Rohstoffe trotzen Konjunkturrisiken
21.01.2008 | Eugen Weinberg
Die Talfahrt an den internationalen Aktienmärkten geht weiter. Gerade in solchen Marktphasen spielt die Anlageklasse Rohstoffe ihre Stärken zur Portfolio-Diversifikation aus, wie die Entwicklung der Edelmetalle sowie der Agrarrohstoffe und auch einiger Industriemetalle seit Jahresanfang beweist.
Energie
Der Ölmarkt konnte zum Wochenschluss den Preisverfall vorerst stoppen. Der Preis für Rohöl der Sorte WTI konnte an den letzten drei Handelstagen die psychologisch wichtige Marke von 90 USD verteidigen und kreuzt heute den seit zwei Wochen bestehenden kurzfristigen Abwärtstrend. Eine stärkere Erholung ist angesichts der Konjunkturrisiken derzeit unwahrscheinlich, die Bullen werden aber die Marke von 90 USD verteidigen. Heute Morgen bekommt der Ölpreis Unterstützung durch einen Sturm im Golf von Mexiko.
Der drittgrößte US-Öllieferant stoppte gestern Morgen die Verladung von Öl, nachdem wegen starker Winde und schwerem Regen die Terminals geschlossen wurden. Außerdem brennt derzeit eine Raffinerie in Veracruz. Gestern sagte der Ölminister von Katar, Abdullah bin Hamad al-Attiyah, dass es keine Notwendigkeit für die OPEC gäbe, die Förderung bei der Sitzung am 1. Februar zu erhöhen. Die Netto-Longpositionen der Großspekulanten reduzierten sich in der Vorwoche um 9 Tsd. Kontrakte auf 83,9 Tsd. Kontrakte und deuten weiterhin auf einen anhaltenden Optimismus der Spekulanten am Ölmarkt hin. Wir rechnen damit, dass ein nachhaltiges Unterschreiten der 90er Marke die Stimmung stark abkühlen und eine mittelfristige Trendwende einleiten könnte. Sinopec erhöhte die Verarbeitung von Öl im vergangenen Jahr um 6,3% auf 3,13 Mio. Barrel pro Tag und damit mit der stärksten Geschwindigkeit seit drei Jahren.
Der Preis für Erdgas zeigte sich zum Wochenende schwächer und notiert heute Morgen bei unter 8 USD. Die Großspekulanten haben ihre Netto-Shortpositionen bei Erdgas um 6 Tsd. Kontrakte auf 100,2 Tsd. Kontrakte ausgebaut. Das warme Wetter in den USA drückt derzeit auf den Preis. Wir rechnen für die nächsten Tage mit einer Seitwärtsbewegung.
Edelmetalle
Der Goldpreis setzte zum Wochenausklang seine Konsolidierung fort und schwankte um 880 USD. Kinross Gold, der drittgrößte kanadische Goldproduzent, erwartet eine Produktionsausweitung von 25% in diesem Jahr in Folge der Entwicklung drei neuer Minen, um vom Rekordpreisniveau zu profitieren. Die Förderung soll 1,9 bis 2 Mio. Unzen Goldäquivalente betragen. Für 2009 geht man sogar von 2,6 Mio. Unzen aus. Da die neuen Projekte über reicheres Erz verfügen, geht man von fallenden Förderkosten aus. Wir gehen davon aus, dass der Goldpreis seine Aufwärtsbewegung mittelfristig fortsetzen wird. Kurzfristig ist mit einer Konsolidierung, welche bis zu 850 USD führen kann, zu rechnen.
Industriemetalle
Laut dem Researchhaus CRU sollte der Nickelmarkt in diesem Jahr einen kleinen Überschuss aufweisen, da das Angebot aus neuen Nickelminen und aus Lateriten aus Philippinen die Nachfrage übersteigen wird. Bereits im Jahr 2007 hat der Nickelmarkt einen Überschuss von 76 Tsd. Tonnen verzeichnet, nachdem der Verbrauch um 2% gefallen war. In diesem Jahr werden unter anderem die Ravensthorpe–Mine von BHP mit einer Jahreskapazität von 45 Tsd. Tonnen und eine Lagerstätte von Talvivaara Mining in Finnland mit 33 Tsd. Tonnen jährlich in Betrieb genommen. China wird darüber hinaus die Gewinnung von Nickel aus Lateriten von 90 Tsd. auf 120 Tsd. Tonnen erhöhen.
Der chilenische Kupferproduzent Sociedad Punta de Cobre teilte am Freitag mit, dass es nach einem tödlichen Unfall zu einer kurzfristigen Schließung der Untertagemine kam. Das Übernahmekarussell im Bergbausektor dreht sich unterdessen weiter. Laut der britischen Zeitung "The Observer" sei in Kürze von Anglo American oder Vale mit einem Angebot zur Übernahme des Konkurrenten Xstrata zu rechnen. Seit Wochen herrscht bereits ein Übernahmekampf zwischen den Bergbauriesen BHP Billiton und Rio Tinto und in der vergangenen Woche hatte Anglo American angekündigt, zwei Eisenerz-Projekte des Konkurrenten MMX Mineracao für 5,5 Milliarden USD zu übernehmen. Nicht alle sind jedoch positiv für die künftige Entwicklung gestimmt, so empfielt der ehemalige Vorsitzende des chilenischen Kupferriesen Codelco, Marcos Lima, die Gunst der Stunde zu nutzen und die Geselslchaft jetzt zu verkaufen. Er wies darauf hin, dass Chile aktuell knapp 100 Mrd. USD für den Konzern erlösen könnte, nachdem sich der Kupferpreis mehr als verdreifacht hat.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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