4,29% (Vortag 4,26%).

Der USD ist gegenüber dem EUR kaum verändert. Gold und Silber legten dagegen leicht zu.


Deutschland: IFO-Chef Rückverlagerung der Produktion nach Europa wäre teuer

Ifo-Präsident Fuest warnte vor einem pauschalen Aufkündigen von Handelsbeziehungen zu Staaten wie China und einer Abkoppelung der EU vom Welthandel. Fuest sagte, eine Rückverlagerung der Produktion nach Europa wäre mit hohen Kosten verbunden.

Kommentar: Vollkommen richtig. Mehr noch ist die europäische und die deutsche Wirtschaft bezüglich ihres Geschäftsmodells von freien Import- und Exportmärkten stärker abhängig als andere Regionen der Weltwirtschaft, die eine stärkere Fokussierung auf die Binnenwirtschaft haben und/oder eine größere Autarkie hinsichtlich der Versorgung mit Rohstoffen (u.a. USA).

Es gehe einerseits darum, kritische Abhängigkeiten zu begrenzen, es sei aber ebenso geboten, die immensen Vorteile internationaler Arbeitsteilung weiterhin umfassend zu nutzen. Studien zeigten, dass ein einseitiger Rückzug der EU aus internationalen Lieferketten mit einem Rückgang der industriellen Wertschöpfung von mehr als 10% einhergehen würde.

Kommentar: Es ist im Hinblick auf die geopolitischen Verwerfungen sinnvoll, eine Diversifizierungsstrategie umzusetzen. Das gilt auch gegenüber den USA, die uns bereits offen drohten. Die Internationale Arbeitsteilung lässt sich nicht unterbinden. Wer sich davon entfernt, steht am Ende im Abseits. Der Globale Süden globalisiert wirtschaftlich und politisch weiter (circa 70% des Welt-BIP Basis Kaufkraftparität). Sie nutzen und forcieren die Vorteile dieses Systems (Effizienz). Wie lang glauben wir, dass wir unter diesen Gesichtspunkten internationale Konkurrenzfähigkeit in einer „Isolation“ aufrecht erhalten könnten?

Auch ein Zerfall der Weltwirtschaft in einen westlichen Block (mit EU und den USA) und einen östlichen Block (mit China und Russland) würde das europäische Wohlstandsniveau dauerhaft und spürbar senken und zu Wertschöpfungsverlusten in Milliardenhöhe führen.

Kommentar: In der Tat wäre es vergleichbar mit einer ökonomischen Selbstverstümmelung durch Selbstisolierung. Der Globale Süden verfügt über ein Dominanz bei allen sensiblen Rohstoffen, die in Breite und Tiefe für Europa und Deutschland elementar sind. So weit zum Thema des „Normativ Faktischen“.

Fuest sprach sich für mehr strategische Unabhängigkeit der EU aus. Da der Wohlstand in Deutschland und Europa stark auf internationalem Handel beruhe, sei es besonders wichtig, die richtige geoökonomische Strategie für den Krisenfall zu entwickeln. Um Risiken zu verringern, seien eine Diversifizierung von Rohstoff- und Energielieferungen, die Sicherung kritischer, physischer und digitaler Infrastruktur und stärkere Lagerhaltung oder das Vorhalten eigener Produktionskapazitäten im Falle von sehr kritischen Gütern wie einigen medizinischen Produkten sinnvoll.

Kommentar: Vollkommen richtig, aber dann Absicherung in alle geopolitischen Richtungen und Aufbau einer eigenen europäischen Agenda (käme im Globalen Süden gut an!), die den deutschen und paneuropäischen nationalen Interessen Rechnung trägt.

Gleichzeitig sollte Europa einseitige Abhängigkeiten in der kritischen und digitalen Infrastruktur vermeiden, sagte der Direktor des Forschungsnetzwerks EconPol Europe, Dorn. Die militärische Abhängigkeit vom Schutzversprechen der USA sei wegen des unsicheren Ausgangs der US-Präsidentschaftswahlen problematisch. Europa müsse selbst in der Lage sein, sich zu verteidigen und für die Sicherheit ihrer Menschen zu sorgen, so Dorn. Dafür brauche es aber ein entschiedeneres Umdenken bei den Staatsausgaben und der europäischen Zusammenarbeit.

Kommentar: Europa muss erwachsen werden, das gilt für IT („IT-Airbus“), es gilt für den militärischen Sektor und es gilt für den Sektor Außen- und Außenwirtschaftspolitik. Nur dann gibt es europäische Souveränität.


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Weiter Entspannung bei deutschen Großhandelspreisen

Deutschland: Die Großhandelspreise stiegen per Januar im Monatsvergleich um 0,1% nach zuvor -0,6%. Im Jahresvergleich stellte sich ein Rückgang um 2,7% nach zuvor -2,6% ein.


UK: Starker Einzelhandel

Die Einzelhandelsumsätze legten per Januar im Monatsvergleich um 3,4% (Prognose 1,5%) nach zuvor -3,3% (revidiert von -3,2%) zu. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 0,7% (Prognose -1,6%) nach zuvor -2,4% ein.


Schweiz: Schwächere Industrieproduktion

Die Industrieproduktion sank im 4. Quartal 2024 im Jahresvergleich um 0,4% nach +1,8% (revidiert von 2,0%) im 3. Quartal 2023.


Russland: Zentralbank hält an Leitzins bei 16% fest

Die Zentralbank Russlands hat den Leitzins erwartungsgemäß bei 16% belassen. Das Thema Zinssenkungen steht für das zweite Halbjahr im Raum.


USA: Verbrauchervertrauen auf höchstem Stand seit 07/2021

Die Erzeugerpreise verzeichneten per Januar im Monatsvergleich einen Anstieg um 0,3% (Prognose 0,1%) nach zuvor -0,1%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 0,9% (Prognose 0,6%) nach zuvor 1,0%. Die Neubaubeginne (annualisiert) sanken per Januar von 1,562 Mio. (revidiert von 1,460 Mio.) auf 1,331 Mio. (Prognose 1,460 Mio.).
Die Zahl der Baugenehmigungen (annualisiert) verlor per Januar von 1,493 Mio. auf 1,470 Mio. (Prognose 1,509 Mio.) Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan stellte sich laut vorläufiger Berechnung per Berichtsmonat Februar auf 79,6 Punkte (Prognose 80,0) nach zuvor 79,0 Punkten. Es ist der höchste Stand seit Juli 2021.


Japan: „Machinery Orders“ partiell erholt nach vorherigem Einbruch

„Machinery Orders“ stiegen per Dezember im Monatsvergleich um 2,7% (Prognose 2,5%, Vormonat -4,9%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 0,7% (Prognose -1,4%, Vormonat -5,0%).

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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