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Edelmetalle Aktuell

24.10.2008  |  Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und die Platingruppenmetalle Palladium, Iridium, Osmium, Ruthenium und Rhodium gehören zum Kerngeschäft der W.C. Heraeus GmbH mit Stammsitz in Hanau. Das Tochterunternehmen Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH ist für den weltweiten Handel der Edelmetalle im Konzern tätig. In einem wöchentlich erscheinenden Marktbericht veröffentlicht das Unternehmen einen Marktüberlick in mehreren Sprachen.


  • Gold

Die in den letzten drei Wochen eskalierende Krise auf den internationalen Finanzmärkten ging auch am Gold nicht spurlos vorüber. Die Notierung des gelben Metalls fiel zunächst von 830 $ je Unze Anfang Oktober auf zeitweise nur noch 765 $ je Unze zurück. Was zunächst wie ein vergleichsweise bescheidender Verlust aussah, verlor allerdings bereits etwas an Glanz, wenn man berücksichtigt, dass das Gold nach der Verschärfung der Finanzkrise am 5./ 6. Oktober innerhalb von einer Woche erst einmal auf 931 $ je Unze stieg, danach dann aber in nur acht Tagen fast 160 $ je Unze (bzw. über 17%) auf den oben genannten Tiefstkurs verlor.

In der vergangenen Nacht und heute im Laufe des Tages kam es für das gelbe Metall dann knüppeldick: Die Notierung fiel angesichts der andauernden Dollarstärke, des weiteren Ölpreisverfalls auf deutlich unter 70 $ je Barrel und der weltweit einbrechenden Aktienmärkte auf nur noch 700 $ je Unze zurück. Dies war der tiefste Stand seit September 2007. So vielschichtig, wie die Ursachen für die Verluste sind, am Ende führten sie alle aber dazu, dass überwiegend spekulativ orientierte Adressen aus dem gelben Metall ausstiegen, bzw. aussteigen mussten. In erster Linie dürfte dabei der Kapitalbedarf dieser "Investoren" angesichts von Verlusten auf anderen Märkten die Verkäufe angestoßen haben. So gesehen erfüllte das Gold in der aktuellen Situation dank seiner jederzeitigen Verkaufbarkeit und trotz der erlittenen Kursverluste die ihm weithin zugesprochene Rolle als Krisenmetall, wenn auch am Ende zum Leidwesen der längerfristig engagierten, überwiegend privaten Investoren, die nun erst einmal mit den Kursabschlägen leben müssen.

Die Käufe der letztgenannten Gruppe gingen in den vergangenen Wochen fast ungebremst weiter, allerdings reichte die Menge nicht aus, um die Abgaben von Fonds und sonstigen Inhabern von nicht-physischen Pluspositionen aufzuwiegen. Nachfrage gab es dabei nicht nur aus Europa - hier kommt es weiter zu erheblichen Lieferfristen beim Barrenkauf - sondern aktuell auch in Nordamerika. Auch Gold in Form von physisch hinterlegten ETFs ist weiter gefragt.

  • Silber

Nur zu Beginn deutlich schlechter als Gold schnitt in den letzten beiden Wochen das Silber ab. Dieses fiel von über 11 $ je Unze Anfang Oktober auf ein Tief bei 9,10 $ am letzten Freitag ab. Das war der niedrigste Stand seit Februar 2006. In den darauffolgenden 48 Stunden konnte sich das Metall dann vorübergehend noch einmal auf über 10 $ je Unze erholen, allerdings war es, wie sich dann in der letzten Nacht zeigte, damit der Gefahrenzone noch nicht wieder entronnen. In den letzten Stunden fiel das Metall wieder unter die Marke von 9,25 $ je Unze.

Damit zeigt sich einmal mehr, dass die überwiegend industriell genutzten Metalle von den Inhabern überwiegend spekulativer Pluspositionen, wie z.B. Hedgefonds, noch immer mit einiger Skepsis betrachtet werden. Aber auch der oben bereits erwähnte akute Kapitalbedarf dieser Adressen angesichts der Finanzkrise dürfte bei vielen Verkaufsentscheidungen der jüngsten Zeit eine wichtige Rolle gespielt haben.

