Märkte: „Big beautiful Bill“ ist Realität, US-Zollthema im Fokus - USA: US-Steuer- und Ausgabengesetz
04.07.2025 | Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet bei 1,1771 (05:57 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1719 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 144,48. In der Folge notiert EUR-JPY bei 170,08. EUR-CHF oszilliert bei 0,9342.Märkte: „Big beautiful Bill“ ist Realität, US-Zollthema im Fokus
Die Finanzmärkte der westlichen Hemisphäre reagierten positiv auf die Annahme des US-Haushaltsgesetzes gestern im Repräsentantenhaus. Es kam jedoch keine Euphorie auf. Das hängt mit der nahenden Deadline am 9. Juli 2025 für die Implementierung des neuen US-Zollregimes zusammen. Dazu gab es gestern folgende Klarstellung. US-Präsident Trump will die einzelnen Länder in Kürze darüber informieren, mit welchen Zollsätzen sie auf ihre Exporte in die USA rechnen müssen. Die Regierung werde heute beginnen, Briefe mit den entsprechenden Informationen zu verschicken, so Trump. Finanzminister Bessent sagte, er gehe davon aus, dass etwa 100 Länder einen Mindestzoll von 10% auferlegt bekommen. Trump hatte im April die Zollsätze für die meisten Länder vorübergehend auf 10% gesenkt, um Zeit für Verhandlungen zu schaffen. Als Frist setzte er den 9. Juli.
Kommentar: Das klingt zunächst beruhigend. Ob die EU und Japan zu den etwa 100 Ländern gehören werden, ist diskutabel. Wir dürfen gespannt sein. Ob der undiplomatische Umgang mit Trump seitens der Eliten Europas seit 2015, der erst vor kurzem in „joviale Kumpelhaftigkeit“ umschlug (G-7, Nato), als positiver oder negativer Katalysator wirken wird, werden wir sehen.
Das Datenpotpourri (siehe unten) lieferte unerwartet gute US-Arbeitsmarktdaten und eine Bestätigung der hohen PMI-Werte in den USA (USA Nummer 1 des Westens im Composite Index). Aktienmärkte: Late Dax +0,49%, EuroStoxx 50 +0,23%, S&P 500 +0,83%, Dow Jones +0,77%, NASDAQ 100 +0,99%.
Aktienmärkte in Fernost Stand 06:06 Uhr: Nikkei (Japan) -0,07%, CSI 300 (China) +0,41%, Hangseng (Hongkong) -0,62%, Sensex (Indien) -0,03% und Kospi (Südkorea) -1,29%.
Rentenmärkte: Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,58% (Vortag 2,62%), während die 10-jährige US-Staatsanleihe eine Rendite in Höhe von 4,32% (Vortag 4,26%) abwirft. Devisenmärkte: Der EUR (-0,0020) gab im Tagesvergleich gegenüber dem USD geringfügig ab.
Gold (-9,50 USD) verlor Boden, während Silber (+0,41 USD) gegenüber dem USD zulegen konnte.
Der Bitcoin notiert bei 109.340 USD (06:09 Uhr). Gegenüber der Eröffnung am Vortag ergibt sich ein Anstieg im Tagesvergleich um 500 USD.
USA: US-Steuer- und Ausgabengesetz
Der US-Kongress hat das Steuer- und Ausgabengesetz von Präsident Trump gebilligt. Experten des US-Kongresses schätzen, dass dadurch der Schuldenberg der USA innerhalb von zehn Jahren um zusätzlich mehr als drei Billionen USD zunehmen wird.
Zu den wichtigen Inhalten:
Dauerhafte Festschreibung der niedrigeren Einkommensteuersätze aus einem Steuergesetz
von 2017 (Kosten: 2,2 Billionen USD).
Ausweitung des Kinderfreibetrags auf 2.200 USD und Koppelung an die Inflation (Kosten: 817 Mrd. USD).
Anhebung des Freibetrags bei der Erbschaftssteuer auf 15 Millionen USD (Kosten: 212 Mrd. USD).
