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Euro wenig verändert - Jackson Hole: 2 Statements sagen mehr als 1000 Analysen

30.08.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2735 (07.25 Uhr), nachdem im europäischen Handel am Freitag Tiefstkurse bei 1.2677 und im US-Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2778 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 85.40. In der Folge notiert EUR-JPY bei 108.75 während EUR-CHF bei 1.3115 oszilliert.

Bei der Beurteilung des weltweit beachteten Jackson Hole Events in Wyoming stechen zwei Statements ins Auge.

Ben Bernanke betonte bei seiner Eröffnungsrede, daß die Federal Reserve alles tun werde, um die US-Konjunktur in Gang zu halten. Das ist eine äußerst starke Aussage. Sie soll fraglos die nervösen Gemüter am Finanzmarkt und in der Wirtschaft beruhigen.
  • Sie sagt aber auch aus, daß die konjunkturelle US-Situation mindestens angespannt ist.

  • Sie sagt aus, daß die Federal Reserve nicht die Situation kontrolliert, sondern, daß die Situation die Federal Reserve in ihren Handlungen bestimmt.

  • Sie sagt aus, daß die Federal Reserve weiterhin Willens ist, die alten unkonventionellen kosmetischen Wege (u.a. Bilanzausweitung) beizubehalten und neue unkonventionelle kosmetische Wege zu beschreiten, die schlußendlich nicht notwendig mit dem westlichen Prinzip freier Märkte im Einklang stehen.

  • Sie sagt aus, daß es offensichtlich in der Federal Reserve kein Bewußtsein dafür gibt, daß die konjunkturellen Probleme der USA strukturelle Ursachen haben und diese Probleme eine politische Adressierung in Washington erfordern (z.B. Struktur der Volkswirtschaft).

Diese Aussage Bernankes kann auf ersten Blick als Ausdruck von Stärke interpretiert werden. Das gilt jedoch nicht für den zweiten Blick. Es ist fraglos richtig, daß die die Federal Reserve die Zügel der Konjunktur nicht schießen läßt. Es kommt aber nicht zu einer sauberen Analyse der Ursachen der US-Krisensituation. Ergo wird bei der Rezeptur auf "Aspirin" und übliche "Breitbandantibiotika" zurückgegriffen. Es sind aber "Operationen" notwendig! Daraus Stärke für den USD abzuleiten, überlassen wir anderen Finanzmarktteilnehmern.

EZB Präsident Trichet sagte, daß weitere fiskalische Subventionsmaßnahmen sehr gefährlich sein würden. Die fiskalische Konsolidierung müsse ambitioniert sein. Ansonsten stünde man vor einem verlorenen Jahrzehnt.

Hier sehen wir gewissermaßen den gegensätzlichen Standpunkt bezüglich einer Exitstrategie zu den USA.

Zwar sprach Bernanke gar nicht direkt über diesen Themenblock fiskalischer Maßnahmen, aber die Fed ist mit der Politik eng verzahnt. Seit dem Ende des Vorsitzes Paul Volckers verödete die Fed zu einem Regierungsarm, die nur auf dem Papier unabhängig ist. Bernankes Einlassungen zu der Rolle der Fed sind eindeutig auf Intervention gepolt. Das paßt zu der Planung des Weißen Hauses, die nächsten 10 Jahre bis 2020 eine aggressive Neuverschuldungspolitik betreiben zu wollen.
  • Trichet fokussiert sich darauf, die Subventionsmechanismen zurückzufahren. Damit sagt er auch implizit, daß die Konjunkturlage kein Primärproblem darstellt oder aber, daß die EZB das klassische Thema Konjunkturzyklik mit Auf- und Abschwung versteht.

  • Diese Aussage belegt, daß die strukturellen Probleme in der Eurozone eine andere Qualität haben als die der USA.

  • Gerade die Staatsdefizitkrise Südeuropas hat verdeutlicht, daß zuviel Kosmetik und Selbstlügen auf Dauer nicht hilfreich sind.

  • Fakt ist, daß die Probleme der Eurozone adressiert werden. Die Zeiten des Laissez faire sind hier vorüber.

Es wäre unprofessionell, die gegebenen Probleme in der Eurozone klein zu reden. Anders als die USA suchen wir aber aktiv Lösungen, die eine strukturelle Qualität haben. Das macht den eigentlichen Unterschied aus und schafft schlußendlich Zukunftsfähigkeit als auch eine begründete Basis, zuversichtlich nach vorne zu schauen! Manchmal sagen zwei Statements mehr als 1000 Analysen!

Wenden wir uns den Veröffentlichungen des letzten Freitags aus den USA zu. Nach der ersten Schätzung stand die erste vorläufige Berechnung des US-BIP per 2. Quartal auf der Agenda. In der annualisierten Fassung kam es zu einem Anstieg um 1,6%. Die Prognose lag bei 1,4% nach der ersten Schätzung, die noch mit 2,4% reüssierte. Hinter der Abschwächung stehen einerseits höher als erwartet ausgefallenen Importe als auch Revisionen bei der Lagerhaltung.

Der Blick auf nachfolgenden Chart verdeutlicht, daß die Komposition des aktuellen Wachstums nicht nur negativ gewertet werden kann. Gerade die positive Investitionsentwicklung gilt es neben dem verbesserten Konsum hervorzuheben. Steht vielleicht der starke USD hinter dem US-Handelsbilanzproblem zunehmender Importe und weniger ausgeprägter Exporte?

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Der finale Wert des Verbrauchervertrauens nach Lesart der Universität Michigan stellte sich per August auf 68,9 nach 67,8 Punkten per Juli.

Der vorläufige Wert lag noch per August bei 69,6 Punkten ebenso wie die Konsensusprognose des Marktes für den finalen Wert. Ergo kam es hier zu einer leichten Enttäuschung.

Um diese Enttäuschung in ein richtiges Bild zu rücken, erlauben wir uns darauf zu verweisen, daß der Indexwert von 100 der Ausgangslage per 1. Quartal 1966 entsprach. Daraus läßt sich unschwer erkennen, daß die "Good ole times" lange vorbei sind …

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2500 - 1.2930 eröffnet neue Dynamik.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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