Immerhin aber schneidet das Silber im Vergleich zum fast rein industriell genutzten Platin noch etwas besser ab. Das liegt u. a. daran, dass es nach wie vor ein Lieblingsmetall der (privaten) physischen Investoren ist. Auch dürfte es in der derzeitigen Lage aufgrund seines niedrigen Preises wieder verstärkt als Schmuckmetall gefragt sein. Gerade zum letztgenannten Punkt gab es in den vergangenen Tagen zunehmend Berichte über eine dramatische Steigerung der physischen Nachfrage aus Indien. Zeitweise führte dies sogar zu Verzögerungen bei der Bereitstellung von großen Standardbarren in London, da hier vor einem Versand jeder einzelne Barren allokiert (d.h. auf sein exaktes Gewicht gewogen) werden muss. Aber nicht nur in England müssen Tresormitarbeiter Sonderschichten einlegen. Auch in Deutschland hält die Nachfrage privater Anleger nach Silberbarren unvermindert an. So sind (nicht nur) wir noch immer damit beschäftigt, die extrem hohen Bestellmengen der letzten Wochen abzuarbeiten. Heute neu bestellte Barren können deshalb kaum vor Mitte Dezember ausgeliefert werden. Das physische Abfließen von Metall aus London sorgte übrigens für einen Anstieg der Silberzinsen über alle Laufzeiten hinweg. Für Perioden von bis zu sechs Monaten lagen sie vorübergehend über den US-Dollarzinsen und der Markt wies für Termingeschäfte auf der Ankaufsseite deshalb sogar Abschläge aus.

Für die nächste Woche wird die Unsicherheit auf den Finanzmärkten erst einmal wohl kaum nachlassen. Gleichzeitig dürfte sich das weltweite Konjunkturklima weiter eintrüben. In diesem Umfeld ist mit einem nachhaltigen Wiederanstieg des Silberpreises auf 12$ und mehr eher nicht zu rechnen. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die beschriebene Nachfrage der physischen Anleger (neben den privaten Investoren gehören hierzu auch die vorwiegend institutionellen Käufer von ETFs) bei allen kurzfristigen Erfolgsmeldungen einen Einbruch des industriellen Bedarfs langfristig sicher nicht ausgleichen kann. Andererseits halten wir das Risiko, dass der Silberpreis noch weiter deutlich an Wert verliert für ebenso begrenzt. Die Handelsspanne für die nächste Zeit dürfte sich deshalb in einem Bereich von maximal 10% unterhalb und 20% oberhalb des aktuellen Preises bewegen.

Was die LBMA-Konferenz in Kyoto Ende September angeht, stand das Silber auch diesmal nicht gerade im Mittelpunkt der Vorträge. Einzig Mark Fellows vom Beratungsunternehmen Brook Fellows ging in seinem Vortrag auf das weiße Metall ein und wies vor allem auf die stark steigenden Produktionskosten in den Silberminen hin. 2006 hätten diese noch bei 4,40 $ je Unze gelegen, heute dagegen würden sie 7,90 $ betragen. Für die nächsten fünf Jahre sagte Fellows außerdem einen deutlichen Anstieg der Silberproduktion um bis zu 25% voraus, in erster Linie aufgrund einer steigenden NE-Metall-Ausbringung.

  • Platin

Wie viele Industrierohstoffe geriet das Platin in den letzten Wochen angesichts der Möglichkeit einer massiven, weltweiten Rezession unter dramatischen Preisdruck. Von etwas weniger als 1.000 $ je Unze Anfang Oktober fiel der Preis bis gestern Nachmittag auf nur noch 770 $ und damit auf den tiefsten Stand seit Mitte 2004. Damals hatte das Metall an zwei Tagen bei 765 $ notiert, davor hatte es zuletzt im November 2003 so tief gelegen. Der Tiefstkurs in jenem Jahr lag im April bei 600 $ je Unze.

Neben der generellen Skepsis bezüglich der weiteren Entwicklung an den Rohstoffmärkten war es beim Platin vor allem die Lage in der Automobilindustrie, die das Metall unter Druck brachte. Hier gab es in den letzten beiden Wochen täglich immer neue Hiobsbotschaften, zuletzt in Form von Gewinnwarnungen von Toyota, Fiat und Daimler.

Bei aller kurzfristigen Skepsis gegenüber der weiteren Entwicklung sehen einige industrielle Verbraucher in den niedrigen Preisen aber auch eine Chance, das Metall für die nächsten Jahre schon jetzt günstig einzudecken. Immerhin notiert es gegen Euro unter 600 € je Unze und damit so niedrig wie seit 2003 nicht mehr.

