Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Aktienmärkte springen an - IEA: Ölnachfrage steigt - IfW: Abhängigkeit von China?

16.02.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0707 (05:39 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0661 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 133,79. In der Folge notiert EUR-JPY bei 143,27. EUR-CHF oszilliert bei 0,9873.


Finanzmärkte: Aktienmärkte springen an

Risikobereitschaft nahm gestern an den Märkten zu. Aktienmärkte konnten weltweit an Terrain gewinnen. Es gab insbesondere viele positive Meldungen aus Deutschland. Die Industrie hat im Krisenjahr 2022 die Anzahl der Arbeitsplätze um 1,3% oder 69,700 Stellen auf gut 5,5 Millionen erhöht (Quelle Statistisches Bundesamt). Laut KfW legte die Stimmung im deutschen Mittelstand den vierten Monat In Folge zu. Das Barometer stieg per Januar um 3,3 auf -11 Punkte (Tief -23,6 09/22). Laut IMK sank das Risiko einer Rezession für den Zeitraum 02-04 2023 auf 21,7% (zuvor Januar 29%).

Es war der 4. Rückgang in Folge. In den USA setzten die Einzelhandelsumsätze unerwartete positive Akzente. Die enttäuschenden Daten der US-Industrieproduktion hatten keine Traktion an den Märkten. EZB-Chefin Lagarde mausert sich zur Falkin. Gestern lieferte die in Straßburg vor dem Europäischen Parlament eine Vorfestlegung des nächsten Zinsschritts um weitere 0,50% nach oben. Der Widerstand der „Tauben“ im EZB-Rat scheint überschaubar zu sein. EZB-Ratsmitglied De Cos (Spanien) warf ein, dass die Preisinflation schneller als erwartet zurückgehen könnte.

Am Rentenmarkt setzte sich die Zinsversteifung fort. 10 jährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 2,46% (Vortag 2,41% ), 10 jährige US-Staatstitel mit 3,79% (Vortag 3,74% ).

Der Euro bewegt sich gegenüber dem USD weiter auf bekannten Terrain. Das Niveau um 1,0650 erscheint zunächst gut unterstützt. Edle Metalle sind gefallen. Nachdem am 1. Februar mit Preisen bis zu 1.975 USD pro Unze das höchste Niveau seit April 2022 markiert wurde, kam es zu einem aggressiven Abverkauf auf zuletzt unter 1.840 USD pro Unze.


IEA: Ölnachfrage steigt 2023

Laut Internationaler Energieagentur IEA treibe der Aufschwung Chinas als auch der anspringende Flugverkehr die Ölnachfrage in die Höhe (+2 Mio. Fass pro Tag).

Kommentar: Je besser die Konjunktur, desto höher der Verbrauch, desto stärker die Notwendigkeit alle Produzenten im Boot zu haben, um schädliche Preisausschläge nach oben zu verhindern.


Deutschland: Weniger abhängig von China als vermutet?

Hintergrund: Der Handel der deutschen Wirtschaft mit China ist 2022 auf einen Rekordwert gestiegen. Zwischen beiden Ländern wurden Waren im Wert von circa 298 Mrd. EUR gehandelt (+21% im Jahresvergleich). Damit blieb China das 7. Jahr in Folge der wichtigste deutsche Handelspartner. Deutsche Exporte beliefen sich auf 107 Mrd. EUR. Importe aus China stellten sich auf 191 Mrd. EUR. Damit ergab sich ein Defizit in Höhe von 84 Mrd. EUR.

Laut einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hänge nur ein kleinerer Teil der deutschen Produktion direkt oder indirekt von chinesischen Vorleistungen ab. China dominiere allerdings bei einzelnen Rohstoffen und Produkten.

Kommentar: Das klingt vielversprechend, hören wir genauer hin.

Laut IfW dominiere China bei einzelnen Rohstoffen und Produkten den Weltmarkt. Kurzfristig könnte China nicht ersetzt werden. Insgesamt zählte das IfW 221 Produkte, bei denen China und Taiwan gemeinsam den deutschen Import dominierten. Bei der Mehrzahl dieser Produkte liege der Importanteil bei mehr als 80%

Kommentar: Das klingt schon etwas ernüchternder. Entscheidend ist neben der Anzahl der Produkte die Frage, ob diese Produkte in der Wertschöpfung von hoher Bedeutung sind.

Das IfW führt weiter aus, dass die Produktgruppen, bei denen die Abhängigkeit von China besonders hoch ist wie folgt lauten: Laptops (80%), Mobiltelefone (68%), Textilprodukte (69%), Computereinheiten wie Sound- und Grafikkarten (62%), Fotoelemente und LEDs (61%) als auch Platinen und Leiterplatten (58%). Einige der notwendigen Importe für Spezialtechnologie wie Scandium oder Antimon bezieht Deutschland zu circa 85% aus China. Sehr hoch ist die deutsche Abhängigkeit von China auch bei diversen Pharmaprodukten, unter anderem Atemschutzmasken und Schmerzmitteln, mit Importanteilen von zum Teil über 90%.

Kommentar: Das sind sensible Güterbereiche für unsere Volkswirtschaft. Mein Urteil lautet, dass es sich um signifikante Abhängigkeiten handelt.

Das Fazit des IfW lautet: Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, brauche Deutschland dringend eine Strategie für mehr Diversifizierung. Das wäre nicht nur die richtige Antwort auf zunehmende geopolitische Rivalitäten, sondern diente vor allem auch der Absicherung gegen Lieferengpässe.

Kommentar: Nichts gegen das Fazit. Dem gilt es, zuzustimmen. Diversifizierung ist gut und richtig, das weiß jeder gute Kaufmann, wenn er ein stabiles Geschäftsmodell forcieren will.