Steuerbefreiung für Überstundenvergütungen bis 2029 (Kosten: 90 Mrd. USD).
Steuerbefreiung für einen Teil der Einkünfte aus Trinkgeldern bis 2029 (Kosten: 32 Mrd. USD).
Erweiterung des Freibetrags für Steuern auf Ebene der Bundesstaaten und Kommunen (SALT) von 10.000 auf 40.000 USD bis 2029.
Einführung einer Steuererleichterung für einen Teil der Zinsen für Autokredite bis 2029 (Kosten: 31 Mrd. USD).
Verlängerung und Ausweitung einer Steuererleichterung für Inhaber von Personengesellschaften wie Einzelunternehmen (Kosten: 737 Mrd. USD).
Sofortige und vollständige Abschreibungsmöglichkeit für den Kauf von Betriebsausstattung (Kosten: 363 Mrd. USD).
Sofortige und vollständige Absetzbarkeit von Forschungs- und Entwicklungskosten (Kosten: 141 Mrd. USD).
Anhebung der Steuer auf die Stiftungsvermögen der größten Privatuniversitäten von 1,4% auf 21% (Mehreinnahmen: 761 Mio. USD).
Einführung einer neuen Steuer von 1% auf Rücküberweisungen von Einwanderern in ihre Heimatländer (Mehreinnahmen: 10 Mrd. USD).
Einführung einer Arbeitspflicht für gewisse arbeitsfähige Erwachsene ab 2027.
Verschärfung der Anspruchsprüfungen für Teilnehmer am staatlichen Gesundheitsprogramm für Bedürftige.
Ausschluss bestimmter Nicht-Staatsbürger von Leistungen.
Verbot der Finanzierung von geschlechtsangleichenden Therapien für Minderjährige.
Streichung von Zahlungen an Anbieter, die auf Verhütung und Abtreibungen spezialisiert sind.
Auferlegung strengerer Anspruchsvoraussetzungen für Versicherungen unter dem Affordable Care Act.
Streichung von Zuschüssen zur Reduzierung von Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen.
Schaffung von Anreizen für Pipelines, Erdgasexporte und Erschließung neuer Quellen.
Beendigung von Steuererleichterungen für Elektrofahrzeuge und saubere Energie.
Streichung von Mitteln für grüne Energieprogramme aus dem Inflationsbekämpfungsgesetz Erhöhung der Ausgaben für den Schiffbau.
Kommentar: Das ist ein umfassendes Programm. Es ist ein Programm, das den Leistungskörper der US-Wirtschaft ertüchtigt. Es ist auch ein Programm der sozialen Härten. Es ist ein Programm, das Wirkungskanäle wie unter Reagan bedient. Clinton weiß, dass das nicht notwendig schlecht war. Trump liefert, was er versprach. Was macht unsere Koalitionsregierung? Hält man sich an Worte und Verträge? Wer generiert Vertrauen? Welcher Standort würdigt Unternehmen? Welche Politik generiert nachhaltig Steuersubstrat? Welcher Standort hat größere Zukunftsfähigkeit?
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Einkaufsmanagerindices:

Schweiz: Verbraucherpreise (J) etwas höher bei +0,1%
Die Verbraucherpreise legten per Juni im Monatsvergleich um 0,2% zu (Prognose 0,0%, Vormonat +0,1%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 0,1% (Prognose und Vormonat -0,1%).
USA: Arbeitsmarktbericht durchwachsen

Die Handelsbilanz wies ein Defizit per Mai in Höhe von 71,5 Mrd. USD aus (Prognose 71,0 Mrd. USD, Vormonat 60,3 Mrd. USD, revidiert von 61,6 Mrd. USD).
Der Auftragseingang der Industrie nahm per Mai im Monatsvergleich um 8,2% (Prognose 8,2%) nach zuvor -3,9% (revidiert von -3,7%) zu.
Derzeit ergibt sich für den USD gegenüber dem EUR eine neutrale Tendenz.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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