Unterstützt wird die Kaufbereitschaft auch von Zweifeln hinsichtlich der Produzentenseite. Hier dürften jetzt auf absehbare Zeit die meisten bisher hoch gehandelten Expansionspläne in den Schubladen verstauben. Damit wird für die Zukunft auch ein Ersatz der langsam aber sicher an das Ende ihrer Lebensdauer kommenden, heutigen Minen immer schwerer werden

  • Palladium

Von einem leuchtenden "Indian Summer" kann beim Palladium ja schon länger keine Rede mehr sein, aber in den letzten beiden Wochen hat sich die nun schon seit März andauernde Abwärtsbewegung noch einmal verstärkt. Von fast 200 $ je Unze Ende September (und einem Hoch von 580 $ im März) brach die Notierung auf zeitweise nur noch 160 $ je Unze ein. Damit lag sie nicht mehr so weit weg von dem 2003 und damals auch nur für nur kurze Zeit verzeichneten Tiefstkurs von 140 $ je Unze. Davor muss man noch einmal sechs Jahre - bis Anfang 1997 - zurückgehen, um ähnlich tiefe Preise zu finden. Die Produktion ist übrigens im 10-Jahresvergleich kaum gestiegen, hatte aber zwischenzeitlich auch schon einmal deutlich tiefer gelegen.

Wir glauben wir nicht, dass die derzeitigen Preise mittelfristig durchzuhalten sind. Spätestens, wenn sich ein Ende der Wirtschaftskrise abzeichnet, wird der Mehrverbrauch, der sich aus einer zunehmenden Motorisierung Asiens und verschärften Abgasvorschriften in allen Weltregionen ergibt, den Absatz und damit dann auch den Preis wieder beleben.

Mit dieser Meinung stehen wir offensichtlich nicht alleine: Seit dem Beginn der jüngsten Baisse sind industrielle Adressen am Markt verstärkt aktiv und sichern sich die aktuellen Metallpreise bis weit in das Jahr 2010 hinein.

Eine vorerst sicher nur kleine Unterstützung für den Preis kommt auch von der Produktionsseite: Der kanadische Produzent North American Palladium gab bekannt, dass man die Produktion in der bekannten Lac des Iles-Mine aufgrund der Marktgegebenheiten zumindest vorübergehend schließen werde und deshalb 350 Mitarbeiter entlassen müsse. Die Mine sei für rund vier Prozent der weltweiten Palladiumproduktion verantwortlich, so Medienberichte.

Nicht nur in Kanada sorgt der niedrige Palladiumpreis für Turbulenzen. Ein Vertreter des russischen Minengiganten Norilsk sagte am Dienstag, dass man eventuelle Kaufangebote für die Beteiligung am US-Palladiumproduzenten Stillwater prüfen würde.

  • Rhodium, Ruthenium, Iridium

Von allen Edelmetallen hat es seit dem Sommer das Rhodium mit Abstand am deutlichsten erwischt. Und der Trend setzte sich zunächst auch in den letzten beiden Wochen unvermindert fort. Angesichts weitgehend ausbleibender Nachfrage und anhaltender Verkäufe fiel die Notierung um noch einmal fast 1.500 $ auf zutiefst nur noch 1.600 $ je Unze. Dieses war das niedrigste Niveau seit 2005.

Erst in den letzten 48 Stunden kam es dann zu einer plötzlichen Trendwende. Verantwortlich dafür war u. a. der Versuch einiger Handelsadressen ihre Minuspositionen wieder einzudecken. Außerdem hielten sich auf dem niedrigen Niveau offensichtlich auch die zuletzt regelmäßig aufgetretenen Verkäufer zurück, die gerüchteweise u. a. aus der Autoindustrie stammten. Ob das nur ein vorübergehender Rückzug vom Markt war, oder schon das endgültige Ende der Abgaben, ist nicht klar, der Preis des noch immer teuersten aller Edelmetalle legte jedenfalls vergleichsweise rasch wieder auf rund 2.000 $ je Unze zu. Mittelfristig wird es unserer Meinung nach nun zu einer Bodenbildung zwischen 1.500 $ und 2.000 $ ommen, immerhin lag das Metall auf dem Tiefstkurs dieser Woche bei nur noch etwas mehr als 1/7 des Mitte Juni verzeichneten Jahres- und Allzeithochs von 10.140 $ je Unze. Damit dürfte und sollte der aktuelle Preis auch für den einen oder anderen industriellen Verbraucher ein attraktives Einstiegsniveau darstellen. Auch ist, wie bei den beiden anderen Platinmetallen auch, nun in keinem Fall mehr mit einer raschen Ausweitung der Produktion zu rechnen.

Vergleichsweise ruhig, aber dennoch mit negativer Tendenz verlief in den letzten beiden Wochen der Handel mit den beiden anderen "kleinen" Platinmetallen Ruthenium und Iridium. Ruthenium fiel um 50 $ oder 20% auf 180 $ - 230 $ je Unze, Iridium leicht auf 400 $ - 440 $ je Unze.


© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH



Hinweis GoldSeiten: Herrn Wrzesniok-Roßbach konnten wir für die am 7.+8.11.2008 in München stattfindende "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" als Referenten gewinnen. Eine kostenlose Registrierung für die Messe ist ab sofort möglich.






Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.



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