Es stellen sich in diesem Kontext Fragen. Hat China uns in Handelsfragen denn je gedroht? Die Antwort lautet: Nein! Das führt zur nächsten Frage. Will China eine multilaterale gesetzesbasierte internationale Ordnung mit Zähnen (u.a. WTO Schiedsgerichtsbarkeit), die Rechtssicherheit in diesen Import- und Exportfragen garantiert? Die Antwort lautet: Ja!

Sanktionieren die USA nicht China ohne Grundlagen nach Gutsherrenart losgelöst von WTO-Regeln nach dem Motto, der Vorwurf ist gleichzeitig der Beweis und sind damit ordnungspolitisch unberechenbar? Was passt besser zu unserer Wirtschaftsmodell und unserer Agenda in Deutschland und Europa?

Dieser Kontext wirft weitere provokante Fragen auf. Wer hat uns bisher gedroht? Wer hat mit den Drohungen unsere Souveränität angegriffen? Wird der richtige Baum angebellt?

Augenhöhe ist in internationalen Fragen gegenüber allen Handelspartnern Deutschlands und der EU zu gewährleisten. Das darf der Souverän (die Bürger) von der Regierung erwarten. Wenn wir über Versorgungssicherheit und internationale Rechtssicherheit im Handel in Deutschlands und Kontinentaleuropa reden, muss der Blick weiter gehen als bis nach Peking.



Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Hohes Handelsbilanzdefizit, schwache Industrieproduktion

Die Handelsbilanz wies per Dezember ein Defizit in der saisonal bereinigten Fassung in Höhe von 18,1 Mrd. EUR nach zuvor -14,4 Mrd. EUR (revidiert von -15,2 Mrd. EUR) aus. Die Industrieproduktion fiel per Dezember im Monatsvergleich um 1,1% (Prognose -0,8%) nach zuvor +1,4% (revidiert von +1,0%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 1,7% (Prognose -0,7%) nach zuvor +2,8%. (revidiert von +2,0%). Die Devisenreserven stellten sich per Januar auf 1.125,4 Mrd. nach zuvor 1.114,2 Mrd. EUR.


UK: Verbraucherpreise etwas niedriger als erwartet

Die Verbraucherpreise sanken per Januar im Monatsvergleich um 0,6% (Prognose -0,4%) nach zuvor +0,4%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 10,1% (Prognose 10,3%) nach zuvor 10,5%. Die Kernrate der Verbraucherpreise sank im Monatsvergleich um 0,9% (Prognose -0,5%) nach +0,5%. Im Jahresvergleich lag die Zunahme bei 5,8% (Prognose 6,2%) nach 6,3%.


USA: Starke Einzelhandelsumsätze, schwache Industrieproduktion

Die Einzelhandelsumsätze legten per Januar im Monatsvergleich um 3,0% (Prognose 1,8%) nach zuvor -1,1% zu. Im Jahresvergleich übersetzte sich das Ergebnis (nicht inflationsbereinigt) in einen Anstieg um 6,38% nach zuvor 5,89% (revidiert von 6,02%). Die US-Industrieproduktion war per Januar im Monatsvergleich unverändert (Prognose +0,5%) nach zuvor -1,0% (revidiert von -0,7%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 0,79% nach zuvor 1,15% (revidiert von 1,65%).

Die Kapazitätsauslastung der US-Industrie stellte sich auf 78,3% (Prognose 79,0%) nach zuvor 78,4% (revidiert von 78,8%). Das war der schwächste Wert seit März 2022. Der MBA Hypothekenmarktindex fiel in der Berichtswoche per 10. Februar 2023 von zuvor 249,5 auf 230,4 Punkte (historisch niedriges Niveau).

Der New York Fed Manufacturing Index legte per Februar von zuvor -32,9 auf -5,8 Punkte zu (Prognose -18,0). Der NAHB Housing Market Index verzeichnete per Berichtsmonat Februar eine beachtlichen Anstieg von 35 auf 42 Punkte (Prognose 37).


Japan: Japan verzeichnet historisch hohes Handelsbilanzdefizit

Die Handelsbilanz wies per Berichtsmonat Januar ein Defizit in Höhe von 3.496,6 Mrd. JPY nach zuvor -1.451,0 Mrd. JPY aus. Hintergrund ist eine sinkende Nachfrage aus China. Es war das höchste Defizit in der Historie (Daten verfügbar bis 1963). Exporte legten im Jahresvergleich um 3,5% nach zuvor 11,5% zu, während Importe einen Anstieg um 17,8% nach 20,7% verzeichneten. Machinery Orders sanken per Dezember im Jahresvergleich um 6,6% (Prognose -6,0%) nach zuvor -3,7%.


China: Immobilienpreise weiter negativ

Die Immobilienpreise sanken per Januar im Jahresvergleich um 1,5% (Vormonat -1,5%).

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das bei dem Währungspaar EUR/USD eine neutrale Haltung favorisiert.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



Hinweis: Der Hellmeyer Report ist eine unverbindliche Marketingmitteilung der Netfonds AG, die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar noch kommt durch seine Ausgabe oder Entgegennahme ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen der Netfonds AG und dem jeweiligen Empfänger zustande.

Die im Hellmeyer Report wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen im Hellmeyer Report Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung der Verfasser des Hellmeyer Reports, die in dem Hellmeyer Report als Ansprechpartner benannt werden.

Die im Hellmeyer Report genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Hellmeyer Report kann zudem naturgemäß die individuellen Anlagemöglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Empfänger nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Empfängers zu würdigen ist. Soweit im Hellmeyer Report Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Empfänger zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"