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Finanzmärkte uneinheitlich- EZB erhöht – US-Deflator mild

28.10.2022  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 0.9987 (05:55 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 0,9958 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 146,30. In der Folge notiert EUR-JPY bei 147,10. EUR-CHF oszilliert bei 0,9878.


Finanzmärkte uneinheitlich

Diverse Einflussfaktoren führten zu uneinheitlichen Entwicklungen an den Finanzmärkten. Das zeigte sich vor allen Dingen an den Aktienmärkten. Die EZB-Entscheidung (siehe unten), die Leitzinsen um 0,75% anzuheben, wirkte sich am Aktienmarkt positiv aus. Stabilitätspolitik wird goutiert. Veränderte US-Zinserwartungen (siehe unten) konnten die US-Märkte nur kurzfristig beleben.

Während der DAX leichte Zugewinne verbuchen konnten (auch noch im Späthandel), kam es an den US-Märkten zu negativen Entwicklungen, insbesondere an der NASDAQ. Hintergründe für die Schwäche an US-Märkten sind die enttäuschenden Quartalsberichte und/oder Ausblicke der Tech-Giganten. Gestern kam Meta (Facebook) mit einem Rückgang um 24,5% unter die Räder, während sich Apple nach dem Bericht mit -3% relativ wacker hielt. In Fernost stehen die Märkte heute früh unter Verkaufsdruck. Zusätzlich belastete hinsichtlich der geopolitischen Lage die Veränderung der US-Atom-Doktrin, die weniger stark limitiert ist als zuvor.

Am Kapitalmarkt kam es zu einer fortgesetzten Entspannung. Die Rendite der 10 jährigen Bundesanleihe stellt sich aktuell auf 1,96% (Vortag 2,14%). Die US-Staatsanleihe mit 10 jähriger Laufzeit rentiert derzeit mit 3,94% (Vortag 4,02%).

Der USD konnte gegenüber dem Euro nach der vorherigen Schwäche an Boden gewinnen. Die edlen Metalle zeigten sich gegenüber dem USD stabil


EZB: Zinserhöhung um 0,75% - keine "Forward Guidance"

Die EZB erhöhte den Leitzins um 0,75% auf 2,00%. Der Anlagezins wurde von 0,75% auf 1,50% angepasst. Weitere Zinsanhebungen stehen im Raum. Auf "Forward Guidance" wird verzichtet. Zukünftige Maßnahmen werden situationsbedingt entschieden. Das Ziel der EZB, die Inflation auf die Zielmarke von 2% zu bringen, steht im Fokus der EZB-Politik.

Kommentar: So wie der DIHK und die Bankenverbände begrüße ich diese Entscheidung (EUR-Stabilisierung). Ich begrüße den Verzicht auf "Forward Guidance", denn dieser Ansatz entspricht einer Form der Vollkaskoversicherung, die übertriebene Risikopositionierung unterstützt.



Veränderte US-Zinserwartungen

Finanzmarktteilnehmer gehen davon aus, dass sich die aggressive Phase der US-Zinserhöhungen dem Ende zuneigt. Die Konjunktur sei eingebremst und es gibt erste Anzeichen, dass sich Entspannung bei dem Inflationsanstieg ergibt.

Diese Entspannung zeigte sich gestern bei der Veröffentlichung der US-BIP-Daten. Der Deflator für das BIP, der für die Umrechnung des nominalen BIP in das reale (inflationsbereinigte) BIP genutzt wird, brach von 9,1% im 2. Quartal 2022 auf 4,1% ein (Prognose 5,3%). Das ist auch im historischen Kontext eine markante Veränderung. Der Blick auf nachfolgenden Chart verdeutlicht das. Der Einbruch um 5% stellt eine historische Größe dar. Nur bei der Lehman-Pleite kam es zu einem ähnlichen Einbruch -4,3%).

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Kommentar: Der Zinserhöhungspfad der Federal Reserve wird sich zunächst weiter fortsetzen. Voraussichtlich wird der Offenmarktausschuss auf seiner Novembersitzung einen weiteren Schritt um 0,75% und auf der Dezembersitzung dann um 0,50% vornehmen. Die Diskussionen werden dann zunehmen, dass die US-Notenbank das neutrale Niveau erreicht habe. Eine Pause der Zinserhöhungen im 1. Quartal 2023 wird damit wahrscheinlicher.

Hinsichtlich der fortgesetzten Zunahmen der Verschuldung auf allen Ebenen in den USA wirken sich Zinserhöhungen heute stärker aus als in der Vergangenheit. Das gilt es bei der aktuellen Zinspolitik zu berücksichtigen.

Nachfolgender Chart zeigt den Anstieg der Verschuldung bei US-Unternehmen (auch Kontext 1971 zu Nixons Aufgabe der Goldanbindung des USD). Bei Verbrauchern und dem Staat sieht es tendenziell nicht anders aus. Diese Realitäten implizieren eine Limitierung der Erhöhungspolitik seitens der US-Notenbank, wenn sie ihrem dualen Mandat folgt.


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Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: D: Konsumklima weiter nahe des historischen Tiefes

Deutschland: Der GfK-Konsumklimaindex legte per Berichtsmonat November von zuvor -42,8 (revidiert von -42,5, historisches Tief) auf -41,9 Punkte (Prognose -41,9) zu.

Italien: Der Index des Verbrauchervertrauens sackte per Oktober von zuvor 94,8 auf 90,1 Punkte (Prognose 93,8). Der Geschäftsklimaindex des Verarbeitenden Gewerbes verlor von 101,2 (revidiert von 101,3) auf 100,4 Zähler (Prognose 100,0). Der Absatz der Industrie stieg per August im Monatsvergleich um 3,6% nach zuvor -0,2% (revidiert von -0,1%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 23,1% nach zuvor 16,3% (revidiert von 16,3%).


UK: Einzelhandelsindex schießt in die Höhe

Der CBI Index für den Einzelhandel legte per Oktober markant von -20 auf +18 Punkte zu.


USA: BIP besser als erwartet

Das BIP stieg per 3. Quartal 2022 laut erster Schätzung in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung um 2,6% (Prognose 2,4%) nach zuvor -0,6%. Der Auftragseingang langlebiger Wirtschaftsgüter nahm per September im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose 0,6%) nach zuvor 0,2% (revidiert von -0,2%) zu. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stellten sich per 22.10. auf 217.000 (Prognose 220.000) nach zuvor 214.000. Der Kansas City Fed Composite Index sank per Oktober von zuvor +1 auf -7 Punkte.


Russland: Devisenreserven sinken

Die Devisenreserven sanken per 21.10. von zuvor 544,4 Mrd. USD auf 541,0 Mrd. USD.


China: Dynamik der ausländischen Direktinvestitionen rückläufig

Ausländische Direktinvestitionen nahmen im Jahresvergleich in der Phase Januar bis September um 15,60% zu (Januar – August 16,40%).


Japan: Arbeitslosenrate geringfügig höher - CPI zieht an

Die Arbeitslosenrate stellte sich per September auf 2,6% (Prognose 2,5%) nach zuvor 2,5%. Die Verbraucherpreise stiegen per Oktober im Jahresvergleich um 3,5% nach zuvor 2,8%.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0300 - 1.0330 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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Hinweis Redaktion: Herr Hellmeyer ist Referent der diesjährigen Internationalen Edelmetall- und Rohstoffmesse, die am 4. & 5. November 2022 in München stattfindet.


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